Polnische Bauernstickerei.
Schultertuch (Nationaltracht
Gemüter, einem naturfrisehen, unverbildeten Gestaltungstrieb
entsprungen und unbeholfen, wie sie scheinen mag, ist sie
dennoch durchaus organisch, den einfachen Werkzeugen und
wohl im Laufe der Zeit hochausgebildeten Techniken gemäß.
Sie ist naiver Naturalismus, indem sie alles dem Empfinden
gemäß ausdrückt. Sie ist aber zugleich Symbol, indem sie
in irgend einer Beziehung Liebe oder Verehrung ausdrückt.
Diese beiden Elementarkräfte liegen im Grunde aller dieser
Dinge. Sie sind darum gut, weil sie das Beste ausdrücken,
dessen der naive Künstler fähig war. Die meisten dieser
Sachen wurden eben geschenkt oder für das eigene Haus
und die eigene Festtracht hergestellt. Der Antrieb war also
gegeben, das Beste auszudrücken. Diese Arbeiten sind aber
auch aus einem dritten Grund absolut gut und vorbildlich,
weil sie die Werkzeug' und Materialsprache sprechen; die
Dinge zu verkünsteln, konnte der bäurische Künstler zu
wenig; um sie anders als treffend sicher zu gestalten, wi
sein künstlerisches Empfinden zu mächtig; so sind sie gi
worden als das, was diese Art Kunst immer sein soll, di
Ausdruck einer lebendigen volksmäßigen Kultur und ur
verbildeter, gestaltungsfroher Sinne.
Diese Kultur gehört allerdings schon der Halbvergangenhe
an, aber die Fähigkeiten sind darum nicht ganz erlöschet
wenn auch von äußeren Umständen gehemmt, die Ausübur.
vielfach unterbrochen worden ist. Nun setzt die Schule eil
die systematische Züchtung sogenannter Volkskunst durc
die erwähnten schulämtfichen Institutionen. Es ist der analog
Fall wie mit dem Kinde. Anstatt dort anzuknüpfen, wo ehe
aufgehört wurde, anstatt die Fähigkeiten, die entwicklung
fähigen Keime zu pflegen und weiter zu entfalten, wird mit gar
anderem, ganz Fremdartigem und Neuem begonnen, mit „kor
kurrenzfähiger“ Schundware, mit schwächlichen Stilerfindur