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Volltext: Chemische Industrie, Wiener Weltausstellung Heft 20

Stassfurter Kali-Industrie. 
Von Dr. A. Frank 
in Stassfurt. 
Die Stassfurter Kaliindustrie umfasst trotz ihres verhältnissmässig 
kurzen Bestehens eine so bedeutende Reihe von Fabrikationen und hat 
auf viele andere Zweige der chemischen Technik einen so eingreifenden 
und umgestaltenden Einfluss gewonnen, dass eine ausführlichere Be 
sprechung des Ganges, welchen sie bisher genommen, und der weiteren 
Wege, welche ihr für die nächste Zeit vorgezeichnet sind, in mancher 
Beziehung von Interesse sein möchte. Obgleich bereits beim Erschei 
nen des Berichtes über die Londoner Weltausstellung von 1862 das 
Vorkommen und die Verarbeitung der Stassfurter kalihaltigen Abraum 
salze als beachtenswerth erwähnt wurden 1 ), hat doch erst das letzte 
Decennium einen selbst für unsere an schnelle Entwickelung gewöhnte 
Zeit überraschenden, Aufschwung dieser Fabrikation gebracht. 
Die Stassfurter Kaliindustrie benutzt als Rohstoff die grossen 
Lager von Mutterlaugensalzen — sogenannten Abraumsalzen—, welche, 
in einer Mächtigkeit von circa 30 m das Hangende des Stassfurter 
Steinsalzlagers bildend, einem ähnlichen natürlichen Processe ihre Ent 
stehung verdanken, wie es derjenige ist, nach dem Hermann und 
Balard und neuerdings Merle die Mutterlaugensalze aus den Sool* 
quellen und Seewassersalinen auf künstlichem Wege herstellten; Haupt- 
bestandtheile dieser Abraumsalze sind der Carnallit (KCl, MgClj -\- 
6 HjO) und der Kieserit (MgS0 4 -f- H 2 0), welche mit Schichten von 
mehr oder weniger reinem Steinsalz (Na CI) wechsellagern, daneben 
finden sich noch Taehhydrit (CaCl 2 , 2 MgCl 2 + 12H a O) sowie spora 
disch eingesprengt Boracit (2 (MggBgOis) -j- MgCL) und, allem An 
schein nach durch spätere erneute Einwirkung von Wasser in secun- 
därer Bildung entstanden: Kainit (K 3 S0 4 , MgS0 4 , MgCl 2 -f- 6 H ä O) 
und Sylvin (KCl) 2 ). 
*) A. W. Hofmann, Reports üy the Juries 47. 2 ) Frank, Ber. d. 
chem. Ges. 1868, 124.
	        
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