4
Überfangs und der Atzung ist in seiner künstlerischen und wirt
schaftlichen Bedeutung allen Kennern der Verhältnisse wohl
vertraut; doch wird die Ausstellung auch ihnen viel über
raschendes bieten, zumal in der Formengebung, welche das
moderne Glas in sinnvoller Übereinstimmung mit dem Bieder
meierglase zeigt, dessen Fortbildung zahlreiche neue Möglich
keiten des Gestaltens bietet. Eine Besonderheit der Ausstellung,
vor allem für den Sammler lehrreich, ist das Bestreben einiger
Glaskünstler Nordböhmens, altösterreichische Gläser der franzis-
ceischen Epoche täuschend nachzumachen; mit der Vorführung
dieser Gegenstände verfolgen wir die wohlerwogene Absicht
der Aufklärung und Mahnung. Neben das Kalikristallglas, das
in Österreich von jeher bevorzugt wurde und den Ruf des
heimischen Schaffens so stark beeinflußt hat, tritt nun das
schwere, brillante Bleikristallglas; wirtschaftliche Gründe sind
es in erster Linie, die den\C^unsch vieler Raffineure nach um
fangreicherer Herstellung des Bleiglases rege gemacht haben.
Ohne hier auf diese Frage näher cingehen zu wollen, die eine
Angelegenheit der Mode und eine rein wirtschaftliche Ange
legenheit ist, sei nur betont, daß es sich empfehlen dürfte, bei
genauer Abwägung aller einschlägigen Verhältnisse und Um
stände das eine zu tun und das andere nicht zu lassen. Das
Kaliglas zu verdrängen, ist weder ratsam noch dürfte es mög
lich sein, doch sollte je eher je besser das ernsteste Studium
auf die Fragen gelenkt werden, ob, wie und in welchem Um
fange bei uns das Bleiglas, mehr als bisher, neben dem Kali
glase zu pflegen wäre, das ganz andere Eigenschaften der Licht
brechung hat und einen anderen Materialstil. Schon daraus
geht hervor, daß Erwägungen, die sich auf Schulung und
Arbeitsqualifikation beziehen, hier sehr ernstlich hincinspielen.
Ein Kaliglasarbeiter wird auch im Bleiglasc arbeiten können,
einseitige Beschäftigung mit Bleiglas dürfte den Übergang zum
Kaliglas behindern. Aber es kann kein Zweifel darüber be
stehen, daß unsere Industrie gerade im Hinblicke auf die gegen
wärtige Lage recht daran tut, die Entscheidung in dieser Frage
mit Umsicht und Voraussicht zu betreiben.
Daß kaum ein anderer Zweig der Kunstindustrie und des
Kunsthandwerkes Österreichs so tief in das internationale