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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 114)

 
7 Herwrg Zens, Brahms-Saul, 1969. Federzemhnung 
und Gruppenwesen figuriert. Dabei wird der Künst- 
ler mit seinem typischen, zum Skurrilen und Kari- 
katuristischen neigenden Strich, der stets aber nur 
Mittel bleibt zu dem von einer Idee geleiteten 
Zweck, zu einem - oft scharfen - Kritiker der 
Gesellschaft unserer Zeit. Van den zahllosen 
Spannungen, die sich auftun zwischen Mensch und 
Mensch, zwischen Mensch und Kollektiv, zwischen 
Mensch und Sachobiekt und letztlich zwisdien dem 
Menschen und einer Idee, finden manche bei Zens 
überzeugenden künstlerischen Ausdruck, wobei wir 
zum Teil recht eigenwilligen Verschlüsselungen und 
Interpretationen begegnen. Meist wird das mensdi- 
liche Sein, egebenenfalls unter Hinzuziehung auto- 
biographischer Momente, erst nach vielen Brechun- 
gen in den einzelnen Persönlichkeitsschichten sicht- 
bar, und derlei Spiegelungen, fremd und kaum 
kenntlich anmutend, erscheinen dem Beschauer dann 
nur noch als phantastische Komposition mit kaum 
erkennbaren Wirklichkeitsbezügen. 
Aber solches - meist unbewußte - Auf- und Ab- 
kreuzen in den bewegten und unabgrenzbaren 
meerweiten Bereichen zwischen Tag und Traum, 
zwischen Wirklichkeit und Uberwirklichkeit - ia 
selbst Unwirklichkeit - macht erst, die vollendete 
Handhabung des technischen Riistzeugs voraus- 
gesetzt, das eigentlich Künstlerische aus, zumindest 
für den, der in der Kunst einen Weg zu den dunklen 
Tiefen der Seinsfragen, zu den letztlich unenträtsel- 
baren Geheimnissen des Lebens sucht. 
Unter den Bildnissen dominieren die sogenannten 
Selbstporträts, die freilich infolge ihrer bis zu 
maskenhafter Unkenntlichkeit reichenden Fremd- 
artigkeit eher beklemmende Visionen einer fast 
schon utopisch anmutenden Welt als Spiegelungen 
der eigenen Persönlichkeit zu sein scheinen. Und in 
manchen Blättern erreicht die Ausdruckskraft des 
Grauens eine Dichte und Intensität, wie man sie 
seit den expressionistischen Schöpfungen der zwan- 
ziger Jahre nur selten gesehen hat. 
In den Gruppendarstellungen liegt fast durchwegs 
ein unüberhörbarer satirischer Ton, der sich bis zu 
heftiger Aggressivität zu steigern vermag. Publikum 
wird wiederholt Zielscheibe seines Sarkasmus. Der 
akademische Bereich mit all seinen Auswüchsen 
wird besonders scharf aufs Korn genommen, die 
Fragwürdigkeit politischer Agitotionen angeprangert 
und die würdevoll sich gebärdende Hohlheit so 
mancher abgelebten Institution ad absurdum ge- 
führt. 
In vielen Zeichnungen ist der Mensch nur ein Teil 
innerhalb eines kompositorischen Ganzen. In frü- 
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heren Blättern weist etwa manches ins Gebiet 
einer grotesken Anatomie, mit Totenschädeln, 
Skeletteilen, isolierten Gliedern und Sehnensträn- 
gen. In iüngster Zeit wieder nehmen architektoni- 
sche Elemente in wachsendem Maße einen immer 
breiteren Raum ein. Ja mitunter tritt der Mensch 
gänzlich zurück, und die Kulisse einer Stadt ader 
ein eindrucksvolles Bauwerk (gelegentlich mit spar- 
samer Andeutung von benachbarten landschaft- 
lichen Elementen) wird zum ausschließlichen Bild- 
inhalt. Eine Folge von interessanten Zeichnungen 
niederösterreichischer Burgen und Schlösser gibt da- 
von Zeugnis. 
In den Landschaftsdarstellungen aus der iüngsten 
Zeit finden wir in wachsendem Maße aquarellistische 
Elemente miteinbezogen, und das führt zu reizvoller 
Synthese von diffiziler Schwarzweißzeichnung und 
großflächig, großzügig gesetzter, im ganzen aber 
gemäßigter Farbigkeit. 
In der Druckgraphik ist Zens von Holz- und Linol- 
schnitten ausgegangen. Manches davon ist in Buch- 
form erschienen, als Beigabe zu lyrischen Texten, 
die dadurch eine treffende, doch sehr freie, von der 
Illustration im herkömmlichen Sinn weit entfernte 
graphische Ergänzung erfahren. Eine ähnliche Be- 
ziehung zum lyrischen Text zeigen auch die Radie- 
rungen des Mappenwerkes „Bahnhof der Hoffnung", 
interessante Arbeiten, die noch stark mit seinem 
individuellen Zeichenstil korrespondieren. Seit die- 
sen Anfängen gelangte er, im Erkennen und Nützen 
der verschiedenartigen technischen Möglichkeiten 
dieses Verfahrens, darin zu immer neuen graphi- 
schen Lösungen. Und hat er bisher seine Thematik 
im ganzen beibehalten, so weist im iüngsten Schaf- 
fen manches darauf hin, daB sich das in stetiger 
Arbeit erworbene tedinische Rüstzeug auch an 
neuen Anwendungsgebieten wird erproben wollen. 
Die Anfänge von Herwig Zens' skurril-phantastischer 
Kunst reichen bis ins Jahr 1960 zurück, doch hat er 
sich der Öffentlichkeit erst vor wenigen Jahren 
vorgestellt, mit vereinzelten Illustrationen in Zeit- 
schriften sowie durch einige Ausstellungen, die ihm 
die spontane Zustimmung eines größeren Publikums 
und der Kritik einbrachten. Daß sein Werk in- 
zwischen nicht nur in thematischer Hinsicht beträdit- 
liche Bereicherung, sondern auch manche Vertiefung 
und Verfeinerung erfahren hat, konnte man während 
einer im vergangenen Jahr in der Galerie Bosilisk 
in Wien stattgefundenen Ausstellung, die diesem 
Künstler gewidmet war, an Hand einer gültigen 
Auswahl seiner Arbeiten erkennen. 
PREISTRÄGER DES MULTIPLES-WETTBEW 
Helmut Gsöllpointner, Rupert Klima, Beri 
Cornelius Kolig, Jörg Schwarzenberger. 
BILDTEXTE ZU Tangenten '70 und Hans Knesl 
i Helmuth esei ointner, „Telescopeplastiw 
Vordergrund . asobiekte" von Tim Schröde 
2 Ernst lnsom, „Farbraulett" (rechts); im Vori 
win Reiter, .Himmlische Äpfel", rechts dah 
ätlle Schar landend'; links davon Jerrit Torn 
3. 
Nyrom, Obiekt 
Im Vordergrund eine Blechskulptur, .Symbo 
Hannes TUIßO 
Hans Knesl, „Gebeugte', 1970. Stein, H vs 
Hans Knesl, ,.Große Schreitende', wss. Bete 
Hans Knesl,.Relief in Scheibenfarm",'l968.G 
Hans Knesl, „Grofie Schreitende", 1970. ex; 
msiesoi zu
	        
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