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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 2. Jahrgang 1905/06

Polnische Bauernstickerei. 
gen papierener Kunst und mit der Nachahmung fremder 
ungewohnter Erzeugnisse. 
Die Absatzfähigkeit, das wirtschaftliche Moment spielt, selbstver^ 
ständlich auch in der Volkskunst eine sehr wesentliche Rolle. Was 
ursprünglich für den eigenen Bedarf im Hause und am Kleide 
von kunstfleißigen Händen im Volke hergestellt worden ist, 
hat sich nach und nach als Handwerks- und im beschränkten 
Maße als Handelszweig herausgebildet, es wurde Hausindustrie. 
Aber immer noch lebt in der Hausindustrie der ungemessene 
Schatz technischer, handwerklicher und künstlerischer über' 
lieferungen, der durch Generationen getreulich überliefert 
worden ist. Es ist nun allerdings eine wichtige und keines' 
wegs mühelose Aufgabe, dieser Heimindustrie das zu geben, 
was sie zum Leben braucht, nämlich einen angemessenen 
Marktpreis. Es gehört aber ein unglaubliches Maß von Talent' 
losigkeit dazu, zu glauben, daß dieser volkskünstlerischen 
Heimarbeit dadurch zu helfen ist, daß man sie künstlerisch 
ruiniert und die schlechte Schablone sogenannter gangbarer 
Massenartikel an ihre Stelle setzt. 
Es gibt nur die eine Art von Entwicklung zur Konkurrenz' 
tüchtigkeit: die Pflege der Qualität. Die Qualität ist nicht zu 
erreichen durch Nachahmung fremder Muster, sie kann nur 
geschöpft werden aus den vorhandenen lokalen Voraus' 
Setzungen, aus den bodenständigen, durch Generationen ent' 
wickelten Veranlagungen der ursprünglichen Volkskratt, 
davon diese Ausstellung so überaus eigenartige, für die ver' 
schiedenen Provinzen und Gegenden charakteristische Proben 
ablegt Man erinnert sich dabei unwillkürlich an Japan. Japan, 
das aus einer ähnlichen Entwicklung volkstümlicher Kräfte 
seine eigenartige Kunst, die durchaus Volkskunst ist, entwickelt 
hat, die dem Lande seine Weltmarktstellung sichert. 
Es sind in dieser Ausstellung auch Proben von Nachahmungen
	        
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