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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 3

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Es muß übrigens erwähnt werden, daß noch in den beiden ersten Decenmen dieses 
Jahrhunderts die Bevölkerung von Budapest größteutheils deutsch und in emem Therle 
Ofens auch raizisch war. Das ungarische Element bestand nur aus eimgeu Gewerbe 
treibenden, den Gutsbesitzern und Angestellten des Comitats und den Dicastenalbeamten, 
neben ihnen glänzten die adelige Jugend und die Notare der königlichen Tafel ,n 
ungarischer Tracht, den Säbel an der Seite. Erst in den Dreißiger-Bahren begann das 
Magyarenthnm merkbarere Lebenszeichen zu geben. Die Überschwemmung von 1838 
legte den größten Theil des alten Pest in Trümmer. An dem Wiederaufbau betheiligte 
sich schon der nationale Geist mit Energie und unter seinem Einfluß begann auch Pest 
(Ofen i,och nicht) den magyarischen Typus anzunehmen. Die rasche politische Umgestaltung 
im Jahre 1848 wandelte dann mit einem Schlage den Geist, die Nationalität der ganzen 
Stadt um. Jeder bekannte sich als Ungar; die verschiedenen Klassen Budapests uberboten 
sich an Eifer und Opferwilligkeit für die nationale Sache. Und auch die Nachfolge,ide 
Epoche vermochte diese allgemeine Stimmung nicht zu ändern. Nach der Constuption ,e, 
Fünfziger-Jahre waren unter den 106.000 Einwohnern Pests 32.000 Magyaren, 
34.000 Deutsche; von den 50.000 Einwohnern Ofens aber 28.000 Deutsche, 7.o00 
Magyaren, die übrigen anderen Stammen angehörig; aber auch der größte Theil der 
17.000 israelitischen Einwohner durfte der Sprache nach zu den Deutschen gezählt werden. 
Und trotz dieses gedrückten Verhältnisses verbreitete sich im Jahre 1860 d,e „ungaryche 
Blade" die als politisches Bekenntniß zu betrachten ist, von Budapest aus über das ganze 
Land; 'einige Jahre lang sah man nnn ans allen Gassen, in allen Salons die den 
verschiedensten Landestheilen entlehnten Eigenthümlichkeiten der Volkstracht: e, en 
Damen die gefälbelten, mit Zitternadeln besteckten Hauben, die perlengestickten Müdchen- 
kränze (parta), die spitzenbesetzten Schürzen, gepnfften Spenzer nnd genestelten Meder 
leiber, bei den Herren aber die Attilas, Budas, Mentes und Sporenstiefel; d,e Mutze 
mit der Neiherfeder, der bnntgestickte Szürmantel, der lockige Guba-Ilberwnrf drang ,n 
die Salons, und mit ihnen auch das magyarische Wort, das geschriebene, gesprochene, 
gesungene. Während dieser Zeit hatte Bndapest in allen Schichten seiner Bevölkerung 
einen echt orientalischen Nationalcharakter. Nach vier bis fünf Jahren war das vorbei. 
Für eine Mode hätte es zu lange gedauert, für nationale Begeisterung zn kurz! 
Heute geht in der ungarischen Hauptstadt jede Volksklasse so gekleidet, wie irgend 
eine andere hauptstädtische Bevölkerung Europas. Die nationale Volkstracht taucht nur als 
Seltenheit auf. Und auch die Volksbelustigungen haben nicht mehr die Urwüchsigkeit 
von ehedem; der Grund davon soll noch erörtert werden. 
Bei der Beschreibung des Schwabenberges wollen wir versuchen, dem Leser das 
Bild einer Pfingstkirmes vorzuführen, wie sie das ganze Volksleben Budapest» m sich
	        
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