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Volltext: Das gewerbliche Unterrichtswesen (Gruppe XXVI, Section 4), officieller Ausstellungs-Bericht

Das gewerbliche Unterrichtswefen. 
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exponirten Gegenftände durchaus für die Zwecke des Unterrichtes wohl 
berechnet. 
Ferner hatte Dr. Th. S ch u ch ar d t’s Fabrik in Görlitz eine Sammlung 
chemifch-technifcher Produde, Repräfentanten fämmtlicher Elemente, zum 
Gebrauche von Gewerbefchulen zur Expofition gebracht. 
Von preufsifchen Buchhändlern, welche Lehrmittel für den gewerblichen 
Unterricht ausgeftellt hatten, wären Wilhelm R o t h in Wiesbaden und Cohen 
undRifch in Hannover insbefondere zu erwähnen. Der Verlag der letzteren 
Firma war unter Anderem durch zwei Lieferungen „Flächenverzierungen des 
Mittelalters“ von dem um die deutfche kunftgewerbliche Bildung fo verdienten 
Herdtle und durch vier Hefte der bekannten Publication „Kunft und Gewerbe“ 
vertreten. 
An Lehrmitteln baugewerblicher Richtung hatte die königliche höhere 
Gewerbefchule zu Kaffel treffliche Modelle für den Unterricht in den Bauwiffen 
fchaften und in der Stereometrie, unter Anderem das Dach der Kirche zu Meldorf 
in Holflein, einzelne Holzverbindungen etc. exponirt. 
Mit den Tendenzen künftlerifcher Erziehung in Preufsen machte uns die 
königliche Unterrichtsverwaltung durch eine Auswahl aus den Unterrichtsvor 
lagen der Kunftfchulen in Berlin, Breslau und Erfurt bekannt. Von denfelben 
Lehranflalten kamen auch Sammlungen von Zeichnungen der Schüler aus je einer 
Claffe zur Ausftellung. 
Sonfl waren Schülerarbeiten von preufsifchen Gewerbefchulen auffallend 
fchwach und fchlecht vertreten. Die königliche Provinzial-Gewerbefchule in Saar 
brücken natte eine Anzahl fleifsig gemachter Zeichnungen—Köpfe und Ornamente— 
zur Ausftellung gebracht, in welchen der Charakter der Paradearbeit mit über- 
mäfsig ausgetüpfelter Schattirung allzufehr hervortrat. Die didaktifche Werth- 
lofigkeit folcher, dem Schüler koftbare Zeit raubender, auf das wenig urtheils- 
fähige, grofse Publicum berechneter Ausftellungsobje&e kann nicht oft genug 
betont werden. Dagegen konnte an der Saarbrückener Expofition die Anordnung 
gelobt werden, welche einen Einblick in den durchaus gut durchdachten Lehr- 
gang des Zeichenunterrichtes geftattete. 
Fein und genau ausgeführt waren eine Anzahl Zeichnungen der Schüler 
des Confervators des Mufeums W allraf-Richartz in Köln, Johannes Nie ff e n. 
Eine gewiffe antikifirende, kühle Glätte und ftrenge Stilgerechtigkeit bildeten 
den hervorftechenden Zug diefer nach plaftifchen Modellen, mit forgfältiger 
Abflufung der Töne verfertigten Arbeiten. 
Die vom Curatorium der höheren Webefchule zu Spremberg exponirten 
Schülerarbeiten erweckten die möglichft ungünftige Vorftellung von der 
Gefchmacksbildung der Leiter diefer Lehranftalt. Die leider auch andere 
Expofitionen verunzierenden gewebten Porträts hingen da gleich Prachtftücken 
an den Wänden. Ein nur aus dem riefigenDreimafte'r enträthfelbarer „alter Fritz,“ 
ein arg mifshandelter Bismarck, eine als „Germania“ bezeichnete weibliche 
Jammergeftalt und mehrere andere praktifche Illuftrationen zu einer Aefthetik des 
Häfslichen erinnerten hier an ähnliche, leider auch in den Aufteilungen einiger 
anderer Staaten vorgekommene Verfündigungen. 
Erfreulichere Eindrücke bereiteten die wenigen Ausftellungsobjede, 
welche die Fortbildungsfchulen Preufsens eingefandt hatteu. 
So gaben die vom Centralvorftande des Gewerbevereines für Nafsau aus- 
geftellten Zeichnungen der Handwerker-Fortbildungsfchulen Zeugnifs von der 
verftändigen Art, in welcher der Zeichenunterricht an diefen Inftituten ertheilt 
wird. Die in Mappen verwahrten Zeichnungen liefsen erkennen, dafs der 
Zweck des Unterrichtes in fchlicht reeller Weife verfolgt wird, und dafs nur 
die architektonifchen Zeichenvorlagen, welche etwas veraltet fchienen, forg 
fältiger ausgewählt werden follten; Schauftücke an den Wänden fehlten 
gänzlich. 
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