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nete Sammlung von sämmtlichen seit der ersten Hälfte des XVI.
bis zum Schlüsse des XV111. Jahrli. gearbeiteten Arten der durch
brochenen und filochirten Arbeiten, sowie der verschiedenen sowohl
mit der Nadel gewirkten, als auch auf dem Kissen geklöppel
ten Spitzen und Kanten in einem solchen Umfange anzulegen,
dass bei weitem die meisten Städte und Länder, die sich auf dem
ausgedehnten Gebiete der Spitzenindustrie hervorgethan haben,
darin in reichhaltigster Abwechslung der Musterungen und der
Technik vertreten sind. Bevor in Folgendem die verschiedenen Grup
pen und Abarten der Spitzen und Kanten unserer Sammlung, je nach
ihrer besondern Technik und je nach ihren für die Distrikte ihrer
Anfertigung 'charakteristischen Mustern möglichst chronologisch
geordnet, in einem kurz beschreibenden Katalog numerisch auf
geführt werden, dürfte es hier am Orte sein, in kurzen allge
meinen Zügen den geschichtlichen Entwicklungsgang und den Jk
allmählichen Aufschwung anzudeuten, den die Spitzen und Kanten-
Industrie seit dem XVI. Jahrhundert bis zum Eintritt der grossen
französischen Revolution vorzugsweise im südwestlichen Europa
genommen hat.
Gleichwie die Musik erst seit dem XVI. Jahrh. vornehmlich in
Italien und zwar von Rom aus unter dem Einfluss grosser Ton
meister, wie Palestrina, Allegri, Orlando di Lassus, den ersten
künstlerischen Aufschwung genommen hat, so begannen auch die
durchbrochenen spitzenartigen Weisszeugarbeiten (points coupes,
p. comptes, points enrelief) unter demselben bevorzugten Himmel
strich und zwar von Venedig aus gerade in derselben Zeitepodie die
engen Grenzen der mittelalterlich überlieferten Technik zu durch
brechen und eine seither ungekannte künstlerische Entwickelung
und Gestaltung zu nehmen, als hervorragende Künstler, wie Va-
vassore, Pagani, Calepino, Vinciolo und Andere es nicht unter
ihrer Würde erachteten, durch Entwurf der schönsten und viel
gestaltigsten Musterungen dieser jugendlich aufblühenden Kunst
industrie eine stilistische Form und ein künstlerisches Gepräge
zu geben. Sowie ferner im Verlauf des XVI. Jahrhunderts von
Rom aus durch die Meisterwerke namhafter Tonsetzer die Pflege
und das Studium der Musik durch ganz Italien, die Niederlande,
durch Deutschland und Frankreich sich allmählich verbreitete,