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Zunahme der Leistungsfähigkeit der österreichischen Kunstindustrie, von
der wachsenden Einsicht in die Bedingungen ihres Gedeihens und ihres
Fortschrittes; —- das Gelingen der Ausstellung selbst ist ein glänzender
Sieg über den Pessimismus und die Negation der Gegenwart.
Dieser Fall hat wieder deutlich gezeigt, wie nothwendig es ist, das
Bessere zu wollen, die gewonnene Ueberzeugung mit Entschiedenheit fest
zuhalten, um auch der Theilnahme und des Beifalles Aller Jener versichert
zu sein, die an der siegreichen Macht der Ideen festhalten, die des Glau
bens sind, man müsse sich auch nicht durch widrige Zeitverhältnisse an
dem irre machen lassen, was man einmal für das Richtige und das An-
strebenswerthe auf dem Gebiete der Kunst und Kunstindustrie hält.
Sobald es in den betheiligten Kreisen bekannt wurde, dass sich keiner
von den leitenden Persönlichkeiten des Oesterr. Museums in der Organi-
sirung und Durchführung der kunstgewerblichen Musterausstellung irre
machen lässt, haben sich zahlreiche Künstler und Industrielle, Handwerker
und Fabriksbesitzer bestimmt gefühlt, sich diesen Bestrebungen des Mu
seums auf das engste auzuschliessen und nichts zu versäumen, was den
Erfolg der Ausstellung vaterländischer Kunstindustrie sichern könnte. Denn
das fühlten wohl die Besseren und die Denkenden unter den Ausstellern,
dass ihr einzelnes Durchgreifen der Sieg der österreichischen Kunstindustrie
in der öffentlichen Meinung, ihre Niederlage auch eine Niederlage der
ganzen Industrie sein würde. Und in der Wahrheit ist der glanzvolle
Erfolg dieser Ausstellung in erster Linie allen jenen hochbegabten und
muthvollen Producenten zu danken, die von dem ersten Augenblicke an
entschlossen, sich an der Ausstellung zu betheiligen, auch nichts versäumt
haben, um der Österreich. Kunstindustrie einen ehrenvollen Sieg zu sichern.
Von ganz unberechenbarem Vortheile aber war es gewesen, dass der
Kaiser gleich beim Beginne der Ausstellungsvorbereitungen, durch Zu-
weisen einer Summe von 5o.ooo fl. die Möglichkeit geboten hat, Werke
exceptioneller Art zu schaffen, Aufgaben zur Lösung zu bringen, die über
das Mass der gewöhnlichen Anforderungen hinaussteigen, und Gelegenheit
bieten, einen Höhepunkt der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Diese Kunst
objecte, welche auf diesem Wege geschaffen wurden, bilden, sozusagen,
den Gradmesser für die Leistungsfähigkeit unserer Kunstindustrie, und
werden gewiss für lange Zeit hinaus als epochemachende Erzeugnisse
unserer Künstler und Industriellen ihren selbstständigen Werth behalten.
E.
II.
Die Plastik.
(Kundtmann, Melmtzky, Rösner. — Antikisirende und naturalistische Richtung. - Pokorny,
Oppelt. — O. König und seine Schule. — Grödener Holzschnitzkunst. — Marmortechnik,
Francini, C. Vanni, Ohrfandl, Baron Löwenstern.)
Die Kunstindustrie hat zu allen Zeiten sowohl mit der grossen Plastik
b ühlung erhalten, als auch selbstständigen Talenten Gelegenheit geboten,