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In der Architektur spiegelt die Konzeption des Palais
Stoclet (Abb. 8) diese Haltung wider. Eduard F. Sek-
lermwiesdaraufhimdaß Hoffmannzwardie Bauteileauf
eine Mittelachse bezogen hat, dann aberdurch die Ver-
teilung von vor- und zurückspringenden Detailformen
einen unregelmäßigen und sehr abwechslungsreichen
Eindruck zu erzielen wußte. In allen diesen Beispielen
dient die in der Grundstruktur verborgene Axialitat als
ordnendes Element. das den Zusammenhalt der frei
verteilten Formen gewährleistet.
Zwei wesentlich später entstandene Zeichnungen
(Abb. 16. 17). eine Skizze für ein Hochhaus und eine
Buchillustrationf" erinnern durch ihre Flächenschich-
tung an die geometrischen Reliefs. Ihnen fehlt jedoch
dieformale Orientierung an einerzentralen Achse. Dies
ist wohl als Reaktion auf die Gestaltungsprinzipien der
konstruktiven Kunst der zwanzigerJahre zu interpretie-
ren. Mit der Gegenüberstellung der rechteckigen For-
men des Hochhauses und der abgerundeten Gebilde
aufdergegenüberliegenden Buchseite wird Hoffmanns
von der Kunst der Jahrhundertwende geprägte offene
Haltung gegenüber der Vielfalt der freien Formenspra-
che erkennbar.
3. Für das architektonische Empfinden Hoffmanns ist
charakteristisch, daß er den Eigenwert der Fläche ge-
genüber ihrer Funktion als Begrenzung von Volumina
hervorhebt: lrÜberallwirdderCharakterder Fassade als
dereinerzweidimensionalen Fläche auf Kosten der Kör-
perhaftigkeit und Modellierberkelt des Baukörpers be-
tont. Immer wieder scheinen Elemente gleichsam an-
einander vorbeigleiten zu wollen-r. schreibt Sekler über
die Außenansicht des Palais Stoclet" und trifft damit
auch sehr genau die von den Reliefs ausstrahlende Wir-
kung: Zwar handelt es sich auch hier um die Anordnung
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kubischer Elemente, doch setzt Hoffmann sie so ein.
daß die Reliefs als geschichtete Flächenkomposition
erscheinen. Die für ein Erfassen der Volumina notwen-
dige Schrägansicht verstellt Hoffmann durch die den
Stiegenabgang rahmenden Pfeiler und eine aus Bü-
schen gebildete Balustrade; außerdem wirkt das Vertie-
fen der Reliefs in eine dunkle Nische der optischen Auf-
nahme als Kombination kubischer Körper entgegen.
Die Reliefs sind demnach auch nicht wkubistischeru als
der nKubismusr. wie Werner Hofmann meint. und über-
dies manifestiert sich in dieser die Fläche betonenden
Haltung Hoffmanns ein grundsätzlicher Unterschied zu
den aus einfachen Volumina aufgebauten Arbeiten von
GeorgesVantongerloo und den wArchitektonenr-von Ka-
simir Malevitch aus den zwanziger Jahren."
S0 bildetalso nurdie formale Verwandtschaft. das heißt
die Venlvendung geometrischer Formen für künstleri-
sche Gestaltungen, eine Brücke zwischen den beiden
Reliefs und derspäteren geometrischen Kunst. Dietmar
Steiners Bemerkung, daß man von keiner Vorwegnah-
me konstruktiven Gestaltens sprechen könne, weil da-
bei wformale Analogien über methodisch Vergleichba-
res gesteltt werdenrr", trifft präzise den wunden Punkt
aller Versuche, eine enge Verwandtschaft zwischen
Hoffmanns Reliefs und der konstruktiven Kunst des
zweiten und dritten Jahrzehnts zu sehen.
Bestehen bleibt die Tatsache, daB bereits in den ersten
Jahren des 20. Jahrhunderts eine intensive Beschäfti-
gung mitden Problemen geometrischen Gestaltens ein-
setzte und daß damit eine künstlerische Problematik
aufgerollt wurde. die In wechselnder Intensität bis heute
ihreAktualitätbewahrthat. Hoffmanns Leistung besteht
in diesem Zusammenhang unter anderem darin, daß er
in einem ersten Sqijrittpem bis dahin allein auf die Ver-
wendung im Kunstgeyyerbe undin der Bauornamentlk
8 Josef Hoffmann, Palais Stcclet, Brüssel
9 Josef Hoffmann, Entwurf für eine Toranlage, 1898
10 Josef Hoffmann. Titelblatt für zehn Gedichte von Arno
Holz. Ver Sacrum, Heft 11. 1898
11 Josef Hoffmann. Schließe. Wiener Werkstätte. 1908
12 Ernst Stöhr. Ver Sacrum, Heft 12. 1899
13 Frantisek Kupka, aus: Quatre histoires de blanc et noir.
1926
Anmerkungen 15 A 28
1' Sekler (zit. Anm. t). 1982, S, 7B u. B2.
1' L. W. Flochuwarlski. Josef Hoffmann, Wien 1950. Abb. S, 32 u. 33.
" Sekler(zit, Anm, 1), 1982, S, 83.
" Hdfmann (2lt,Anm 1). 1957. S. 12,
1' Stelner(zil Anm. s). 1932,
w lgalaiog der xlv. Kunstaussfollung aervereinigung bildender Künstler
Osrerreichs Secession Max Klingel, Beethoven. Wien. 1902,
v Katalog derXlV Kunsteuselellung (zit. Anm. 20). leu2.s 2a.
ß Lux(1it Anm. 12). 1902. s. 477.
ß Katalog der XIV. Kunstaussfsllungmt Anm. 20), 1902. s. 10.
1' Lux (Ilt. Anm. 12), 1902, S. 477.
ß Sekier(1lt. Anm. 1), lssz. s. so.
1' Sekiertzlt. Anm. 1). 1982. WV54. S. 269.
V Sekler llit. Anm. 1), 1982. WVSG, S. 271.
3' Seklerizit Anm. 1). 1952. Abb. 7B.