Der blaue Fächer, eine Skizze von Charles Conder
und zeigt jene eigentümliche Leichtigkeit der Pinselführung, welche eine so
seltene Qualität des Zeichnens ist. In krassem Gegensatz zu diesem Fächer
steht ein anderer, welchen der Künstler mit dem Titel „Feu de Bengal" be-
zeichnet hat, eine Arbeit, welche verdient, erwähnt zu werden, da sie in
Zeichnung sowohl als auch in Farbe höchst originell und anziehend ist, und
in einer bedeutend kräftigeren Farbenskala gemalt ist als die von dem
Künstler im allgemeinen bevorzugte. Die Gruppe von Figuren ist in warmes,
rosenrotes Licht gebadet. Dazu ein Hintergrund von einer schönen Nuance
mittelstarken Indigos, die mit dem Rosarot der Figuren einen glänzenden
Farbenplan bildet.
Der Magenta-Fächer ist ein vollendetes Beispiel der sonderbaren Eigen-
schaften von Conders Werk, und hier sehen wir das plötzliche Abweichen
seiner Phantasie, welches in den seltsamen Figuren des Mittelmedaillons
Ausdruck findet. Sie haben anscheinbar keinen Zusammenhang mit jenen,
welche das Hauptmotiv der Zeichnung bilden. Seine Gedanken scheinen
plötzlich abzubrechen und wenn er die Arbeit wieder aufnimmt, verfolgt er
eine neue Idee. So ist Spontaneität eine der auffälligsten Eigenschaften
seiner Malerei, - eine Spontaneität, welche zwar manchmal auffallend
inkonsequent ist, aber doch die magnetische Anziehungskraft origineller
Auffassung besitzt. Conders Zeichnung ist sehr unverlässlich und manch-
mal sogar absolut falsch, insofern als Gliedmassen seiner Figuren in
solchen Fällen ganz unförmig sind. V
Anderseits sind einige der Figuren auf seinen Fächern mit der grössten
Sorgfalt gezeichnet, wie zum Beispiel in den Hauptgruppen des Magenta-
Fächers. Hie und da sind wohl einzelne Teile des Dekorationsplans ein
wenig zu schwer im Verhältnis zu den übrigen. Dies bezieht sich speziell
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Dar „Saxw, Fächer von Charles Conder
auf den Napoleon-Fächer mit seiner unruhigen Zeichnung, in welcher sich
wieder jener sonderbare Mangel an Zusammenhang aufdrängt, welchen ich
bereits oben erwähnt habe.
Das groteske Element ist von seiner Arbeit nie ganz zu trennen; hier
blickt es durch in einem Gesichte, hier in einer Pose, und wo er sich mit
moderneren Motiven beschäftigt, kann man nicht umhin, Annäherungspunkte
an Aubrey Beardsley zu finden. Seine Figuren werden in solchen Fällen
zuweilen fast unangenehm grotesk, und seine Phantasie verliert ihren Reiz
der schöpferischen Kraft, wird übermütig und manchmal sogar ein wenig
roh; aber sein Kompositionsgefuhl bleibt stets bewundernswert und seine
Farbenharmonien sind unfehlbar.
Unter allen seinen Fächern sind diejenigen, welche „al fresco" gegen
die duftigsten aller Landschaften mit fein markierten Gegensätzen von Licht
und Schatten gemalt sind, bei weitem nicht die mindest bezaubernden.
Conders Vielseitigkeit, was Komposition betrifft, ist ganz erstaunlich, da nicht
zwei seiner Werke die geringste Ähnlichkeit haben. Drei seiner reizendsten
Schöpfungen sind der I83o-Fächer, der Maskenball-Fächer und der Balkon-
Fächer. Jeder einzelne ist in verschiedener Weise behandelt und zeigt eine
wunderschöne Gruppierung. Von grossem Reiz sind die Mitteliiguren des
Maskenballes. Im „Balkon" grenzt die auf dem Divan sitzende Gestalt wieder
an das Groteske und hilft mit, die Anmut der anderen Figur hervorzuheben.
Seine auf Seide gemalten dekorativen Panneaux sind Träume wollüstiger
Schönheit und sind meistens in den sanften, verblassten Tönen alter Gobelins
gemalt. Mehrere Beispiele dieses speziellen Zweiges seiner dekorativen
Arbeiten verzieren heute die Boudoirs bekannter Pariser Damen.
Man kann leicht erraten, dass Conder eine beträchtliche Spanne Zeit in
Frankreich verbracht hat, und seine Arbeit findet bei französischen Connaisseurs
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