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und in der dermaligen Gewehrfabrik ein provisorisches Schullocal ermittelt
und eingerichtet worden war, konnte die Anstalt am i5. October 1868
eröffnet werden.
An die vier Fachschulen waren die Professoren: Historienmaler
Ferd. Laufberger, Architect Joseph Storck, Bildhauer Otto König,
Blumenmaler Friedrich Sturm, an die Vorbereitungsschule der Historien
maler Michael R ieser berufen und auf Vorschlag des Aufsichtsrathes
der Professor Storck zum Director der Schule für die ersten zwei
Schuljahre ernannt worden. Dieselben Lehrer wirken noch heute an der
Anstalt. Nur hat bei der ausserordentlichen Frequenz der Vorbereitungs
schule an dieser noch eine zweite Professur creirt werden müssen, welche
dem Docenten für Perspective und Projectionslehre, Valentin Teirich,
verliehen wurde. Ferner haben bisher an der Schule Vorträge gehalten die
Herren: Architect Alois Hauser über Styllehre, Kunstterminologie und
Kunstgeschichte, die Professoren: A. Bauer, A. Ditscheiner, E. Lud
wig über Farbenlehre und Farbenchemie, Dr. Ludwig Bandl über Ana
tomie. Mit Beginn des Schuljahres 1871/72 hat Professor L au fber ger
das Directorat übernommen.
Machte sich während der ersten Zeit die grösstentheils ungenügende
Vorbildung der Schüler als Hemmniss beim Unterricht fühlbar, so wurde
dies Verhaltniss in demselben Masse günstiger, wie die Vorbereitungs
schule ihre Zöglinge an die Fachschulen abgeben konnte. Und schon die
kurze Zeit des Bestehens der Schule hat derselben die Genugthuung ver
schafft, dass ihre absolvirten Schüler als Musterzeichner, Modelleure oder
Zeichenlehrer allgemein gesucht werden.
Dagegen stellte sich auch sehr bald das Missverhältniss zwischen
dem vorhandenen Raume und dem Andrange zur Schule heraus. Bei
jedem Semesterwechsel mussten Anmeldungen in Menge zurückgewiesen
werden, obwohl bei der Vertheilung der Plätze in sämmtlichen Zeichen
sälen mit der äussersten Oekonomie vorgegangen wurde.
Ferner ergab sich die Schwierigkeit, dass einer sehr grossen Zahl von
Schülern die Mittel mangelten, um den Aufenthalt in Wien zu bestreiten;
und wenn auch die n. ö. Statthalterei in allen berücksichtigungswerthen
Fällen die Befreiung vom Schulgelde gewährte, so konnte damit die Gefahr
nicht beseitigt werden, dass vielleicht die talentvollsten und strebsamsten
Jünglinge durch ihre Mittellosigkeit vom Besuche der Schule ausgeschlossen
bleiben mussten. In Würdigung dieses Umstandes vereinigte sich im
März 1869 eine Anzahl von Freunden unserer Sache zu einer „Gesell
schaft 2ur Förderung der Kunstgewerbeschule”, deren Zweck
es laut §§. 1, 2 der Statuten*) ist, talentvolle Zöglinge der Schule durch
*) Siehe Beilage E.