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Einleitung.
Als ich mich im besten Sammeleifer befand und eine
ziemliche Anzahl Schlüssel im Besitze hatte, sah ich gar zu
bald die Noth wendigkeit ein, auch Schlösser und Eingerichte
oder Gewirre in die Sammlung aufzunehmen, um die verschiedenen
Systeme, die Art und Weise der Verwendung des Schlüssels daran
zu erproben.
Die Schlösser sind ein integrirender Theil der Schlüssel
sammlung und dürfen als eine abgeschlossene Sammlung nicht
betrachtet werden, da dieselben manche Lücken in den ver
schiedenen Perioden aufweisen; immerhin war ich bemüht, ein
Bild der Entwicklung des Schlosses darzustellen.
Mit der Eintheilung und Gliederung der Schlüssel und
Schlösser nach Perioden war ich, wie eingangs bemerkt, auf
meine eigene Ueberzeugung angewiesen. Für einzelne Exemplare
gibt allerdings der Ort der Auffindung eine Art Zeitbestimmung,
die charakteristischen Formen des Griffes und Bartes, wie auch
die Bearbeitung geben bestimmtere Anhaltspunkte, jedoch lässt
sich in der Regel die Bestimmung der Anfertigung nicht auf
eine kurze Zeit einengen, es haben sich vielmehr bestimmte
Formen in der Ornamentation oft sehr lange Zeit behauptet,
so dass ich bei manchen Stücken die Eintheilung in die Perioden
nur annäherungsweise anzugeben vermag; besonders bei den
römischen Stücken musste ich Zeiträume von Jahrhunderten
annehmen.
Fast sämmtliche Stücke der Sammlung waren mehr oder
minder vom Roste angegriffen; dadurch war die eigentliche Be
arbeitung an den Gegenständen, die sehr charakteristisch und
sogar von besonderer Bedeutung ist, unkenntlich geworden, und
ich war gezwungen, daran eine kunstgerechte Reinigung vorzu
nehmen, um den Mechanismus, zarte Ornamente und die Be
arbeitung zur Geltung zu bringen. Zum Vergleiche verweise ich
auf Schloss Nr. 36, woran nur eine oberflächliche Reinigung vor
genommen wurde.
Die Schlüssel der römischen Perioden und die vom 10. bis
14. Jahrhunderte liess ich in dem Zustande, wie sie in der Erde
vorgefunden wurden ; durch die Procedur des Reinigens würden
sie nur noch mehr zerfallen.
Indem ich die Sammlung und den Katalog der OÖffentlichkeit
zur nachsichtigen Beurtheilung und einer wohlwollenden Aufnahme
übergebe, kann ich nicht unterlassen auszusprechen, dass mich
die geehrten Fachmänner zum aufrichtigsten Danke verpflichten
würden, wenn sie mich von etwa aufgefundenen Ungenauigkeiten
und Lücken in Kenntniss setzen wollten.
Wien, im Mai 1885.
Andreas Dillinger.