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Der serbische adelige Besitz weist zweierlei Arten ans. Unter Bastina versteht man
den ererbten Stammesbesitz oder ein vom Könige geschenktes Grundstück, welches der Grund
herr mit eigenem Rechte besaß, gerade so wie er in Bosnien über die Ulslirsnita roiiüja,
plerntsirita bastina oder xloinonito verfügen konnte. Ferner gab es Pronien, das heißt
auf Lebenszeit verliehene Staatslehen.
Die Serben, im Sinne der Unfreien, theilten sich in drei Kategorien: in Merophen,
Sokalniken und Otroken. Die Merophen sind die Lehenspächter, welche dem Lehensmanne
theils in Geld, theils in Arbeit ihren Zins entrichten. Er konnte sich aber auch eigenen
Besitz erwerben, das heißt er konnte auch eine Bastina innehaben. Die Sokalniken, deren
staatsrechtliche Stellung noch nicht ganz geklärt ist, waren auch Lehenspächter, hatten
aber nicht so viel Zins und Arbeitsleistung zu entrichten und scheinen freie Bauern gewesen
zu sein, sowie in Westeuropa das „Metayer" Banernthum, während der Name Meroph
ans frühere zu Leibeigenen gewordene Besitzer hinzudeuten scheint. Beiderlei Arten von
Pächtern waren aber an die betreffende Pronie, an das Lehen gebunden, das seinen
Besitzer immer wechselte. Die dritte Art von Unfreien hingegen, die Otroken, waren
diejenigen Colonen, die ans den Privatbesitznngen, auf den Bastinas arbeiteten, sslebaa
uästi-ieU, das heißt an die Scholle gebunden waren und so immer im Besitze einer Familie
blieben. Wenn nun aber auch die feinsten Unterschiede nicht definirbar sind, scheint doch der
Unterschied zwischen den Unfreien in dem Momente der Freizügigkeit oder der Gebundenheit
an die Scholle zu bestehen. Diese Berhültnisse finden wir im Territorium der heutigen
Hereegovina und in Novibazar, und sie blieben auch nachher bestehen, als das bosnische
Königreich unter Tvrtko altserbischen Besitz annectirt hat. Während in diesen privat
rechtlichen Verhältnissen die alte Stammesverfassung der Serben noch sichtbar ist, finden
wir in jenen Theilen Bosniens, die an die dalmatinische terra lirina grenzen und wo bei
den römischen Colonen von der ersten Eroberung durch das römische Reich bis aus die
heutige Zeit die Verhältnisse sich kaum geändert haben, analoge Verhältnisse.
Die römische Eroberung in Jllyrien, welche den Ausgangspunkt zur Beurtheilung
dieser dalmatinisch-südwestbosnischen Verhältnisse bietet, geschah in jener Zeit, wo der
römische Besitz schon seine hohe Entwicklungsstufe einnahm und daher die primitiven
Stammbesitzverhültnisse der Illyrier, welche noch Anklünge an den Urbesitz, an die
eommnne Benützung von Weide und Wald aufwiesen, gänzlich umgestalten mußte. Diese
primitiven illyrischen Besitzverhältnisse können ganz ähnlich wie die schweizerischen Allmend
aufgefaßt werden und waren an gewohnheitsrechtliche Bestimmungen geknüpft, welche
ein und das andere Territorium der Illyrier von einander schieden. Darum konnte
der römische Eroberer, der in den illyrischen Häuptlingen auch die Repräsentanten
des Stammesbesitzes ausrottete, seine Institutionen hier ohne Widerstand einführen.