447
verdrängt wird; dieser brachte zugleich mit dem Stabeiseil neue Mvtive in die Schlosserei.
Auch auf diesem Gebiete verdient vvr Allem die Zeit Wladislaws hervorgehoben zu werden,
namentlich was die Feinheit und Reichhaltigkeit der Aormen anlangt, welche wir besonders
an den Gittern des Sanctuariums aus dem Jahre 1492 in der Kirche zum heiligen Geist
in Königgrätz bewundern.
In der jagellvnischen Periode nimmt der gothische Stil zum großen Theile vvn den
Werken der Schnitzerei Abschied. Zu den vorzüglichsten Arbeiten der Schnitzerei in Böhmen
gehören die Kirchenbänke (Chorgestühl), welche sich in Kuttenberg in der St.
Barbaraknche und in der dortigen Decanalkirche zum heiligen Jakob erhalten haben.
Auch manche Kanzeln und Altäre aus dem Xl. und Ansang des XVI. Jahrhunderts zeigen
eine ähnliche architektonische Ausschmückung. In der vorgeschrittenen jagellvnischen Zeit
weicht manchmal die plastische Schnitzerei der flachen, die der Architektur keine Motive mehr
entnimmt, indem dieselben durch das flache Ornament, welches in der Malerei herrscht,
verdrängt werden. Und schließlich in der zweiten Halste des XVI. Jahrhunderts schwindet
beim Hausgerüthe und bei den Arbeiten der Bautischlerei, wie Thüren und dergleichen, die
Schnitzerei überhaupt und ihre Stelle nimmt das Getäfel ein.
In innigem Verhältniß zur Architektur hat sich in einem Gebiete des nördlichen
Böhmens im Laufe der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts eine eigenartige deeorative
Plastik entwickelt, welche, da sie anscheinend gewerbemäßig betrieben wurde, auch hier
Erwähnung verdient. Nördlich von Leitmeritz trifft man in den nicht weit von einander
entfernten Ortschaften Schwaden, Waltirsch und Schönpriesen reich ansgestattete Kirchen
an, welche durch den einheitlichen Charakter der inneren Ausschmückung und durch das
mitunter künstlerisch durchgebildete Detail anziehend wirken. Altäre und Grabmale, auch
die Kanzel und das Taufbecken haben von der Hand des Steinmetzen reichen plastischen
Schmuck erhalten, in welchem der Stil der holländischen und norddeutschen Renaissance
mit der italienischen Kunstrichtung ineinandergreifen und wie an dem prächtigen mit
reizenden Putten geschmückten Taufbecken zu Schwaden tauchen hier und da bereits
zum Barocken hinneigende Motive auf, wie sie eben der fortgeschrittenen Nudolfinischen
Periode eigen waren. Die Kirchen, beziehungsweise ihre Ausstattung stammen aus der
Zeit der Herren von Salhausen, welche überall, wohin ihr Besitz reichte, Zeugnisse ihrer
Kunstliebe hinterließen. Ein Seitenstück zu diesen Steinmetzarbeiten bilden die prächtigen
Holzschnitzereien der in den Jahren 1604 bis 1606 entstandenen Schloßkapelle zu
Reichenberg, welche ähnlichen Geist und Stilcharakter offenbaren.
Im östlichen und mittleren Böhmen wurden nicht selten als architektonisches Zier
werk Arbeiten in Terraeotta verwendet und es ist auch vorgekommen, daß hierbei dieselben
Hohlformen benützt wurden, welche auch zur Herstellung von Ofenkacheln dienten.