tion und Ekel war in gewisser Weise notwendig, um für seine
neue Kunst, die an die Tradition derTableaux anknüpfte, Raum
zu schaffen.
Obwohl McCarthy in erster Linie ein Performance-Künstler ist,
der sich zeitweise der Installation, dem Tableau und der Plastik
zugewandt hat, spielte auch die Malerei in seinem Werk stets
eine wichtige Rolle. Am Anfang von McCarthys Werdegang
fanden die großzügigen gestischen Spuren seiner Aktionen
eine Entsprechung in seinen Black Paintings (1967-68). Bei
diesen Werken trug der Künstler mit den Händen brennbare
Farbe auf seinen Körper auf, beträufelte diese mit Benzin und
zündete sie an. In den siebziger Jahren schuf McCarthy in einer
geschickten Parodie der Machismo-Attitüden Pollocks und
anderer Maler des Action painting Bilder mit seinem Penis. In
seiner neuesten Performance und dem dazugehörigen Video
Pa/nfer (1995), in der eine Figur in Kittel und Maske mit einer
übergroßen Rolle und Pinsel beim Action painting gezeigt wird,
macht er sich schließlich über Willem de Kooning lustig.
Die Werke von Rebecca Horn und Gordon Matta-Clark un
terscheiden sich grundlegend von den oft hemmungslosen
Performances von Bürden, Pane, Abramovic, Ulay und
McCarthy. In dem Jahr, in dem Acconcis erste reifere visuelle
Arbeiten entstanden, erholte sich Horn gerade von einer schwe
ren Tuberkuloseinfektion. Diese Erfahrung sollte ihr ganzes
Leben verändern. Ihre großen Plastiken aus Polyesterharz -
eine Technik, derer sich eine ganze Reihe von prozeßorien-
tiertern Künstlern bediente-wichen komplexen Arbeiten, die
sich mit dem prekären Gleichgewicht zwischen Leben und
Tod befaßten - ein Thema, das sie der Konfrontation mit ihrer
eigenen Sterblichkeit verdankte,“
In ihren Körperplastiken der späten sechziger und frühen sieb
ziger Jahre entwarf Horn eine Reihe von mechanischen Gerä
ten vj\e Arm-Extensionen (1968), die lebensnotwendige orga
nische Funktionen thematisierten. Ihr Ziel war “eine persön
liche Kunst mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern, da
interpersonelle Wahrnehmung nur in kleinem Kreis möglich
ist“.®5 Das Kleidungsstück, aus dem die Arbeit bestand,
wurde jeweils speziell für den Körper der Person gefertigt,
die es tragen sollte. 1970 entstand eine Reihe von pseudo
medizinischen Plastiken wie Oberströmer und Cornucopia,
Seance for Two Breasts, die sich mit Prozessen körperlicher
84 Ein Überblick über Horns Gesamtwerk findet sich in: Rebecca
Horn, Ausst.-Kat., Solomon R. Guggenheim Museum, New York
1993. Dieser Katalog enthält zwei Interviews mit der Künstlerin
von Stuart Morgan, Aufsätze von Germano Celant, Nancy
Spector, Katharina Schmidt und Guiliana Bruno sowie ein Werk
verzeichnis.
und sensorischer Aufmerksamkeit befaßten und mit denen
Horn ihre Achtung vor den biomechanischen medizinischen
Geräten ausdrückte, die ihr das Leben gerettet hatten. In Über-
strömer halten vier horizontale Bänder acht Röhrchen, die an
einem Glassockei angebracht sind, auf dem eine Person steht.
Durch diese externen Blutgefäße pulsiert Blut, das vom
Sockel hochgepumpt wird. Cornucopia bezieht sich dagegen
direkt auf die Krankheit, die Horns Leben so radikal veränderte,
und ähnelt einer schwarzen Lunge, die den Mund mit der Brust
verbindet. Diese Arbeit steht für den Wunsch der Künstlerin
nach einer innigeren Verbundenheit mit sich selbst.
In Handschuhfinger setzt sich Horn ebenfalls mit sensorischen
und motorischen Wahrnehmungsprozessen auseinander:
Das Werk besteht aus spitz zulaufenden Fingerverlängerun
gen aus mit Stoff bespanntem Balsaholz, die zum Fühlen,
Berühren oder Greifen von Gegenständen aus der Entfernung
dienten. In dieser Arbeit »intensiviert die Hebelwirkung der ver
längerten Finger die unterschiedlichen sensorischen Infor
mationen, die die Hand aufnimmt - die manuelle Aktivität wird
völlig neu erlebt. Ich fühle, wie ich berühre. Ich sehe, wie ich
greife. Ich kontrolliere den Abstand zwischen mir und dem
Gegenstand.“®® Im gleichen Jahr entstand auch Bleistiftmaske,
ein Werk, dessen Technik auf die Action painters und Gutai-
Künstler verweist. Es handelte sich um eine Performance, in
der die Künstlerin eine Maske trug, auf der Reihen mit
gespitzten Bleistiften so angeordnet waren, daß sie mit dem
Kopf malen konnte. In Aktion »Mechanischer Körperfächer«
(1972) führte Horn eine Reihe von axialen Bewegungen vor,
die durch einen halbkreisförmigen Fächer, der auf ihren
Schultern angebracht war, visuell noch verstärkt wurden - eine
erweiterte Version von Valie Exports geometrisch strukturier
ten Photographien ihrer Körperaktionen im Freien. In dieser
Serie von Performance-Plastiken, die aus Erweiterungen des
Körpers der Künstlerin bestanden und nur dann vollständig
waren, wenn sie durch Gebrauch aktiviert wurden, baute Horn
auf der Tradition auf, die Tanaka mit Electric Dress begonnen
hatte.
Gordon Matta-Clark erregte mit seinen Performances zwar
nicht soviel Aufmerksamkeit wie Rebecca Horn, befaßte sich
aber nach seinem Studium an der Cornell University von 1969
bis in die siebziger Jahre hinein mit plastischen Werken, die
84 Rebecca Horn in: Rebecca Horn: Drawings/Objects/Video/Films,
Ausst.-Kat., Kölnischer Kunstverein, Köln 1977, S. 24.
86 Ibid., S.41.