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Seite 86 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 8 
Münchener Kunsthort. 
Aus München wird uns geschrieben: 
Unter dem Titel „Münchener Kunsthort“ ist 
hier ein Institut ins Leben getreten, das sich Ver 
wertung und Begutachtung von Kunstbesitz zur 
Aufgabe macht. 
Die Richtlinien werden, wie folgt, gekennzeichnet: 
Der Münchener Kunsthort ist ein gemeinnütziges 
Institut, das nicht mit der Absicht einer Gewinn 
erzielung arbeitet. Er dient sowohl der Beratung in 
allen Fragen des Kunstbesitzes wie besonders der 
Verwertung von solchem, insoferne er vom Besitzer 
veräußert werden will. Die Objekte werden in der 
Regel in Kommission genommen. Der Münchener 
Kunsthort übernimmt außerdem Auktionen und 
Schätzungen. 
Die Gemeinnützigkeit wird gewährleistet: 
1. Durch das Ärbeitsprogramm der Geschäfts 
führung, das folgende Bestimmungen enthält: a) Jeder 
Verkäufer hat das Recht, über den Verkauf seiner 
eingereichten Objekte einen vom Kuratorium be 
stätigten Buchauszug zu verlangen, b) Der Abzug der 
Betriebsspesen bemißt sich nach Marktfähigkeit und 
Wert der Objekte und wird bis zu 20% des Verkaufs 
preises betragen. Im übrigen erhält der Verkäufer 
den ganzen Betrag, der aus dem Verkauf erzielt wird, 
c) Auf besonderen Antrag werden auf die dem Kunst 
hort eingereichten Objekte Lombarddarlehen gewährt. 
2. Durch die Schätzungskommissionen, die sich 
aus unparteiischen, namhaften Kunstgelehrten und 
Sammlern zusammensetzt. Denselben liegt es ob, 
den Wert der in Kommission oder Auktion gegebenen 
Stücke festzusetzen, unter welchem zur Wahrung der 
Interessen des Besitzers das Stück nicht verkauft 
werden soll. 
3. Durch das Kuratorium. Dasselbe hat das 
Recht: a) die Vorlage sämtlicher Taxationen zu ver 
langen und auf die Zusammensetzung der Schätzungs 
kommission Einfluß zu nehmen; b) das Verhältnis 
der erzielten Erlöse zu den Taxationen zu überprüfen; 
c) die im Arbeitsprogramm festgelegte Geschäfts 
führung zu überwachen und gegebenenfalls eine Ab 
änderung dieses Programmes zu veranlassen; d) am 
Schlüsse des Geschäftsjahres über eventuell erzielte 
Betriebsüberschüsse im Sinne der Gemeinnützigkeit 
des Institutes und im Rahmen seiner Zwecke zu dis 
ponieren. 
Bezüglich der Eigentümer der Objekte wird in 
allen Fällen und in jeder Richtung strengste Ver 
schwiegenheit geübt. 
Dem Kuratorium gehören folgende Persönlich 
keiten an: Kultusminister a. D., Landtagsabgeordneter 
Dr. v. Knilling, Oberlandesgerichtspräsident Dr. v. 
Heinzeimann, der Direktor des Kunstvereines Hofrat 
Pixis, der erzbischöfliche Archivar Monsignore Doktor 
Hartig, Professor Georg Fuchs, Landtagsabgeord 
neter und Stadtrat K. Scharnagel, Archivrat und 
Landtagsabgeordneter Dr. P. Dirr und der Direktor 
der Deutschen Gewerbeschau 1922 Oberregierungsrat 
Dr. Götz. 
Als Experten wurden bisher bestellt: Kunstmaler 
Haßreiter, Privatdozent Dr. Hans Karlinger, 
Hofrat A. Pachinger (Linz), Hofrat Pixis, Professor 
Franz Wolter und Professor Franz Zell. Mit Wiener 
Sachverständigen steht der Kunsthort noch in Unter 
handlungen, wie auch für die einzelnen österreichischen 
Bundesländer Vertrauenspersonen aufgestellt werden 
sollen. Der Kunsthort beabsichtigt nämlich, nicht nur 
in Bayern, sondern auch in Wien und anderen Städten 
Deutschösterreichs, namentlich in Salzburg, Kunst 
auktionen zu veranstalten. 
Die estensischen Sammlungen. 
Die Sammlungen aus dem ehemaligen Besitz des 
Hauses Este, die nach dem Tode des letzten Herzogs 
von Österreich-Este, Franz V., dem Erzherzog Franz 
Ferdinand samt dem Titel zufielen, sind vor nahezu 
zwei Jahren in dem neuen Hofburgtrakte aufgestellt 
worden. Nun sind diese bisher der Öffentlichkeit 
nicht bekannten, reichhaltigen und in vieler Hinsicht 
sehr wichtigen Sammlungen von Hofrat Professor 
Schlosser vom Kunsthistorischen Hofmuseum und 
dem Kustos Dr. Planiscig museumsgemäß organisiert 
und werden jeden Donnerstag der Besichtigung zu 
gänglich sein. 
Der Eingang in das neue Museum ist vom Helden 
platz, die Sammlungen sind in. der durch drei Geschoße 
reichenden prunkhaften Oberlichthalle, im Parterre, 
auf der Galerie des ersten Stockwerkes und in den die 
Halle umschließenden Sälen desselben Geschoßes unter 
gebracht. Den Glanz der Sammlungen bilden die 
Skulpturen von der Antike bis in das 16. Jahrhundert, 
darunter viele hervorragende griechische Bildwerke — 
auch ein Stück vom Parthenonfries — ferner römische, 
frühchristliche, romanische, gotische, endlich hervor 
ragende Renaissancearbeiten, vorwiegend Bronzen ve- 
netianischer Herkunft. Durch das Kunstabkommen 
mit Italien, das uns die Nachkriegszeit beschert hat, 
sind auch hier leider empfindliche Lücken entstanden, 
der böseste Verlust ist der berühmte „Amor“ von 
Donatello, von welchem Meister noch ein rührend 
schönes Relief in reichem Marmorrahmen — Madonna 
mit Engeln - der Sammlung verblieben ist. Die Skulp 
turen sind eine willkommene Ergänzung der Bestände 
des Kunsthistorischen Museums. Die prähistorische- 
Abteilung umfaßt eine Menge von Gefäßen und Werk 
zeugen. Unter den Gemälden sind verschiedene inter 
essante Italiener vom 14. bis zum 18. Jahrhundert. 
Wohl ein Unikum, das nirgends seinesgleichen hat, 
ist die Sammlung von Musikinstrumenten, welche 
die Entwicklung der Instrumentalmusik, von den 
ältesten Zeiten im Morgen- und Abendlandc angefangen, 
darstellt. In einem prächtigen, weitläufigen Saale sind 
Meisterwerke und Kuriositäten auf das vorteilhafteste 
angeordnet. Es gibt hier tadellose gotische Streich 
instrumente, Prunkstücke, wie die der Kaiserin 'Maria 
Theresia gewidmete Geige aus mit Gold eingelegtem 
Schildpatt, mit figuralem Elfenbeinschnitzwerk, eine 
Veroneser „Lira da braccia“ aus dem Anfang des 
16. Jahrhunderts mit typischer Renaissancemaske am 
Griff, eine Sammlung Lauten etc. 
Neben den Bronzen und Marmorplastiken der 
italienischen Früh- und Hochrenaissance fesseln eine 
Gruppe prächtiger Robbien, darunter ein Majolika 
relief von Andrea della Robbia und mehrere große 
Stücke seiner Werkstatt, dann viele erlesene Schüsseln 
aus der Blütezeit der Industrie in Faenza und Urbino. 
Ein Saal enthält eine wertvolle Glassammlung, viel 
Porzellan des 18. Jahrhunderts und des Empire 
sowie andere kunstgewerbliche Kostbarkeiten; auch 
Miniaturen von bester Hand sind vorhanden.
	        
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