Yoko Ono, Painting for to Hammer a Nail (Bild zum Nageleinschlagen), 1961/1998.
Besitz der Künstlerin
Zügigkeit und partizipatorische Grundhaltung faszinierten.
Indem sie ihr Augenmerk eher auf die einzelne Geste als, wie
in Cages komplexen vielschichtigen Events, auf die Kombi
nation vieler Gesten richtete, kehrte Ono, ohne sich dessen
bewußt zu sein, zur Einfachheit von Werken wie Werk: Kiste
von Murakami zurück. Ono zeigte diese Arbeiten und beglei
tende Objekte in der Maciunas AG Galerie in New York im Juli
1961. Wie die Kunsthistorikerin Alexandra Munroe bemerkte:
»Wenn die Besucher in die Galerie kamen, führte Ono einen
nach dem anderen zu jedem einzelnen Stück und trug die Akti
ons- oder Partizipationsformen vor, die jeweils stattfinden soll
ten. Bei Smoke Painting wurde der Besucher gebeten, die Lein
wand mit einer Zigarette in Brand zu setzen und den Rauch
zu beobachten: das Stück war vollendet, wenn sich die Lein
wand in Asche verwandelt hatte. Time Painting und Painting
to See in the Dark mußten von der Imagination des Besuchers
vollendet werden, und in Painting in Three Stanzas wuchs eine
Weinrebe aus einem in die Leinwand gebrannten Loch her
aus und thematisierte Wachstum, Tod und Ewigkeit.«^' In der
Ausstellung »Instructions for Painting« im Sögetsu Art Cen
ter in Japan wurden ihre Arbeiten nur als schriftliche Texte
gezeigt. Die Instruktionen, die der Künstler Toshi Ishiyangai in
japanische Schriftzeichen übertragen hatte, bestanden aus
Überschriften, die von haiku-ähnlichen Anweisungen gefolgt
waren. So zum Beispiel: «Painting forthe Wind. Mach ein Loch,
laß es im Wind« oder «Painting to be Steppedon. Laß ein Stück
Leinwand oder ein vollendetes Gemälde auf dem Boden oder
auf der Straße liegen«.
Cut Piece, eine ihrer wichtigsten Arbeiten, wurde 1964 in der
Yamaichi Concert Hall in Kyoto uraufgeführt. Diese Perfor
mance war psychologisch und sexuell so aufgeladen, daß
Gustav Metzger über AI Hansen anfragte, ob Ono sie am »De-
struction in Art Symposium« in London im September 1966
aufführen wollte. Bei der Performance trug Ono ein elegantes
Cocktailkleid und forderte die Besucher auf, ihr die Kleidung
vom Leib zu schneiden, während sie ruhig auf der Bühne saß.
Cut Piece war von nachhaltiger Bedeutung für die kommende
Generation von Performance-Künstlern, vor allem für Marina
Abramovic, Ana Mendieta, Gina Pane und Barbara Smith: es
nahm die Körperarbeiten von Vito Acconci und Chris Bürden
vorweg. In den sechziger Jahren entstanden in Zusammen
arbeit mit ihrem Mann John Lennon Arbeiten wie Waris Over
(1969), die erstaunliche Beispiele dafür abgaben, wie Künst
ler die Presse manipulieren und sich selbst als medienwirk
same Figuren etablieren konnten. Was 1950 mit Pollock in Life
begonnen hatte, war nun im Begriff, weltweite Signifikanz zu
erlangen.
Hi Red Center bestand aus drei japanischen Künstlern - Gen-
pei Akasegawa, NatsyukI Nakanishi und JiröTakamatsu-, die
dem Fluxus zugenechnet werden können und sich im Mai 1963
zusammentaten. Der englische Name wurde von den ersten
Schriftzeichen der Nachnamen der Künstler abgeleitet (Taka-
matsu: high pine: Akasegawa: red rapids: Nakanishi: center
west). Wie Munroe beaobachtete: »Was diese Künstler ver
band (deren Zusammenarbeit bereits mehrere Monate ge
dauert hatte), war ihre Konzeption des Objet (ein Begriff, der
auf assemblageartige Objekte verweist) als Zentrum eines
Events, der Museumsmauern und Galerien überschreitet, sowie
ihre kompetente, links-politische Auseinandersetzung mit
den sozialen Ungleichheiten des modernen Japan.«® Für eine
Ausstellung im Tokio Metropolitan Art Museum (ein Vorläufer
des Museums of Contemporary Art in Tokio) bestückte Naka
nishi seinen Körper mit Hunderten von metallenen Wäsche
klammern - ein Akt der Selbstverstümmelung, der die Aktio
nen von Acconci, Bürden, Weibel und anderen Performance-
Künstlern der siebziger Jahre vorwegnahm. Dieser Event
beeinflußte auch die gleichzeitig entstandene Reihe von
Gemälden, für die Nakanishi Leinwände auf Tragbahren
spannte und mit Wäscheklammern versah. Akasegawa be
merkte dazu: »Durch die Erkenntnis, das es sich hier nicht
um Farbe, sondern um simple Alltagsgegenstände handelte,
hatten wir nicht die minimalste Trennung zwischen Malerei und
57 Alexandra Munroe (wie Anm. 16), S. 218.
58 Ibid., S.159.