Wenn ich in den nachfolgenden Blättern von Oesterreich rede, so
verstehe ich Oesterreich im historischen Sinn als das Machtgebiet des
Hauses Oesterreich, mit welchem die österreichischen Kronländer, durch die
pragmatische Sanction vom Jahre 1713 zu einem untheilbaren und unzer
trennlichen Ganzen verbunden sind, welches jetzt offiziell die österreichisch
ungarische Monarchie genannt wird.
Wie im deutschen Reiche die kunstgewerbliche Bewegung alle deutschen
Länder und Stämme ergriffen hat, so gibt es jetzt unter den österreichischen
Völkern keines mehr, welches nicht bestrebt wäre, diese seine künstlerischen
Anlagen zu heben, und volkswirtschaftliche Interessen zu fördern, welche
auf einer gesteigerten Geschmacksbildung beruhen. Dass bei der hoch
gradigen nationalen Strömung der Gegenwart in Oesterreich Reibungen
mancher Art Vorkommen, darf uns im Oesterr. Museum nicht irre machen
an der Aufgabe, welche dem Museum zugewiesen ist.
Dass der deutsche Volksstamm in Oesterreich eine hervorragende
Stellung im österreichischen Cultur- und Gewerbeleben einnimmt, liegt in
der ganzen historischen Entwicklung des österreichischen Staates, die zu
verwischen in keines Menschen Macht liegt. Ein Volksstamm, wie der
deutsch-österreichische, aus dem Walther von der Vogelweide, Ulrich von
Lichtenstein und der Dichter der Nibelungen hervorgegangen ist und der
auf dem Gebiete aller Künste, der redenden wie der bildenden, die größten
Männer aufzuweisen hat, welche die deutsche Nation besessen hat, hat ein
volles Anrecht auch innerhalb des heutigen Machtgebietes der Monarchie auf
Anerkennung und Würdigung. Er braucht zur Anerkennung seiner Natio
nalität weder von der Spree noch von der Moldau eine besondere
Legitimation. Je gesicherter und unanfechtbarer die Stellung des Kunst
lebens des deutschen Volksstammes in Oesterreich ist, desto freudiger
müssen wir anerkennen, dass auch die romanischen, magyarischen und sla-
vischen Volksstämme jetzt beginnen, sich an dem modernen Kunstleben des
Reiches selbstthätig zu betheiligen.
Das Oesterr. Museum würde speciell sich und den österreichischen
Völkern einen schlechten Dienst erweisen, wenn es nicht mit aufmerk
samem Auge das verfolgen würde, was in dem durch enge politische Bande
verknüpften deutschen Reiche vorgeht. Aus diesem Grunde habe ich meine
Berliner Studien zu diesem Zwecke so eingeleitet, dass wir zum Nutzen
unseres Vaterlandes das verstehen und würdigen lernen, was im deutschen
Reiche vorgeht.
Es sind folgende Angelegenheiten, die mich beschäftigt haben:
Das Kunstgewerbemuseum und die Kunstgewerbeschule in Berlin.
Die Organisation der k. Museen.
Die volkswirthschaftliche Bewegung Berlins mit Rücksicht auf das
Kunstgewerbe.
Die Stadterweiterung Berlins mit Hinblick auf die Stadterweiterung
Wiens.