Phantasie, sondern in der edelsten Wiedergabe der Natur, aus
dieser Quelle mußte er immer wieder schöpfen, er konnte na
hezu nichts ohne Modell malen, denn sonst schien ihm das,
was er gab, nicht wahr genug. Dadurch erlangten aber auch
seine Bilder eine Wirklichkeit und den hohen Werth, welcher
ihnen, moinor Uoborzougung nach, [wohl] stets verbleiben
wird. Daß Spitzweg wenigstens in seiner Jugend viele Natur
studien machte ist zweifellos, dann aber -trat [traten]die Phan
tasie und sein überaus liebenswürdiger Humor die Herrschaft
an. Für die launigen Einfälle, welche er hatte, mußte er sich
die Landschaften und Architekturen selber schaffen, ebenso
die Figuren, welche wohl die Hauptsache in seinen Bildern
sind, und das wußte er alles auch so zu bewältigen, daß die
Bilder, wie sie sind, helle Freude machen und es oinom gar
fHGht [kaum Jemanden] einfällt, nach etwas mehr oder weni
ger Naturwahrheit zu fragen. Die Bedeutung Spitzweg’s liegt
in seinem harmlosen, feinen Humor, in seiner lustigen Satyre,
die aus allem und jedem Bilde klingen. Das Treiben der alten
deutschen Kleinstädterei ee regte ihn besonders zu ungomoin
launigen Schilderungen dossolbon an. Er schuf sich von inter
essanten, malerischen, kleinen Häusern umrahmte Plätze
und Straßen, durch welche die nächtliche Schaarwache ziem
lich ungeordnet, aber von einem seiner Würde voll erfüllten
Führer geleitet, dahinhumpelte oder in denen bei Monden-
schein ein Verzückter seiner Verehrten ein Ständchen darbrin
gen ließ. Ober [Dann wie]die halbe Einwohnerschaft in ehrer
bietiger Bewunderung der alterthümlichen Staatskarosse
nachsah, welch den lieben Landesvater wieder entführte, der
sie eben mit seinem Besuche beglückt. [Aber]war es auch nur
ein Briefbote, der in seiner verschlissenen Uniform einem
schönen Kinde ein Briefchen reichte, ein zerlumpter Bettelmu
sikant, der [welcher], nachdem er sein Flötenspiel beendet, in
flehendster Haltung bat, daß man ihn dafür mit einer Gabe be
schenke, ja waren es noch viei kleinere Vorwürfe, er wußte Al
les so drollig liebenswürdig zu geben, daß diese Scherze Je-
boroiton worden-- [gefallen mußten und gefallen werden]
Rudolf von Alt
Mit unserem Altmeister, dem Prof. Rudolf Alt, wurde ich schon
vor Jahrzehnten befreundet; er kam zur Sylvesterfeier ebenso
wie Hansen zu meinen Familienabenden oder sonst zu dea
[meinen] Künstlergeseilschaften und war wegen seiner nie
versiegenden Laune und seinem sprudelnden Witze stets von
Allen freudig willkommen geheißen. Es ist geradezu bewun
derungswürdig, daß er sich solche Lebensfreudigkeit und die
sen heiteren Sinn stets bewahrte, denn es war reichlich Sorge
über ihn gekommen, so viel, daß dies manch’ Anderen dau
ernd bedrückt hätte. Er half seinem Vater Jakob Alt schon in
den frühesten Jahren bei der Anfertigung kleiner Landschafts
und Architekturbilder, welche derselbe für irgend ein Werk zu
liefern hatte, und heute noch sind diese Blätter des Sohnes
durch ihre größere Farbenfrische von jenen des Vaters sicher
zu unterscheiden. Ich besitze vom Meister Rudolf Alt nur ein
Ölbiid, aber gegen hundert Aquarelle und Handzeichnungen
aus allen seinen Perioden. In seiner Jugend hatte er thatsäch-
lich ein Adlerauge, so daß er z. B. die kleinsten Einzelheiten
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706 Aufsatz aus dem Dessertservice Nr. 168 „zum eigenen Gebrauch“
(s.S. 322); Glas mit Schliff und Schnitt, Siibermontierung (J. C. Klinkosch);
Höhe: 38.8 cm (WZ Vi, S. 47, Blatt D) (PSk 46)
706 Center piece from the dessert Service no. 168 (see p. 322); cut and en-
graved glass, silver mounting by J. C. Klinkosch; height: 38.8 cm (WZ VI,
p. 47,foiioD)(PSK46)
am höchsten Theüe des Stephansthurmes mit vollendeter Si
cherheit nachzeichnen konnte; bei seinen Aufnahmen von
Wien, von anderen Städten oder von Landschaften mit vielen
Häusern u. a. m. muß man die photographische Wahrheit be
wundern, mit der selbst das Nebensächliche wiedergegeben
ist. Bei der Rastlosigkeit, mit welcher er arbeitete, brachte er
immer so viele fertige Aquarelle zustande, daß dadurch der
Wiener Bedarf, auf den er leider beschränkt blieb, überdeckt
wurde. In früherer Zeit fertigte er auch eine Anzahl Oelbilder,
welche ob der Feinheit ihrer Ausführung besondere Anerken
nung verdienen, aber erst viei später richtige Würdigung fan-
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