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Gruppe XV. Musikalische Instrumente.
nem im Jahre 1860 erfolgten Tode erhielten seine beiden ältesten
bohne, Adolph und Hermann, das in jeder Beziehung mit den vor
züglichsten Mitteln ausgestattete und ausgezeichnet renommirte Geschäft,
in welchem unter der Firma Schiedmayer & Söhne der Pianoforte
bau unablässig weiter betrieben wurde, während die beiden jüngeren
Sohne, Julius & Paul Schiedmayer, einer Harmoniumfabrik Vorstän
den welche sie nach gründlichen Studien in Paris und London und
nach Sammlung reicher Erfahrungen im Jahre 1853 selbst gegründet
hatten. Ha sie in den bedeutendsten Werkstätten der genannten Welt
städte selbst thätig gewesen waren und die damals als Muster geltenden
Harmoniums von Debain und Alexandre bis zum kleinsten Detail
genau kannten, so war es auch natürlich, dass sie zunächst die Systeme
der genannten Franzosen, welche früher den Weltmarkt in ihrem Fache
beherrschten, in ihrer Fabrik einführten und nach dem Vorbilde jener
eister bauten. Durch ihren rastlosen Fleiss gewannen sie sehr bald
Boden und bürgerten mit bewundernswerter Schnelligkeit das Harmo
nium, welches früher des schwächlichen Toncharakters wegen nur wenige
reunde in Deutschland zählte, in den süddeutschen Ländern ein. Bald
suchte die Firma J. & P. Schiedmayer Verbesserungen anzubringen,
weil ihr selbst die Unvollkommenheiten der französischen Bauart uner
träglich wurden. Zunächst richtete sich das Augenmerk der intelligenten
Besitzer auf die Herstellung eines edlen, vollen Discants, welchen man
durch das Mitklingen der höheren Octave nach Art der Orgelcopula
zu verstärken suchte, ohne jedoch die Uebelstände zu beseitigen Im
Gegenteil bemerkten die Herren J. & P. Schiedmayer, dass durch
r- ‘fn i VerMu ' en & ar niohts gewonnen werden könne, weil das zu
fünf Octaven dispomrte Instrument auf vier Octaven beschränkt werden
musste Nach vielen Versuchen und vergeblichen Experimenten gelang
es endlich den Meistern, einen markigen, vollen Ton ohne Beschrän
kung des Umfangs zu erzielen und die Register Flöte, Clarinette, Oboe
Glairon in grosser Vollkommenheit herzustellen, so dass hierdurch das’
Instrument zu wahrhaft künstlerischer Ausdrucksfähigkeit gebracht
wurde Für diese ganz wesentliche Verbesserung erhielten sie schon
im Jahre 1853 ein auf 10 Jahre ausgestelltes Erfindungspatent und
zwar auf die. eigentümliche Constrnction von Zungenwerkzeugen in
Gussrahmen in ganzen Octaven und ebenso auf die veränderte Con-
struction des Stimmstocks, die Erweiterung der Cancellen, d. h. der
sogenannten „Schallbecher“, und indirecte Zuführung der aus den Wind
reservoirs zuströmenden Luft.
Die Erzeugung des Tons sollte durch dieses Verfahren mehr eine
vermittelnde werden und ganz besonders durch die Herstellung von
ganzen aus Gussmessing gefertigten Octaven vermehrte Kraft Fülle
und grössere Festigkeit erhalten. Dem Verfertiger sollte es auch da
durch ermöglicht werden, die Bildung des Tons, durch mehr oder