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unter den textilen Techniken, die zur Anfertigung dieser Costüm-
stücke und Tücher herangezogen wurden, muss vor Allem die Weberei
besprochen werden. Sie tritt uns in überwiegendem Maasse in Form der
einfachen Leinwandbindung entgegen. Einfache Leinengewebe bilden über
haupt die grosse Mehrzahl der Funde, und die übliche Bezeichnung der
alternirenden Kreuzung von Kett- und Schussfäden als Leinwandbindung
gewinnt hiedurch neuerdings unbestreitbare Berechtigung. Die einfachen
Wollgewebe sind dagegen nur zum geringeren Theile in der eigentlichen
Leinwandbindung ausgeführt. Die Mehrzahl derselben zeigt vielmehr die
Ripsbindung, die freilich nur eine Abart der Leinwandbindung ist, aber die
Kettfäden nicht zum Vorschein kommen lässt. Man bediente sich in diesem
Falle häufig leinener Kettfäden, da dieselben durch die wollenen Einschlag
fäden vollständig gedeckt wurden und daher das gleichmässige Aussehen der
Wollfläche nicht unterbrechen konnten. Es sei hier gleich bemerkt, dass
die Vorliebe für die Ripsbindung bei Herstellung der Wollgewebe ohne
Zweifel aus dem ausgedehnten und geschickten Gebrauche zu erklären ist,
den die Textilkunst jener Zeit von der Wirkerei zu machen wusste. Der
Vorgang der Wirkerei (minder richtig, aber gemeinverständlicher Gobelin
weberei genannt) ist eben dem Wesen nach nichts Anderes, als die einfache
Ripsbindung, wobei man nicht einmal mit Sicherheit die Unterscheidung
treffen kann, dass die einfarbigen Wollripse mittels des mechanischen Webe
schiffchens, die eingewirkten mehrfarbigen Verzierungen durch eine von der
menschlichen Hand unmittelbar geführte Wirknadel gearbeitet sind. Die ein
farbigen Wollripse zeigen nämlich vielfach nicht jene Gleichmässigkeit der
Textur, die man von Hervorbringungen des Webeschiffchens voraussetzen
möchte, und es steht mindestens so viel fest, dass auch in der Arbeit des
Webeschiffchens häufig die Nadel einspringen musste.
Wiewohl die Leinwandbindung in der Weberei, wie sie uns an den
ägyptischen Funden entgegentritt, weitaus die wichtigste Rolle spielt, so
waren doch auch complicirtere Bindungen damals nicht mehr unbekannt.
Unter den Funden von Sakkarah befindet sich ein Halbseidengewebe, dessen
blaue und rothe Seiden-Schussfäden mit der leinenen Kette zu siebenbündigem
Atlas verwebt sind. Dies mag vielleicht mit der Anwendung der Seide
Zusammenhängen, die — wie die an dieselbe anknüpfende Entwicklung
lehrt — überhaupt die Einführung complicirterer Bindungen im Gefolge
hatte. Aber eine beschränkte Anzahl freier Bindungen zur Herstellung ein
facher, meist geometrischer oder stark stilisirter vegetabilischer und ani-