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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Bosnien und Hercegovina

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In den westlichen nnd südwestlichen Theilen Bosniens und der Hercegovina sehen 
wir die Einwirkung des Colonatsystems in seinen Hauptzügen; aber im Mittelpunkte 
dieser verschiedenen Einflüsse ist ein speciell bosnischer Zug zu erkennen, der sich hier 
durch die politischen Verhältnisse erklärt; es ist dies nämlich jene scharf ausgeprägte 
Tendenz, daß die einzelnen Wojwoden, Kncsen und Edelleute ihren Besitz, ihre sogenannte 
Zemlja, sowohl privatrechtlich als staatsrechtlich als ihren unveräußerlichen Besitz, 
ihre Macht (potestus, ckiLava) betrachteten und sowohl ihre Knieten, das heißt ansässige 
Colonen, wie ihre Machen, das heißt Hirten, einestheils wie ihre Mannen, anderseits 
aber wie Leibeigene, als ihre specielle Gefolgschaft betrachteten. Aus dieser Tendenz ist es 
zu erklären, daß die Feudalherren die unmittelbaren Leistungen für den jeweiligen Ban 
oder König immer perhorrescirten, um dagegen ihren directen Einfluß auf ihre eigenen 
Leute umsomehr geltend zu machen. 
Wenn wir nun die verschiedenen Besitzverleihungen, die an bosnische Edelleute 
ausgestellt wurden, vom chronologischen Standpunkte betrachten, sehen wir, daß bis zur 
Epoche Tvrtkos die bosnische Kanzlei für die neuen serbischen Erwerbungen die serbischen 
Besitzverhältnisse vor Augen hatte, während in der späteren Zeit bis zum Falle des 
Königreiches die Besitzverleihung ganz nach den ungarischen Formen, sogar mit denselben 
Phrasen geschah. 
Während die Agrarverhältnisse, welche die staats- und privatrechtlichen Begriffe 
ans diese Weise in sich vereinten, die Oberhoheitsrechte der bosnischen Bane und Könige 
in gewisser Beziehung sehr oft einschränkten, sehen wir die Machtsphäre der Bane 
nnd der späteren Könige in den internationalen Beziehungen besser ausgeprägt. Es 
steht fest, daß der bosnische König der Oberbefehlshaber, der Oberwojwode sümmtlicher 
von den Magnaten aufgestellten Truppen war; ihm stand das Recht der Kriegserklärung 
und der Friedensschließung zu. Das erste — und wie wir sehen beinahe alltägliche - 
Moment der Rebellion bestand eben darin, daß sich die Vornehmen einer Heerfolge 
entschlngen und mit dem Feinde des Königs Bündnisse schlossen. Der König war 
auch der oberste Richter, der in den verschiedenen Besitzverhältnissen seiner Unter- 
thanen als höchste Behörde entschied, was aber natürlich nicht hinderte, daß man sich 
gegebenen Falles an den König von Ungarn oder an den Papst wendete. Der König war 
ferner der Besitzer aller Bergwerke. Das ihm zustehende Prügerecht brachte der König in 
den eigenen, nach Ragusaner Muster geprägten Silbermünzen (Tvrtkos Münzstempel wurde 
in Ragusa gemacht) zum Ausdruck, gestattete aber auch Ragusaner Münzen und anderen 
im Lande freien Curs. Der König entschied zwar, wie schon bemerkt, endgiltig über alle 
Staatsangelegenheiten, jedoch nach Anhören seines Rathes. Während der Königszeit wurde 
dieser Rath theils nach byzantinischem, theils nach ungarischem Muster zusammengestellt.
	        
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