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unter freiem Himmel gehalten, oft in hölzernen, zu diesem Zweck aufgeführten Gebäuden,
und die Reichsstände lagerten die ganze Zeit unter Zelten, auf eigene Kosten. Zu Pferde,
gefolgt von Frachtwagen und großem Gesinde, waren sie herangezogen und ebenso zogen
sie nach gethaner Arbeit wieder davon. Es kam vor, daß die Stände vom Reichstage
geradenwegs nach dem Kriegsschauplatz aufbrechen mußten, um, was sie in Worten
beschlossen, sich nun auch mit ihrem guten Schwerte zu erkämpfen; so singt cs auch der
„Pflüger des Näkos" bei Karl Kisfaludy:
„Tapfre Herren, hör' ich sagen, Wenn dann Schlachtdrommcten heulten,
Scharten hier sich, rathzuschlagen; Adlergleich zum Kampf sie eilten."
Es fällt der Phantasie schwer, auf Grund einzelner zerstreuter Angaben sich ein
deutliches Bild von den Reichstagen auf dem Rakos zu entwerfen, deren mancher
verhängnißvoll für das Land wurde, so namentlich derjenige, der der Katastrophe von
Mohäcs vorausging. Einen Vorsitzenden gab es da nicht, ein Protokoll wurde nicht
geführt; den Willen von zwanzigtausend Köpfen verdolmetschten einzelne Volksredner
dem König und den Magnaten, die in der Ofener St. Johanneskirche zu Rathe saßen,
während der niedere Adel sich in Pest und den benachbarten Dörfern festgesetzt hatte. Die
sehr zahlreiche Abordnung, welche die Beschlüsse des niederen Adels in Ofen drüben kund-
gcben sollte, mußte am Bnrgthore ihre Waffen ablegen. Es kam indessen auch vor, daß
selbst der König in Person sich von Ofen zum Reichstag auf den Näkos herunterbegab,
Ludwig II. zum Beispiel, und dort mit den Wortführern des Kleinadels verhandelte. Es
war auch keine andere Örtlichkeit zu finden, die als Schauplatz einer so großen Versammlung
dienen konnte, als das Räkos-Gefilde, in seinem damaligen Zustande eine unfruchtbare
Sandebene, auf der nach dem Berichte eines alten Chronisten nur Rüben, Melonen und
Rettige wuchsen. Bloß ans der Zeit des Matthias Corvinns wird in der Gemarkung Pcsts,
eine römische Meile von der Stadt, ein königlicher Garten erwähnt, wo Wild gehegt wird
und Lilien blühen. Im Übrigen wurde der ganze Räkos als herrenloses Land betrachtet,
welches kein Magnat der Mühe werth fand, sich als „Donation" auszulntten.
Heute stellt sich diese Sandwüste als ein Complex erträgnißreicher Landwirthschaftcn
dar und kein Landsturm ans der Sahara bedeckt mehr die Hauptstadt, um die sich em
gepflanzter Waldgürtel schlingt, während die Hansgruppen mit ihren grünen Garten immer
weiter hinausdringen, um von dem Schauplatze der einstmaligen „ruhmreichen" Adels-
Versammlungen Besitz zu ergreifen, zum Besten einer noch viel edleren Cultnr.
Auch in so veränderten Zeitläuften ist das Pester Comitat maßgebend geworden für
das ganze Land, sowohl was geistige Bildung, als auch was verfassungsmäßige Politik
oder Volkswirthschaft betrifft.