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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 1

* „Balita" hieß bei den Szeklern.das silberne Götzenbildchen, das der Bräutigam zur Verlobung seiner Braut sandte. 
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Dieser erste Tag ist der Tag des Wachens. An diesem wird nicht gegessen, noch 
Wein getrunken, man trinkt nur Bier und wird diesen Tag später an jeder Jahreswende 
bei einem bestimmten „Gelagsmann" feiern. Der zweite Tag ist der des Todtengeleites. 
Gleich nach dem ersten „Morgengelächter" erschallen die Hornstöße der Opferbläser, die 
„Gram-Mädchen" stimmen ihren Sang an: „Morgenroth, schönes rothes Morgenroth, 
goldenes Morgenroth!" und von sieben Schlägen erdröhnt die Opfertrommel. Jetzt 
schneidet sich der Vater des tobten Helden mit krummem Messer den Haarzopf ab, der an 
seiner linken Schläfe niederhängt, das Wertheste, was ein urgläubiger Magyare opfern 
kann, und gibt ihn dem Tobten in die Hand. 
Unterdeß führen die Richter das verhängte Roß herbei, das Lieblingspferd des 
tobten Kriegers, in einem Überwurf von schwarzem Seidenstoff, gesattelt und gezäumt. 
Die Waffengenossen heben den Tobten in den Sattel, binden ihm die Beine stramm an 
den Sattelgurt, befestigen ihm die Hand an der Lanze, die in den Sattel gesteckt ihr 
Fähnlein flattern läßt, und dann setzt sich der Zug in Bewegung für den Abschiedsritt. 
Vor jedem Thore hält der Trauerzng und der Hornbläser, der das Pferd führt, ruft laut 
zum Thore hinein, die Freunde des Helden zum Geleite zu laden. Vor ihm her trägt und 
führt man seine Fahnen und Waffen, sein Trinkhorn und Speisegeräth, seinen Jagdhund 
und Lieblingsfalken, seine vierundzwanzig Reitpferde. 
So zieht das Trauergeleite bis an das Grab bei der heiligen Quelle, wo Jungfrauen 
es erwarten, die aufgelösten Locken mit Kränzen aus duftigen Kräutern geschmückt. Am 
Grabe angelangt vertheilt man an die Genossen des Tobten dessen mitgebrachte Schütze 
und Gewänder, je nachdem er sie zu seinen Lebzeiten Diesem oder Jenem versprochen. 
Da bricht ans der Mädchenschar die Braut des Tobten hervor; auch ihr, sagt sie, 
sei der Verstorbene etwas schuldig. Sich selbst. Er habe versprochen, ihr anzugehören in 
dieser und jener Welt. Hier zum Beweis seine „Balita".* Beide Väter geben ihr den 
Segen und man hilft der Braut aufs Roß hinauf neben den tobten Bräutigam. Nun 
führen die beiden Opferbläser das Roß, auf dem der tobte Held mit seiner Braut sitzt, in 
die Grabgrube hinab und binden den Hengst an den großen Eibenstamm fest. Ihm zur 
Seite legen sie die Waffen des gefallenen Recken nieder, seinen Opferbecher, seinen goldenen 
Streithammer, die irdene Urne voll mit Münzen jeder Art, auch die Schmuckspangen der 
Braut, ihre großen Ohrgehänge und den Jungfernkranz mit Perlen gestickt. 
Die tnItos-Priester binden mittlerweile die vierundzwanzig Renner an die Lanzen 
schafte fest. Da stürzen die Mädchen an das Grab heran, reißen sich die Kränze von den 
Locken und streuen sie, nebst Nußzweigen, auf den tobten Bräutigam und die lebendige 
Braut hinab.
	        
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