MAK

Objekt: Monatszeitschrift VI (1903 / Heft 6 und 7)

Der blaue Fächer, eine Skizze von Charles Conder 
 
und zeigt jene eigentümliche Leichtigkeit der Pinselführung, welche eine so 
seltene Qualität des Zeichnens ist. In krassem Gegensatz zu diesem Fächer 
steht ein anderer, welchen der Künstler mit dem Titel „Feu de Bengal" be- 
zeichnet hat, eine Arbeit, welche verdient, erwähnt zu werden, da sie in 
Zeichnung sowohl als auch in Farbe höchst originell und anziehend ist, und 
in einer bedeutend kräftigeren Farbenskala gemalt ist als die von dem 
Künstler im allgemeinen bevorzugte. Die Gruppe von Figuren ist in warmes, 
rosenrotes Licht gebadet. Dazu ein Hintergrund von einer schönen Nuance 
mittelstarken Indigos, die mit dem Rosarot der Figuren einen glänzenden 
Farbenplan bildet. 
Der Magenta-Fächer ist ein vollendetes Beispiel der sonderbaren Eigen- 
schaften von Conders Werk, und hier sehen wir das plötzliche Abweichen 
seiner Phantasie, welches in den seltsamen Figuren des Mittelmedaillons 
Ausdruck findet. Sie haben anscheinbar keinen Zusammenhang mit jenen, 
welche das Hauptmotiv der Zeichnung bilden. Seine Gedanken scheinen 
plötzlich abzubrechen und wenn er die Arbeit wieder aufnimmt, verfolgt er 
eine neue Idee. So ist Spontaneität eine der auffälligsten Eigenschaften 
seiner Malerei, - eine Spontaneität, welche zwar manchmal auffallend 
inkonsequent ist, aber doch die magnetische Anziehungskraft origineller 
Auffassung besitzt. Conders Zeichnung ist sehr unverlässlich und manch- 
mal sogar absolut falsch, insofern als Gliedmassen seiner Figuren in 
solchen Fällen ganz unförmig sind. V 
Anderseits sind einige der Figuren auf seinen Fächern mit der grössten 
Sorgfalt gezeichnet, wie zum Beispiel in den Hauptgruppen des Magenta- 
Fächers. Hie und da sind wohl einzelne Teile des Dekorationsplans ein 
wenig zu schwer im Verhältnis zu den übrigen. Dies bezieht sich speziell
	            		
255 Dar „Saxw, Fächer von Charles Conder auf den Napoleon-Fächer mit seiner unruhigen Zeichnung, in welcher sich wieder jener sonderbare Mangel an Zusammenhang aufdrängt, welchen ich bereits oben erwähnt habe. Das groteske Element ist von seiner Arbeit nie ganz zu trennen; hier blickt es durch in einem Gesichte, hier in einer Pose, und wo er sich mit moderneren Motiven beschäftigt, kann man nicht umhin, Annäherungspunkte an Aubrey Beardsley zu finden. Seine Figuren werden in solchen Fällen zuweilen fast unangenehm grotesk, und seine Phantasie verliert ihren Reiz der schöpferischen Kraft, wird übermütig und manchmal sogar ein wenig roh; aber sein Kompositionsgefuhl bleibt stets bewundernswert und seine Farbenharmonien sind unfehlbar. Unter allen seinen Fächern sind diejenigen, welche „al fresco" gegen die duftigsten aller Landschaften mit fein markierten Gegensätzen von Licht und Schatten gemalt sind, bei weitem nicht die mindest bezaubernden. Conders Vielseitigkeit, was Komposition betrifft, ist ganz erstaunlich, da nicht zwei seiner Werke die geringste Ähnlichkeit haben. Drei seiner reizendsten Schöpfungen sind der I83o-Fächer, der Maskenball-Fächer und der Balkon- Fächer. Jeder einzelne ist in verschiedener Weise behandelt und zeigt eine wunderschöne Gruppierung. Von grossem Reiz sind die Mitteliiguren des Maskenballes. Im „Balkon" grenzt die auf dem Divan sitzende Gestalt wieder an das Groteske und hilft mit, die Anmut der anderen Figur hervorzuheben. Seine auf Seide gemalten dekorativen Panneaux sind Träume wollüstiger Schönheit und sind meistens in den sanften, verblassten Tönen alter Gobelins gemalt. Mehrere Beispiele dieses speziellen Zweiges seiner dekorativen Arbeiten verzieren heute die Boudoirs bekannter Pariser Damen. Man kann leicht erraten, dass Conder eine beträchtliche Spanne Zeit in Frankreich verbracht hat, und seine Arbeit findet bei französischen Connaisseurs 34'
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