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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Böhmen, 2. Abtheilung

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Turnierrüstung auftretende heilige Wenzel von packender Natürlichkeit. Ein aus Melnik 
stammendes Bild, welches den Erlöser zwischen den Gestalten des Todes und des knienden 
Donators darstellt, trägt dieselbe Signatur nebst der Jahreszahl 1539 und liefert den 
Beweis, daß die Thätigkeit dieses Meisters eine ziemlich ausgedehnte war. 
Einen tieferen Einblick bietet die Kunst der Illuminatoren, welche sich in Böhmen 
seit jeher einer allgemeinen Gunst erfreute und ununterbrochen gepflegt, feste Wurzeln 
faßte. Ziemlich früh macht sich hier der Renaissancestil geltend; in einem Lobkowitz'schen 
Gebetbuche vom Jahre 1404 kommen neben den althergebrachten Motiven auch solche 
der ausgesprochenen Renaissance in der Art Atavante's vor und eine Reihe von Werken, 
welche am Beginn des XVI. Jahrhunderts im Auftrag eines bedeutenden Kunstmäcens, 
Ladislaus von Sternberg, Herrn auf Bechyn, Kanzler des Königreiches Böhmen, 
ansgeführt wurden, weist gleichfalls neben traditionellen ornamentalen Motiven 
Einflüsse der Renaissance auf. In dem, im Jahre 1500 von Jakob von Olmütz auf dem 
Schlosse zu Bechyn geschriebenen und gemalten, gegenwärtig in den Kunstsammlungen 
des Allerhöchsten Kaiserhauses aufbewahrten Graduale kommt die Renaissance noch nicht 
voll zum Durchbruch, dagegen ist dies der Fall bei zwei kleineren, in böhmischer Sprache 
geschriebenen Werken, welche zu dem Schönsten zählen, was die böhmische Miniaturmalerei 
in dieser Richtung geschaffen hat. Es ist dies das Leben des heiligen Franciscus, 
gegenwärtig im Besitz des Grafen Czernin, und ein in der Sammlung des Herrn 
Dr. Figdor in Wien befindliches Breviarium im Jahre 1505 von Ägidins von Ratibor, 
Priester des Prediger-Ordens zu Pilsen, geschrieben. Ein viertes, noch erhaltenes Werk, 
der prächtige umfangreiche böhmische Codex: Das Leben der heiligen Wüsten 
bewohner, im Jahre 1516 entstanden, liefert ein Beispiel, wie man die Renaissanceformen 
der in die Breite sich ergehenden Weise der alten ornamentalen Motive anznpassen verstand. 
In allen diesen Werken kehrt die Gestalt des Stifters wieder und in allen kommt die 
Darstellung der Stigmatisirung des heiligen Franciscus vor, welcher sich einer besonderen 
Verehrung von Seite des Donators erfreute. 
Daß Renaissancemotive zuerst in katholischen Andachtsbüchern auftanchen, ist 
durch den innigeren Contact der katholischen Glaubenspartei mit Italien wohl erklärlich. 
Dagegen dauert es ziemlich lange, ehe die Renaissance auch in den kolossalen 
utraqnistischen Gesangsbüchern Eingang findet. Es sind das Werke ganz eigener Art, 
untereinander nahe verwandt und doch verschieden und immer von einem ausgesprochenen 
volksthiimlichen Charakter. Nur Norditalien hat in seinen riesigen Choralbüchern etwas 
Ähnliches hervorgebracht. Die aus dem ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts stammenden 
Cantionale sind durchwegs in lateinischer Sprache abgefaßt, erst nach und nach tritt 
die böhmische an ihre Stelle. Die schwungvoll behandelten Initialen und Randleisten,
	        
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