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frei waren von stehenden Gewässern. Aber die ungeheuren Weiden und Grasfluren sind
größtentheils in Ackerland verwandelt worden, die Äcker wurden mit Gräben eingeschlossen
und an den Grüben Pflanzte man Bäume; die Puszten bevölkerten sich, auf den Gehöften
(Tanya) entstanden Wirthschaftsgebäude und nette Wohnhäuser, außer den Dreschtennen,
auf welchen die Fehmen, Tristen und Schober stehen, entstanden Gärten mit Grünzeug,
Blumen und Obstbüumen, die das Auge ergötzen. Die Flußufer entlang wurden hohe
Dämme aufgeführt. Die Fahrwege sind zwar meistens noch so, wie sie ehemals waren,
bei nassem Wetter sind sie unfahrbar, denn es gibt in der Tiefebene keinen Stein und keinen
Schotter und die aus der Ferne zugeführten Steine versinken spurlos in den lockeren
Erdschichten. Nun aber durchschneiden Eisenbahnen fast schon in allen Richtungen die
Tiefebene und ersetzen die Landstraßen.
Im Pester Komitat liegt in der Nähe von Örkeny die Puszta Vaes; im Jahre 1837
war sie noch ein kahler öder Sandstrich, über welchen der Sturm ungehindert einherbrauste,
den Flugsand umherpeitschend und Hügel aufbauend, dann wieder zerstörend. Man legte
Baumschulen an, zerschnitt die mehr als 10.000 Hektar umfassende Ebene nach allen
Richtungen durch Alleen, erbaute Meierhöfe und theilte die Puszta nach ihrer natürlichen
Beschaffenheit und Lage in Felder, Wiesen, Hutungen und Waldflächen, und jetzt ist diese
einst so triste und kahle Ebene eine der blühendsten Musterwirthschaften. Was auf der Puszta
Vacs geschah, wurde mit mehr oder weniger Erfolg auch an anderen Orten ausgeführt.
Im Alföld gibt es verhältnißmäßig wenige Ortschaften und oft müssen wir einen
Weg von 10, 20 und mehr Kilometer zurücklegen, bis wir ein Dorf oder einen Markt
flecken erreichen. Daß die Ortschaften in der großen Tiefebene so zerstreut liegen, daran
sind weniger die natürlichen als die historischen Verhältnisse schuld. Nach der unglücklichen
Schlacht bei Mohaes gerieth der größte Theil des Alföld in die Hände der Türken, und
sie hausten darin mehr als anderthalb Jahrhunderte lang; während dieser ganzen traurigen
Zeit wetteiferten mit einander Türken und Tataren, Kurutzen (Aufständische) und
Labanczen (Lanzknechte) im Sengen und Brennen, Plündern und Morden; die Türken
schleppten gefesselt Tausende und abermal Tausende von Gefangenen in die Sklaverei.
Kein Wunder, daß viele Ortschaften gänzlich und spurlos verschwanden und daß meistens
nur die größeren Ortschaften sich erhielten, in welchen die Einwohner zahlreich genug
waren, sich leichter vertheidigen zu können. Als endlich die Türken das Land verließen,
waren ganze Kvmitate zu menschenleeren Wüsten geworden.
Die Puszten oder Prädien entstanden demnach großentheils aus den Gemarkungen
entvölkerter und verschwundener Ortschaften, entweder kamen sie wieder in die Hände der
ehemaligen adeligen Grundbesitzer oder gelangten in den Besitz der übrig gebliebenen
größeren Ortsgemeinden. Daher kommt es, daß z. B. die Gemarkungen von Kecskemet,