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Franken, Schwaben und der Mittelrhein waren überhaupt in
jener Zeit der Sitz des deutschen Gewerbefleisses, während
sich im Norden, in Lübeck, Hamburg, Magdeburg der Handel
mehr entfaltete. Die Metallbearbeitung und Weberei bildeten
die wichtigsten Zweige des Gewerbefleisses, wie beide auch
jetzt noch der deutschen Industrie den Charakter geben.
Silberbergwerke fanden die Römer schon in Nassau vor,
ebenso ist die Metallgewinnung im Bergischen und in West
falen , am Harz und in Sachsen uralt. Zur Fabrication von
Waffen und Rüstzeug bedurfte das kriegerische Volk der
Metalle. Iserlohns Panzerfabriken besassen im Mittelalter
eine grosse Bedeutung; die Cölnischen Schwerdter werden in
altfranzösichen Dichtungen gefeiert. Daneben wurde die Ver
arbeitung von eisernen und stählernen Werkzeugen und Haus-
geräthen nicht vernachlässigt. Eisenwaaren aller Art bildeten
zur Blüthezeit der Hansa einen wichtigen Ausfuhrartikel.
Die Tuchweberei, aus den Niederlanden stammend, hat
in den rheinischen und westfälischen Städten eine tausend
jährige Geschichte; Aachener Tuchfabrikanten, genannt ,,mer-
catores regii,“ besassen im 14. Jahrhundert zu Venedig und
Antwerpen grosse Lagerhäuser, ihre Fabricate gingen bis
Magdeburg und Messina. Ebenso alt ist die Flachsspinnerei
und die Leinenweberei. Ursprünglich nur eine häusliche Be
schäftigung für den Bedarf der Familie, gelangte sie im ge
werbsmässigen Betriebe während des 16. und 17. Jahrhunderts
zu grosser Blüthe und bedeutenden Ausfuhrumsätzen. Gleich
zeitig hatte die Seidenindustrie, von französischen Auswan
derern eingeführt, sich zu entwickeln begonnen.
Mit der politischen und wirtschaftlichen Zerrüttung,
welche der dreissigjährige Krieg für die deutsche Nation nach
sich zog, war für eine geraume Zeit diese gewerbliche Blüthe
gebrochen. Das Land verlor einen grossen Theil seines Han
dels , die Verkehrsstrassen für den Absatz seiner Erzeugnisse
nach dem Auslande und für die Industrie selbst die Fähigkeit
einer verjüngenden Entwickelung. Bis zu den Freiheitskriegen
hin vermochten die Gewerbe sich nicht wieder zu heben, ihr
Fortschritt ging auf in einer langsamen Ausdehnung des
Kleingewerbes von den grossen städtischen Centren auf die
kleinen Städte und das platte Land und von dem Westen
und Süden nach den östlichen Theilen des Landes. Die Zer
stückelung in immer kleinere Staaten, die sich gegenseitig
durch Zollgrenzen abschlossen, die wiederholten und schweren
Kriege, die geringe Sorge der einzelnen Staaten für die Mittel
des öffentlichen Verkehrs hielten im Handelsverkehr jede