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Wir hoffen, dass dieses Beispiel nicht ohne Nachfolge bleiben werde, von
dem wir uns eine durchaus günstige Einwirkung auf die Beziehungen zwi
schen Arbeitgeber und Arbeiter versprechen. Die materielle Lage der
letzteren verbessert sich unter dem Einflüsse der ausserordentlichen Reg
samkeit im Geschäftsleben einerseits und mit Hilfe der Waffen, welche
das Coalitionsrecht ihnen liefert, fort und fort, für ihre Vor- und Fort
bildung wird in umfassender Weise Sorge getragen, und wenn nun ein
jeder Arbeiter das Bewusstsein haben kann, dass es nur von seiner Lei
stung abhängt, ob er in Zukunft ein namenloser Bestandtheil einer Ma
schine bleiben, oder ob für seinen Fleiss und seine Geschicklichkeit auch
ihm, so gut wie seinem Brotherrn, äussere Ehre zu Theil werden soll,
ohne dass er nöthig hätte, die Lasten und Sorgen eines eigenen Geschäftes
zu übernehmen, so glauben wir darin nicht allein einen Sporn für den
Einzelnen, sondern auch ein Befriedigungsmittel für den ganzen Stand zu
erkennen.
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Und nun, da wir mit diesen Bemerkungen dem Schlüsse des Aus
stellungsberichtes zueilen, ist es passend, einige Worte auch direct an
das Publicum zu richten.
Die Kunstindustrie in Oesterreich ist eine junge Pflanze. Ihre Ge
schichte reicht in wenige Jahrzehnte zurück. Sie hat keine historischen
Traditionen hinter sich, wie die Kunstindustrie in Frankreich, Italien,
in Belgien und am Rheine, wo Florenz, Venedig, Brügge, Antwerpen, Paris
Lyon, Limoges, Köln und andere Städte mehr schon in früh historischen
Zeiten Pffänzstätten grosser kunstindustrieller '[Tätigkeit gewesen sind.
Aus eben diesem Grunde bedarf aber diese junge Pflanze aufmerksamer
Pflege und jenes Schutzes von Seite des Publicums, welcher auf einer
wohlwollenden Stimmung und einem intelligenten Patriotismus beruht.
Es ist eine bare Thorheit, in Allem und Jedem von der Österreichi
schen Kunstindustrie heute schon das verlangen zu wollen, was man in
Frankreich, in Italien und in Belgien als die Frucht eines jahrhundert
langen kunstgewerblichen Ringens und Strebens betrachten kann. Und
vor Allem möchten wir davor unser Publicum warnen, dass es sich zu
sehr der falschen Bewunderung des Auslandes hingebe, und jener Nega
tion und Oppositionssucht, die, bei uns mehr im Schwünge als irgendwo,
viele Keime zerstört, Muthlosigkeit in die Reihen der Industriellen ge
bracht, und nirgendwo etwas Positives geschaffen hat.
Einen Factor im kunstindustriellcn Leben gibt es, zu dessen Pflege
und Förderung das Oesterr. Museum weder berufen noch berechtigt ist,
und dieses ist das, was man die »grosse Kunst« nennt.
Zur Pflege der grossen Kunst ist die Akademie der bildenden Künste
berufen, deren Reform wohl in dem Augenblicke schon eine vollendete
Thatsache sein wird, wenn sie in die neuen Räume einzieht, die zu
schaffen der Architekt Hansen berufen ist. Dort ist der Platz, wo das