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auch den hohen Stil der Oelmalerei, mythologische und historische
Stoffe, und begründet eine strenge Schule voll Einseitigkeit,
welche in den ersten Decennien unseres Jahrhunderts zahlreiche
aufstrebende Künstler anzieht, viele von ihnen jedoch, die der
herrschenden Schulmeinung sich nicht beugen wollten, wieder
abstösst. Der Historienmaler Füger wird am besten charakterisirt
durch das Bild „Cäsar’s Ermordung“, ferner durch die Gemälde
„Tod des Germanicus“, „Allegorie auf die Rückkehr Kaiser
Franz I. von Paris (1814)“ und das auch costümlich interessante
Porträt der Sängerin Theresia Saal. Man mag ihn manierirt
schelten; von Naturwahrheit hielt er sich fern, seine Technik
ist flach und kindlich; aber sein Compositionstalent ist be
deutend, seine Farbengebung kräftig und frisch. Um ihn schaaren
sich viele treffliche Meister und Mitarbeiter, so vor Allen der Bild
hauer Zauner, der Stecher Jacob Schmutzer, der Landschafter
Brand, die Porträt- und Historienmaler Joh. Baptist von Lampi,
Maurer, Cauzig und Josef Abel, der Verfertiger des uns allen wohl
vertrauten Vorhanges des alten Burgtheaters.
Auch Plastik und Architektur erhalten zu Beginn des Jahr
hunderts hier wie anderwärts vorübergehend streng classisches
Gepräge. In der Plastik zumal war man der Uebertreibungen des
Rococo satt geworden; fast widerwillig wendete man sich schon
im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts ab von dem Uebermaasse
an Bewegung, von der Wolkenplastik, von der süsslichen Verzückt
heit, von den widersinnigen Verrenkungen der Figuren. Schon
Raphael Donner geht mit natürlicher Vortragsweise voran, antiki-
sirende Richtung zeigen bereits die Schönbrunner Gartenfiguren
Beyer’s gegenüber den gespreizten Figuren Stanetti’s im Belvedere.
Für die Plastik war die Rückkehr zur Antike natürlicher als für
die Malerei, und dass man sich ihrer zunächt auf dem vorbilder
reichen classischen Boden Italiens erinnert, nur selbstverständlich.
Die Führung übernimmt Canova; er schöpft sein bestes Können
aus dem Studium des Vaticans, aber er ist kein Nachahmer, und
das stimmungsvoll Graziöse gelingt ihm besser als das Heroische.
Ein Meister der Technik, dringt er zugleich feinfühlig ein in die
Tiefen des menschlichen Gemüthes, und er verleiht Allem, was
er schafft, einen Hauch der Glassicität, den die Plastik des 17.
und 18. Jahrhunderts so schwer vermissen liess. Die Abhängigkeit
von dem Stile, den er zu überwinden sucht, kann er nicht ver-