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Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 2: Hochbau und Architektur, Plastik und Kunstsammlungen

Krankenhäuser. 
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wurde das von den Gebrüdern Gutmann gestiftete Kinderspital in dem hierzu adaptierten, ehe 
mals Hebraschen Palais als Teil der Poliklinik eröffnet; es umfaßt über dem Keller zwei Ge 
schosse und bietet Raum für 60 Betten. Das Ambulatorium ist mit Heißwasserheizung, der 
Krankenpavillon und das Kinderspital sind mit Niederdruckdampfheizung in Verbindung mit 
Einrichtungen für die natürliche Ventilation versehen. Zur künstlichen Beleuchtung dienen Gas 
und Elektrizität. An Baukosten wurden bisher aufgewendet 690.000 K. Durch die Spende von 
1,000.000 K, welche Nathaniel Freiherr von Rothschild im Jahre 1902 der Poliklinik für Betriebs 
zwecke zuwendete, ist wohl der Ausbau noch nicht, dafür aber der Bestand der Anstalt gesichert. 
Durch die Opferwilligkeit der Ärzte bestehen gegenwärtig im Ambulatorium 19 Abteilungen, 
eine hydrotherapeutische Klinik und ein Röntgeninstitut; im Jahre 1902 wurde das Ambulatorium 
von 36.112 männlichen und 33.339 weiblichen Kranken aufgesucht, im Krankenhause waren 
764 Männer, 643 Frauen und 651 Kinder verpflegt. 
Im Jahre 1872 gründete Viktor Freiherr von Erlanger mit einer größeren Zahl von 
gleichgesinnten Herren und Frauen einen Verein zur Errichtung und Erhaltung eines operativen 
Frauen-Hospitales, das mit dem Belagraume für 9 Betten in dem Hause VIII., Laudongasse 26 
am 15. Dezember eröffnet wurde und nach der Protektorin Herzogin Maria Theresia von 
Württemberg, geborene Erzherzogin von Österreich, den Namen Maria Theresia-Frauen-Hospital 
erhielt. Das Gebäude entsprach den Bedürfnissen so wenig, daß der Verkauf desselben be 
schlossen und ein Neubau auf dem Grundstücke VIII., Feldgasse 9 ausgeführt wurde. Das 
Programm für denselben stellte Dr. Anton Löw mit dem damaligen Direktor Dr. Karl Frei 
herrn von Rokitansky auf, die Pläne verfaßten die Architekten Fellner und Helmer, welche auch 
den Bau leiteten, derl25.000K kostete. Von der Gesamtarea vonSSMSm- mußten 457'96 m •’ 
mit drei Geschossen über einem hohen Sockelgeschosse überbaut werden, um den Anforde 
rungen des Programmes zu entsprechen. Im Hochparterre wurde gegen die Straße hin das 
Ambulatorium gelegt, während der dem Hofe zugewendete Flügel dieses Geschosses und 
der ganze erste Stock die Krankenunterkünfte (zusammen für den Belag mit 27 Betten) auf 
nehmen und im zweiten Stocke die Operationsräume (Saal mit Ober- und Seitenlicht), die 
Küche und Wohnzimmer untergebracht sind. Im Sockelgeschosse befinden sich, außer der 
Portiers- und Dienerwohnung und Vorratskammern, die Zimmer der Pflegerinnen und eine 
gleichzeitig als Leichenkammer dienende, abgesondert zugängliche Kapelle. Im Dachraume ist 
ein Wäschemagazin eingerichtet. Im Jahre 1899 wurde das Ambulatorium vergrößert und damit 
auch im ersten Stocke eine Terrasse für die Rekonvaleszenten gewonnen. Zur Heizung dienen 
mit Luftzuführung versehene Dauerbrandöfen, im Operationszimmer ist ein Gasofen verwendet; 
die Beleuchtung erfolgt mit elektrischem Lichte. Im Jahre 1902 wurden in der Anstalt 612 Kranke 
verpflegt und 3341 ambulatorisch behandelt. 
Im Jahre 1874 wurde das Kaiser Franz Josef-Ambulatorium ) durch einen Verein ge 
gründet, den eine größere Zahl opferwilliger Ärzte in das Leben gerufen hatte. Der Zweck 
des Vereines ist die unentgeltliche Behandlung unbemittelter Kranken, die seinerzeitige Er 
richtung einer Krankenanstalt zu deren Aufnahme und die Abhaltung von medizinischen Vor 
trägen. Bis zum Jahre 1899 in Privathäusern eingemietet und wegen Beschränktheit der Mittel 
im Bestände bedroht, ermöglichte erst im genannten Jahre Josef von Baechlé durch die Spende 
von 20.000 K dem Ambulatorium, den Erwerb des Hauses VI., Sandwirtgasse 3 einzuleiten 
und nach dem Zuflusse von einer größeren Zahl von diesem Zwecke gewidmeten Spenden 
mit 88.000 K durchzuführen, welche Summe noch um 40.000 K für Adaptierungen und Inventar 
erhöht werden mußte. Das Grundstück mißt 403 m 2 , wovon das Ambulatoriumsgebäude 349 m 2 
einnimmt. Dasselbe umfaßt über dem Keller drei Geschosse und enthält im Erdgeschosse die 
Diensträume und Wohnungen des Personales, während in den beiden oberen Geschossen 
ein Hörsaal mit Garderobe und in dessen Nachbarschaft ein Zimmer mit Notbetten und eine 
Teeküche, dann drei Wartesäle mit je drei Ordinationszimmern und bei je einem Zimmer 
jeder Gruppe ein Laboratorium, beziehungsweise ein Operationszimmer untergebracht sind. 
In der Anstalt bestehen 20 Abteilungen für besondere Krankheitsformen; im Jahre 1902 wurden 
sie von 36.481 Parteien besucht, während 300 Hörer den Vorträgen anwohnten, welche zehn 
als Abteilungsvorstände fungierende Professoren und Dozenten hielten. 
Das Haus der Barmherzigkeit ') zur unentgeltlichen Pflege armer Unheilbaren aller Kon 
fessionen und Nationen, XVIII., Antonigasse 17, verdankt sein Entstehen der im Jahre 1864 
gegründeten Bruderschaft der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Mit dem Baue der Anstalt wurde 
•) Jahresberichte des Kaiser Franz Josef-Ambulatoriums. 
2 ) Jahresberichte des Kuratoriums der Stiftung „Haus der Barmherzigkeit“. Der Bericht vom Jahre 1895 enthält Grundrißskizzen. 
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