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Ich mußte zu Fuß gehen, ebenso wie lange 
Strecken von der italienischen Front heimwärts. 
Bei meiner Ankunft in Hütteldorf-Hacking nahm 
mir die Volkswehr alles ab. ,,Das gehört mir!“ 
„Du bist ein Monarchist.“ Wien war unter der 
Blockade; es gab nichts zu essen. 
Ich kam zu entlegenen kleinen Ortschaften an 
den Ufern der Donau, um zu zeichnen, einmal 
sah ich Buben in kroatischer Bauerntracht mit 
hohen schwarzen Röhrenstiefeln. Ich erinnerte 
mich meiner Jugend, wo sich in den Straßen 
Wiens die Bevölkerung der Länder der Öster 
reichisch-Ungarischen Monarchie in ihren lan 
desüblichen farbigen Trachten Rendezvous gab. 
Frauen mit weiten gestärkten Röcken verkauften 
ihre sehr farbigen Stickereien; Dalmatiner, mit 
vor der Brust umgehängten Körben, boten Sou 
venirs an. Spielwaren aus Flolz aus der Tsche- 
choslovakei waren zum Verkauf angeboten, 
Männer in schwarzen Lederanzügen kündigten 
in rhythmischen Rufen ihr Gewerbe an, Töpfe 
zu reparieren. Viele meiner Zeichnungen gingen 
in dem Brand der Speditionsanstalt im Krieg 
verloren. 1920. Einmal auf dem Nachhauseweg 
von meinen Zeichenexkursionen traf ich einen 
Freund ... „Besuch mich doch, wir haben ein 
schönes Atelier.“ 
Es galt ein Plakat zu entwerfen für einen Film 
nach dem Roman ,,Prinz Kuckuck“ von Otto 
Julius Bierbaum. Der Schauplatz war Venedig. 
Meine Skizze, eine Komposition mit Prinz Kuk- 
kuck im Vordergrund, dahinter der Markusplatz, 
sehr effektvoll. Kompositionen fielen mir sehr 
leicht, und ich hatte ein gründliches Wissen 
im Zeichnen. Die Entwürfe der Künstler des Ate 
liers wurden dem Direktor vorgelegt. „Wer ist 
der junge Mann mit dem Kommishaarschnitt, wir 
müssen ihn hier behalten.“ Mein Freund war tief 
verletzt und verließ das Atelier. „Ich bin in Wirk 
lichkeit nicht interessiert, ich bin ein Künstler.“ 
Alexander Korda gab mir ein Film-Manuskript zu 
lesen, um eine Szene auszuwählen. Es gefiel 
ihm, was ich brachte, ,,Sie sind ein Genie!“ Ein 
Filmplakat mit dem Schauspieler Carl Goetz und 
Mia May war zu machen, und man schickte mich, 
um eine Skizze von ihr zu entwerfen. Niemals 
vorher hatte ich eine Schauspielerin so nahe 
gesehen. Ich konnte die Form und Struktur ihres 
Gesichtes unter dem ,,Make up“ nicht erkennen. 
Ich war verlegen und sagte: „Sie sind so schön, 
ich kann sie nicht zeichnen.“ Das gefiel ihr. 
Im Filmatelier Rosenhügel in Wien sah ich Max 
Linder bei den Aufnahmen zu seinem ,,Zirkus 
könig“. Später erzählte man uns, daß Linder 
ganz allein in den Löwenkäfig hineingegangen 
sei. Der Dompteur, der vor dem Käfig stand, 
konnte nur mit einem Schuß aus seiner Pistole 
verhindern, daß ein Unfall geschah. Herr Korda 
lud mich ein, mit ihm nach London zu kommen, 
als Farbenexperte. Es war mir nicht klar, was 
unter Farbenexperte gemeint war, möglicher 
weise verstanden sie darunter, daß ich die Som 
mersprossen im Gesicht Mia Mays retouchieren 
sollte. Ich machte eine Zeichnung von Rasputin
	        
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