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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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Ausgleichung der Anzahl fehlt, sv lädt mau irgend einen Armen ein. Das Essen beginnt 
mit dem berühmten Polnischen „Barszcz", welcher diesmal mit Schwämmen zubereitet 
ist, danach kommen abwechselnd Kartoffel, Kraut, Felderbsen, Hafergrütze, Pirogi mit 
Zwetschkenmnß (analog den österreichischen „Powidltatschkerln") Heidegrütze, gelbe Rüben, 
Hirsebrei, Mohnnudeln und endlich „Uampuelri," das ist eine Art aus Weizenmehl 
bereiteter Krapfen, die in Öl gebacken, mit Zucker bestreut und mit Honig bestrichen werden. 
Es ist nicht gebräuchlich, während dieses Fastenmahles Bier, Branntwein oder andere 
geistige Getränke zu sich zu nehmen. Man trinkt Wasser oder den gekochten Saft 
gedörrter Pflaumen oder Birnen. In manchen Gegenden trinkt man bei diesem Mahle 
gar kein Wasser und behauptet, daß mau im entgegengesetzten Falle das ganze Jahr 
hindurch von Sodbrennen geplagt würde. Beim Verzehren der verschiedenen Gerichte 
gibt es in den verschiedenen Gegenden mannigfaltige Bräuche. So z. B. wenn man 
Kraut zu essen beginnt, versetzt der Hausherr dem ihm zunächst Sitzenden einen 
leichten Schlag aus den Kops und spricht dabei: „Falte dich, Kräutchen, falte dich!" Das 
wird von den anderen der Reihe nach wiederholt. Wenn sie Erbsen essen, ziehen sie 
einander ein wenig an den Haaren und sagen: „Winde dich, Erbschen, winde dich!' oder 
„Binde dich, Erbschen, binde dich!" Außerdem faßt der Hauswirts, einen Löffel voll 
Erbsen aus der Schüssel und wirft sie zum Fenster hinaus, indem er spricht: „Da, 
Wölfchen, nimm die Erbsen wahr, komm' nicht zu uns vor'm neuen Jahr." Beim Essen 
des Hirsebrei's schlagen sie einander auf die Köpfe und sagen: „Büschle dich, Hirschen, 
büschle dich!" (wachse in Büscheln). Bei den Kartoffeln sagt man: „Keimt, Kartoffel, 
keimet!" Bei Mehlspeisen heißt es: „Vermehr' dich, Getreide, vermehr' dich!" Wenn 
man Kraut ißt, so darf man den Löffel nicht davon abschlenkern, da sonst die Raupen 
im nächsten Jahre das Kraut abnagen würden. Man beobachtet, wessen Schatten während 
der Mahlzeit der längste und schärfste sei; das Urbild desselben wird am längsten leben. 
Sobald das Mahl beendet ist, kniecn alle abermals zum Gebete nieder und danken 
Gott dafür, daß er ihnen gewährte, diese Vigilie zu erleben, oder sie stimmen eine 
„Uoioiräu", das heißt ein für die Weihnachtszeit bestimmtes Lied an. Die ganze 
.Lmtte, das ganze Dorf erdröhnt von diesen Gesängen, daß es ordentlich „schlittert". Dann 
verstummt der Gesang auf eine Weile, denn es muß noch Vieles vollbracht werden; der 
Hauswirth löst die Strohgarbe oder deren zwei oder drei, wie viele er eben hereingebracht 
hat, auf und wirft sammt den jungen Burschen Händevoll davon nach dem Gebälk und 
der Zimmerdecke; je mehr Strohhalme zwischen den Tragbalken und der Decke haften 
bleiben, um sv reicher wird die Ernte des kommenden Jahres sein. Die Mädchen laufen 
in den Hof hinaus und rufen: „Holla ho!" Von welcher Seite nun das Echo zurückhallt, 
von dort her wird der Zukünftige kommen. Andere laufen bis an den Bach hinaus und 
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