MAK

Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Mufikalifche Inftrumente. 
17 
Seraphine, bald Aeolophon und Aeolomufikon genannt. Unter allen diefen Benen 
nungen hat gegenwärtig der Name Harmonium das Bürgerrecht gewonnen, und an 
ihn knüpft das letzte Stadium der Bildung, welche das Inltrument in feiner kurzen 
Gefchichte erreicht hat. Seine rafche Beförderung zu diefem Stadium verdankte in 
Wien das Harmonium zunächft D e u tfc h ra#nn, dann aber ganz insbefondere dem in 
diefem Jahre leider durch den Tod der Kunft zu früh entriffenen Titz. Der Erde hatte 
die Erfindung Häckel’s übernommen und diefelbe durch eine Einrichtung 
bereichert und vervollkommnet, mittelft welcher eine Befländigkeit in der Wind 
richtung und zugleich die Möglichkeit, die letztere durch zwei Druckbälge nach 
Belieben zu lenken, erzielt wurde. In Paris erwarb (ich Martin mit der bereits erwähn 
ten Percuffion, welche die Firma Alexandre weidlich auszunützen verfland, und neben 
ihm D ebain ein grofses Verdienft um diefes Itiftrument. Mit ganz befonderer 
Vorliebe cultiviren es gegenwärtig die Amerikaner. Sie haben ein ganz neues 
Syftem eingeführt, indem fie flatt der Stofsbälge, die bei uns üblich find, Saug 
bälge anwenden. Die Windflrömung erhält in Folge deffen die entgegengefetzte 
Richtung, welche natürlich auf den Ton zurückwirkt und diefem eine mildere 
Klangfarbe verleiht. Den erden fabriksmäfsigen Betrieb des Harmoniums im 
grofsen Mafsftabe rief in Deutfchland die Firma J. und P. Schiedmayer in 
Stuttgart ins Leben und hat für die Verbefferung und Verbreitung des Inflrumentes 
ungemein Erfpriefslich.es geleiflet. 
In derThat waren die Harmoniums am zahlreichften in der öfterreichifchen 
und deutfchen Abtheilung vertreten, und dürfte man aus der Anzahl der Firmen 
auf den Betrieb in den Ländern, denen fie angehören, fchliefsen, fo würden 
Oefterreich und Deutfchland die erfte Stelle einnehmen. So führte die öfter- 
reichifche Abtheilung drei Firmen vor, nämlich Titz, Deutfchmann, Klein, 
unter denen auf T i t z allein 9, auf die beiden andern 2 Inftrumente kamen. Aus dem 
deutfchen Reiche und zwar aus Stuttgart haben die Ausftellung befchickt: 
J. und P. Schiedmayer mit 6 Inftrumenten, Rietheimer mit 4, dann 
Ph. J. F r ay fe r & Comp, mit 3, Trefz&Feuchtl mit 1, E. Kraus mit 2, 
J. G. Gfchwind mit 2. Zu diefen gefeilt fich noch die Firma G. F. Stein 
meyer & Comp, aus Oettingen in ßaiern, welche 2 Harmoniums brachte. Deutfch 
land lieferte alfo im Ganzen 7 Ausfteller mit 20 Harmoniums. Aus Frankreich 
hatte fich nur A lexandr emit 6 eingefunden. Sehr bedauerlich ift es, dafs der geniale 
D ebain. wie es fcheint, verhindert war, ins von feinen neueften Leiftungen 
eine Probe vorzuführen. In der italienifchen Abtheilung haben nur die Gebrüder 
Vittino aus CentaRo (Cuxeo) 1, Mola Giufeppe aus Turin 3 derartige Werke 
geftellt. Die 3 Harmoniums, als deren Ausfteller Dr. Tub i Graziano im Kataloge 
figurirt, konnten wir nicht entdecken. Aus Schweden hat fich A. G. Wilgren 
in Stockholm mit einem kleinen Harmonium eingefunden. Ueberdiefs traf man 
auch noch im fchwedifchen Schulhaufe auf ein Harmonium, von gleichen Dimen- 
fionen. In der amerikanifchen Abtheilung repräfentirten fich die weltberühmte 
Firma Mafon & Hamlin mit 8 und E ft e y & Comp, aus Bratleboro (Vermont), 
mit ebenfoviel Harmoniums. 
Doch nicht allein an Quantität der Produktion ragen Oefterreich und 
Deutfchland gegenüber den angeführten ausftellenden Staaten auf diefem Gebiete 
hervor, fondern ihre Inftrumente dürfen auch im Grofsen und Ganzen, was Klang- 
wefen und Mechanik anbelangt, die höchfte Anerkennung beanfpruchen. Als wahre 
Mufterleiftungen empfehlen fich zunächft in der öfterreichifchen Abtheilung unter 
den Harmoniums von T i t z zwei Werke, deren eines nicht weniger als 7 volle 
Spiele mit einer einzigen Taftatur von 5 Oktaven aufweift. Die Percuffion ift 
nicht ifolirt, fondern, wie es die Regel mit fich bringt, mit der Flöte verbunden. 
Unter den 27 Regiftern befinden fich auf zweien Prolongements, ein grofses 
und ein kleines, das letztere in 4 Züge, 2 zur Rechten und 2 zur Linken, 
getheilt. Diefes Prolongement ift eine Erfindung, die man T i t z verdankt. Der 
Vortheil der Prolongements befteht darin, dafs der Ton forthallt, was namentlich 
2*
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.