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Seiten und lässt diese ganz unten mit einer scharfen Abrundung
gegen den Kiel zulaufen. Seine Absicht ist dabei, die bei dem
schnellen Fahren der jetzigen Schiffe (deren Spanten an dem
Vordertheile des Schiffskörpers heute bekanntlich die V Form
besitzen) beobachtete Tendenz, das Vorschiff zu heben, durch
Anwendung vollkommen verticaler Schiffswände abzuschwächen.
Der Erfinder gibt an, seine Formen an mehreren Booten erprobt
zu haben, wobei die Resultate so günstig gewesen sein sollen,
dass die brasilianische Regierung sich auf Grund derselben ent
schlossen hat, eben erwähnte Schaluppe nach diesem Systeme
bauen zu lassen. Wie bereits erwähnt, fehlen die wichtigsten
Grundlagen, um die Vorzüge dieses Systems richtig beurtheilen
zu können, und wir erwarten daher mit Interesse die Resultate
des Versuches im Grossen*). Uebrigens erscheint es schwierig,
mit solchen Formen günstige Stabilitäts-Verhältnisse zu erzielen,
und Vorsicht ist in dieser Richtung sehr nöthig.
Was nun das Schiffbauwesen an unsern heimischen Küsten
anbelangt, so hat sich daselbst ein sehr strebsamer Geist ent
wickelt, der diese Industrie gewiss zu einem raschen Aufblühen
gebracht hätte, wenn nicht drückende commercielle Verhältnisse
hemmend in den Weg getreten wären. Alle unsere grösseren
Etablissements haben sich in den letzten Jahren für den Eisen
schiffbau im grösseren Style vollkommen eingerichtet. Hier war
es vorzüglich die Gesellschaft des österreichischen Lloyd, welche
zunächst berufen war, das Eis alter Vorurtheile zu brechen und
einem Industriezweige, der längst in England und Frankreich
schwunghaft betrieben wurde, auch bei uns Eingang zu verschaffen.
Von der Werfte dieser Gesellschaft ist im Jahre 1865 der erste in
Oesterreich ganz aus Eisen gebaute grössere Seedampfer „Austria“
*) Wir entnehmen einer glaubwürdigen Quelle, dass die Versuche,
welche die brasilianische Marine mit den nach dem alten und nach dem
Carvalho’schen Systeme gebauten Schaluppen angestellt hat, zu Resultaten
geführt hatte, aus denen die wichtige Thatsache erhellt, dass der Unterschied
zu Gunsten der neuen Form mit der zunehmenden Geschwindigkeit des Schiffes
auch wächst.
Die Eed.
*