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gegangenen Traditionen deutscher Kunstthätigkeit im Gewerbe neu zu
beleben und die Lücken im kunstgewerblichen Leben auszufüllen.
Oesterreich war der erste Staat in Mitteleuropa, der von der Noth-
wendigkeit einer Reform der Kunstgewerbe durchdrungen vor fast schon
zwei Jahrzehnten ein Kunstgewerbemuseum und eine Kunstgewerbeschule
nach modernen Gesichtspunkten organisirt hat. Ihm folgte Baiern durch
die Gründung der k. Kunstgewerbeschule in München im J. 1868; die
Nürnberger Kunstgewerbeschule, früher halb Akademie, halb Kunstgewerbe
schule, erhielt im Jahre 1868 eine neue Organisation. Die meisten anderen
der gegenwärtig im deutschen Reiche wirkenden kunstgewerblichen Bildungs
anstalten sind jedoch erst nach dem Jahre 1870 entstanden. So wurde
die Kunstgewerbeschule in Leipzig im Jahre 1870, die Kunstgewerbeschule
in Dresden im Jahre 1876, die Kunstgewerbeschule in Carlsruhe im Jahre
1878, die Kunstgewerbeschule in Frankfurt a/M. im Jahre 187g, die Kunst
schule in Carlsruhe im Jahre 1878, die technische Anstalt für Gewerbe
treibende in Bremen im Jahre 1873 eröffnet. Die schon im Jahre 1772
gegründete k. Zeichenakademie in Hanau wurde im Jahre 1873 reorganisirt;
das Kunstgewerbemuseum in Leipzig von der gemeinnützigen Gesellschaft im
Jahre 1874 eröffnet, nachdem schon 1868 D. A. v. Zahn eine Vorbilder
sammlung für Kunstgewerbe gegründet, und im Jahre 1871 die k. Aka
demie und Kunstgewerbeschule reorganisirt, im Jahre 1878 in Magdeburg
eine gewerbliche Zeichen-, Kunst- und Kunstgewerbeschule, im Jahre 1879
eine Kunstgewerbeschule in Breslau gegründet; die k. Kunstgewerbeschule
in München hat im Jahre 1872 eine selbständige k. Kunstgewerbeschule für
Mädchen erhalten; auch in Stuttgart wurde der Kunstunterricht auf die
Kunstgewerbe ausgedehnt, und in Schwäbisch Gmünd und in Reutlingen
kunstgewerbliche Lehranstalten gegründet.
Diese wenigen Daten sind ein Zeichen der mächtigen Bewegung,
welche das deutsche Volk nach Beendigung des deutsch-französischen
Krieges auch auf dem Gebiete der Kunst und Kunstindustrie ergriffen hat.
Wie in Frankreich, Italien und in Belgien, so muss man auch in Oesterreich
sich darauf vorbereiten mit dem Factor zu rechnen, das deutsche Kunst
gewerbe schon in der nächsten Zeit auf dem Weltmärkte auftreten zu
sehen. Derjenige, welcher sich der Bedeutung dieser Thatsache verschliesst,
ist wohl kaum berechtigt, über kunstgewerbliche Fragen ein entscheidendes
Wort mitzusprechen. Wir halten es aber für eine patriotische Pflicht an
gesichts der Bestrebungen im Nachbarreiche, ohne alle Nebenrücksichten,
die Zielpunkte der modernen deutschen Kunstbewegung und die äußeren
Verhältnisse, unter welchen sich diese vollzieht, etwas näher zu beleuchten.
Nicht absichtslos wurde ursprünglich der 18. October 1881 als Er
öffnungstag des neuen Kunstgewerbemuseums in Berlin gewählt, nicht
absichtslos hat einige Tage später der deutsche Kaiser, umgeben vom Kron
prinzen, dem Hofe und den Würdenträgern des deutschen Reiches in
feierlicher Weise dasselbe eröffnet.
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