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Volltext: Wien am Anfang des XX. Jahrhunderts : ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung, Band 2: Hochbau und Architektur, Plastik und Kunstsammlungen

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Humanitätsanstalten. 
Die Sommerheilstation in Kierling, „Diakonissenheim“, Hauptstraße 129 Dem durch den 
kaiserlich russischen Geheimen Staatsrat Michael von Gramer, dessen Gattin Olga von Gramer 
und den Pfarrer D. Dr. Paul von Zimmermann im Jahre 1880 in das Leben gerufenen Verein 
für die evangelische Diakonissensache dankt zunächst die Sommerheilstation in Kierling „Dia 
konissenheim“ ihr Entstehen. Sie wurde 1886 in einem gemieteten und 1892 im neuerbauten 
eigenen Hause eröffnet und seither auch erweitert. Es finden hier jährlich zirka 200 arme 
Kranke aller Konfessionen gute Herberge, kräftige Nahrung und leibliche und seelische Ruhe. 
Erst im Jahre 1899 waren die Mittel des Vereines so weit angewachsen, um das Evangelische 
Diakonissenkrankenhaus, XVIIL, Hans Sachs-Gasse 12, im Anschlüsse an das bereits 1895 für 
ein „Diakonissenheim“ erworbene Grundstück Canongasse 11 bauen und im Jahre 1901 für 
Kranke aller Konfessionen eröffnen zu können. Das zwischen Nachbarhäusern eingebaute 
Krankenhaus umfaßt zwei bis drei Geschosse über dem Keller und bietet Raum für 16 männ 
liche und 16 weibliche Kranke. Die Pflegeschwestern (14 Diakonissen) wohnen im jenseits des 
Gartens gelegenen Diakonissenheim, wo auch einige altersschwache Personen und Kinder Auf 
nahme und Verpflegung finden. Im Jahre 1902 wurden in das Krankenhaus 266 Kranke aufge 
nommen, von denen 133 (dritter Klasse) unentgeltliche Pflege fanden. Ambulatorisch wurden 
zirka 400 Kranke behandelt. 
Charité, IX., Schwarzspanierstraße 18. Seit 1890 besteht das vom Verein Charité ge 
gründete Ambulatorium für Frauenkrankheiten, das außer einem Wartezimmer drei Ordinations 
räume und ein Laboratorium umfaßt und im Jahre 1902 von 648 kranken Frauen besucht wurde. 
Den bemerkenswerten Stiftungen der neuesten Zeit reiht sich das Kaiser Franz Josef- 
Rekonvaleszentenheim für arme Frauen an. Durch den humanitären Geselligkeitsverein „Freund 
schaft“ im Jahre 1889 gegründet, war die Anstalt zunächst als Heim für arme Wöchnerinnen 
in einem Miethause in Gersthof untergebracht, übersiedelte aber im Jahre 1897 nach ihrer 
Umgestaltung in das für dieselbe erworbene Gebäude XIII., Rosentalgasse 11, wo sie gegen 
wärtig in jeder Beziehung befriedigende Belagräume für 32 Frauen und 15 Kinder bietet. In 
einem 19.100m‘ 2 umfassenden Park gelegen, nehmen die Baulichkeiten zirka 600m- Boden 
fläche ein und bestehen aus dem Hauptgebäude mit Tagesräumen im Erdgeschosse und Schlaf 
räumen im ersten Stocke, einem einstöckigen Hause für Bedienstete, drei erdgeschossigen Ge 
bäuden für Administrationszwecke, Küche und Wäscherei mit Desinfektionsanstalt, endlich aus 
einer transportablen Baracke für zu isolierende Pfleglinge. Der Ankauf, die Adaptierung und 
innere Einrichtung der Anstalt haben 135.000 K gekostet. Seit Errichtung der Anstalt wurden 
bis zum Jahre 1902 4500 Frauen, im Jahre 1904 404 aufgenommen. 
Eine wichtige Ergänzung erhielten die Krankenanstalten Wiens durch die Heilanstalt 
Alland bei Baden'), zu deren Schöpfung Prof. Dr. Leopold von Schröder die erste Anregung 
gab und zu deren Gründung sich über von Schrötters Bemühungen im Jahre 1890 der Verein 
„Heilanstalt Alland“ bildete. Die Anstalt sollte nicht nur armen Brustkranken ohne Unterschied 
der Nationalität und Konfession Hilfe leisten, sondern auch auf die Tuberkulose bezügliche 
wissenschaftliche Arbeiten fördern. Gegenwärtig finden darin 149 Kranke Unterkunft, doch ging 
man von vorneherein darauf aus, den Krankenstand seinerzeit durch Erweiterungsbauten auf 
300 zu erhöhen. Die Baukosten der jetzt bestehenden Anstalt, auf deren Beschreibung hier 
nicht einzugehen ist, belaufen sich (ohne Grundankauf und Einrichtung) auf 1,163.373 K. Die 
Aufnahme der Kranken erfolgt im k. k. Allgemeinen Krankenhause in Wien. Im Jahre 1902 
standen in der Heilanstalt Alland 482 Kranke in Behandlung. 
2. KRANKENANSTALTEN FÜR KINDER.’) 
Als Kaiser Josef II. die Wohltätigkeitsanstalten Wiens organisierte, wurde bestimmt, daß 
Kinder, welche das vierte Lebensjahr erreicht haben, in das Allgemeine Krankenhaus auf 
zunehmen sind, jüngere aber nur für den Fall, als sie mit einer ansteckenden Krankheit be 
haftet wären. Besondere Kinderabteilungen kamen in den allgemeinen Krankenhäusern nicht 
zur Errichtung. War schon hierdurch das Studium der Kinderkrankheiten empfindlich gehemmt 
und die Pflege der Kinder sehr erschwert, so gebrach es den unter dem angegebenen Alter 
stehenden erkrankten Kindern der armen Bevölkerung an jeder Möglichkeit, geregelte ärztliche 
') Die Heilanstalt Alland bei Baden, besprochen vom k. k. Baurat Franz B e rg e r. Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- 
und Architekten-Vereines. Jahrgang 1898. 
2 ) Außer den hier besprochenen Anstalten bestehen noch Pavillons für Kinder in den folgenden, schon früher erwähnten 
Krankenhäusern: Das Lebenswarthsche Kinderspital im Krankenhause der barmherzigen Schwestern, ein Pavillon für Kinder in der 
Poliklinik und das von der Stadt Wien gestiftete Kinderspital sowie die Kellermann-Stiftung in Verbindung mit dem k. k. Wilhel- 
minen-Spitale.
	        
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