Zeit, namentlich aber seit dem Ende des 16. Jahrhunderts, wo dieses Material als Kleideraufputz
in einem Inventar ausdrücklich erwähnt wird [Sauzay: La verrerie (Paris, Hachette et Comp.
1868), p. 201 seq] werden sie von der Mode stets wieder von Neuem zu letzterem Zwecke her
vorgeholt.
Die Herstellung dieser Schmelzen ist eine äußerst einfache, da weiter nichts erforderlich, als
ein Glasrohr von der gehörigen Dicke in gleich lange Stücke zu zerschneiden. An einer horizon
talen Bank, auf der diese Arbeit ausgeführt wird, ist für solche Operation der eine Arm einer star
ken stählernen Scheere derartig befestigt, daß er mit nach oben gerichteter Schneide horizontal
liegt, während die zweite Schneide, mit einem verlängerten Hebelarme vesehen, frei beweglich
ist. Vor der Scheere steht, an der von dem rittlings auf der Bank sitzenden Arbeiter abgewandten
Seite, in einer der Länge der zu liefernden Schmelzen entsprechenen Entfernung, eine feste
Scheibe. Der Arbeiter ergreift nun mit der Linken ein kleines Bündel Röhren, breitet diese neben
einander, senkrecht gegen die Richtung des festen Scheerenblatts über letzteres hin aus,
schiebt die freien Röhrenenden bis sie die Scheibe berühren vor, führt dann, mit dem in der rech
ten Hand geführten anderen Blatte der Scheere kurze stoßende Schnittbewegungen aus, und
schiebt seine Röhren, sobald die über die Scheere vorstehenden Enden abgeschnitten, stets
von Neuem gegen die Scheibe vor. Neuerdings wird zum Zerschneiden der Röhren auf Perlen
mehrfach auch wohl eine der gewöhnlichen Häckselschneidemaschine sehr ähnlicher Apparat
benutzt.
Den eben behandelten Schmelzen nahe verwandt sind die gewöhnlichen Stickperlen der
verschiedensten Größen, deren Fabrikation bereits seit Jahrhunderten auf Murano betrieben,
auch noch bis auf unsere Tage hier ihren Hauptsitz hat, und in sieben Fabriken jährlich gegen
2-5 Mill. kg farbiges Glas consumirt. [Auch rundgeschmolzene Perlen finden sich bereits unter
den Producten altägyptischer Glasindustrie, so zeigt Tafel 3 Fig. 3 bei Racinet: „L’ornement po
lychrome“ einen Scarabäus mit ausgebreiteten Flügeln, die aus farbigen, rundlichen Perlen her
gestellt sind.]
Lieber die Zusammensetzung der auf Stickperlen verarbeiteten Gläser ist bisher nichts bekannt
geworden. In kleinen Oefen, die oft nur einen bis zwei Häfen enthalten, wird das vorher gefrittete
Gemenge, bei seit Alters üblicher Feuerung des Ofens mit gedörrtem Holze, geschmolzen, und
wenn die 12 bis 17 Stunden für sich in Anspruch nehmende Schmelze beendet, zum Ausziehen
der Röhren, die, wie für die Schmelzen, so auch für die Stickperlen das Rohmaterial bilden, über
gegangen. Röhren von der Länge und Feinheit wie sie für diese Fabrikation erforderlich, würden
sich in der oben beschriebenen Weise nicht wohl ziehen lassen, es wird daher in Murano das fol
gende Verfahren in Anwendung gebracht. Von den fünf auf jedem Arbeitsplätze beschäftigten
Leuten nimmt der eine der zwei Untermeister (pastoneri), an einem festen Eisenstabe von circa
1 ’5 bis 1 '6 m Länge, aus dem Hafen das zur Bildung des Rohres erforderliche Glasquantum auf,
läßt die sehr flüssige Masse ein wenig abkühlen, und formt aus ihr auf der Marbelplatte (bronzi-
no) einen kurzen Vollcylinder. Er ergreift dann ein anderes kurzes, stabförmiges, kaltes Eisen mit
abgerundeten Enden (borsella), drückt mittelst desselben eine mit der Längsachse des Glascy-
linders möglichst concentrische, ebenfalls cylindrische Höhlung in denselben ein, und übergiebt
nun sein Arbeitsstück dem Meister (scagner), der es anwärmt, wenn erforderlich nochmals mar-
belt, und dann an dasselbe ein unterdeß vom zweiten Untermeister mit einem frisch geformten
und noch heißen platten Glasknopfe versehenes zweites Pontil (conzaura) anheftet, das den
größten Theil der Oeffnung des auszuziehenden Hohlcylinders schließt. Sobald solches gesche
hen, ergreift jeder der zwei zum Arbeitsplätze gehörigen Röhrenzieher (tiratori) eines der beiden
an der kurzen dickwandigen Röhre haftenden Pontile, und ziehen das zwischen ihnen befindli
che Glas, in einer der Hütte angebauten Gallerie (corridojo) von 120 bis 150 m Länge, sich je
nach der der Röhre zu gebenden Wandstärke langsamer oder rascher von einander entfernend,
zu einem Rohre von entsprechender Länge aus. Die ausgezogenen Röhren werden auf einer
Reihe in der Entfernung von 1 ‘0 bis 1 '5 m von einander auf dem Boden des Corridors liegender
kurzer Brettchen oder Holzstäbchen niederlegt (Fig. 109) und nach beendeter Arbeit von einem
Arbeiter, dem tagliatore, auf Stücke von circa 1 m Länge zerschnitten, und in Kasten gelegt, um
in die Arbeitsräume der eigentlichen Perlenfabrikation gebracht zu werden.
Ehe die Röhren, in fertige Stickperlen umgewandelt, die Fabrik verlassen können, haben sie hier
noch eine mehrfache Bearbeitung zu passiren. Zunächst gehen sie in Frauenhände über, um
durch Betasten von den cernitrici der Dicke des Rohres nach sortirt zu werden. Die Röhren von
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