Das venetianifche Glas.
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Ganz anders verhält es lieh dagegen mit der Glasmofaik in Art dei byzan-
tinifchen Wandmofaiken, mit deien Reftauration und Nachahmung Salviati alle
feine fo erfolgreichen Bemühungen zur Hebung der venetianifchen Glasinduftrie
begonnen hat. Zwar, da es fich hier zunächft um Wandmalerei in grofsem, in
hiftorifchem Stile handelt, fo gehört diefe Mofaik eigentlich eher in das Gebiet
der reinen Kunft, als das der Induftrie; allein Salviati felbft trachtel, diefe Tech
nik, die in ihrer jüngften, kaum zwanzigjährigen Exiftenz bis dahin nur in
Kirchen oder Capellen Anwendung gefunden, nunmehr auch architektonifch
decorativ in Paläften und Wohnungen zur Verwerthung zu bringen. Und aller
dings ift es eine Decoration, ebenfo dauerhaft wie prachtvoll. Weder vermag
der Glanz der Farben in gleicher Weife anders erreicht zu werden, noch können
die Farben fielt verändern, da fie die Male der Würfel, aus denen das Bild fich
zufammenfetzt, durchdringen. Die Erweiterung, die Salviati diefer Technik
nach den Beifpielen auf unferer Weltausftellung zu geben trachtet, von dem
kirchlichen auf das bürgerliche Gebiet, von dem Figürlichen auf das Ornamen
tale, ift daher wohl berechtigt.
Uebrigens kennt, wie zahlreiche Beifpiele auf unferer Aufteilung zeig
ten, die Muranefer Fabrikation noch eine andere, mehr induftrielle Art der
Glasmofaik, und das ift die letzte Seite der venetianifchen Glaskunft, welche wir
zu befprechen haben. Schon die Alten, die Aegypter, Griechen und Römer, ver-
ftanden es, die verfchiedenen Edelfteine, die koftbaren wie die bunten Halb-
Edelfteine in gefärbtem Glafe zu imitiren und daraus gar verfchiedene Gegen-
ftände zu bereiten. Die heutigen Muranefer ftehen kaum darin zurück. Sie
benützen ihre Imitationen allerdings nicht oder wenigftens nicht in künftlerifcher
Weife zu Intaglios und Gemmen, wie die Alten es gethan, dagegen vielfach zu
decorativer Mofaik. Aus Glasplatten, die Aventurin, Lapislazuli und viele andere
Steinarten nachahmen, fetzen fie in geometrifchen Muftern Platten zufammen,
die als Tifchplatten dienen und in Karten und Cabinets die Füllungen bilden.
Solche Arbeiten waren fowohl von Salviati wie von anderen der genannten Fabri
kanten ausgeftellt. Das ganze Genre ift vom künftlerifchen Gefichtspunkt aus
nicht befonders hoch anzufchlagen. Es knüpft fich an eine Liebhaberei derKunft-
freunde, die erft feit der Mitte des XVII. Jahrhunderts Mode wurde und* auch
heute vom Modegefchmack nicht unabhängig ift. Als Nebenzweig mag man
immerhin fich das gefallen lallen; um wahrhaft verdienftvoll und auch bleibend
zu fein, follte fich die venetianifche Glasinduftrie vor allem an das halten, was
in ihrer Art edel und gut und, wenn möglich, auch brauchbar ift.