DER KÜCHENGARTEN.
(SCHLUSS.)
an sollte auch das Karottenbeet im Spätherbst wohl
beobachten, da manche Blätter eine wunderbare rote
Färbung erhalten und sich zu Blumenarrangements
wohl eignen. □
Zu den Umbelliferoen gehören im Küchengarten auch noch die
Petersilie, das Kerbelkraut, der Fenchel und die Angelica.
Viele der Pflanzen dieser Familie besitzen einen scharfen, aro
matischen Geruch und Geschmack, der bei der Angelica und
dem Kümmel wohl am stärksten ist; die Verwandtschaft des
Geruches ist deutlich beim Kerbel, der Sellerie und der Peter
silie zu sehen. Auch bei der hübschen Myrrhe, die ihrer An
mut wegen in keinem Garten fehlen sollte; sie ist für eine
Frühlingspflanze sehr gross und hat reizende, fein geschnittene,
blassgrüne Blätter und wirklich hübsche Blüten. Sie ist die
wohlriechende „Süssdolde“ des altenglischen Gartens. □
Der Fenchel ist eine so hübsche Pflanze, dass er auch in dem
Blumengarten am Platze wäre; die kräftigen, verzweigten
Blütenstengel sind in solchen anmutigen Gruppen zwischen den
feingeformten Blättern verstreut, dass sie bei gutem Wachstum
wirklich schöner als die gigantischen, nordafrikanischen
Fenchelarten sind. Er ist natürlich nicht so gross; ich glaube
aber, obwohl ich im Garten kein Durcheinander liebe, dass der
gewöhnliche Fenchel nicht die verdiente Beachtung geniesst.
Ich habe mich erst vor kurzem davon überzeugt, wie gut er
sich im geschnittenen Zustande verwenden lässt, als ich in
einem Nachbarhause ein wunderhübsches Arrangement von
kräftigen gelben Fenchelblüten und spanischen Kastanien
blättern sah. □
Unter den Gartenpflanzen gibt es nicht viele Unbelliferoren.
Dazu gehört der grosse Heracleum, eine hübsche Pflanze für
einen kühlen, sumpfigen Ort, und der Eryngium, dessen Blüten
auf eine ganz andere Art als bei den anderen Pflanzen dieser
Art verteilt sind. □
Zu den Umbelliferoen zählt auch ein sehr schädliches Unkraut,
das Aegopodium, das wie eine kleine Angelica ausschaut und
riecht; wenn seine sich rasch verzweigenden Wurzeln aber ein
mal auf irgendeinem Flecke zu wuchern beginnen, sind sie fast
unausrottbar. □
Eine gute Zwiebelernte ist eine Freude für den kulinarischen
Winkel eines Gärtnerherzens, und ich finde die wenigen, zur
Aussaat zurückgelassenen grossen silberigen Samenkapseln, die
von den grossen Blütenstengeln mit der sonderbar fleischigen
Basis getragen werden, sehr malerisch. Die Schalotten stehen
reihenweise wie Soldaten da, so regelmässig und in so gleichen
Abständen voneinander wachsen sie, und ihre geraden, dunkel
grünen Blätter erinnern an gut gedeihende Jonquillen. Der
Schnittlauch ist eine zum Einfassen gut geeignete Pflanze, die
in dichten Büscheln wächst und deren feingewiegte Blätter im
Salat gut schmecken. Eine Reihe von Lauch ist ein hübscher
Anblick, sowohl wenn er wächst, als auch wenn er als Ge
müse angerichtet wird; er ist die mildeste Gattung der
Zwiebeln. Der wilde Knoblauch mit seinen weissen Blüten
büscheln und breiten, tiefgrünen Blättern, die so an das Mai
glöckchen erinnern, ist eine sehr hübsche Pflanze; er bildet in
den benachbarten Wäldern so schöne, grüne Flächen, dass ich
mich immer versucht fühle, ihn in meinen Garten zu setzen,
wovon ich nur durch sein starkes Wuchern und den unange
nehmen Geruch, den er bei der blossen Berührung oder auch
nur bei geringstem Wind ausströmt, abgehalten werde. □
Es gibt viele Abarten des Lauchs (Allium), die in Gärten ge
zogen werden; der bestbekannteste davon ist der gelbblühende
Allium Moly. Ausserdem gehört der Allium Neapolitanum
dazu, der zu den frühesten Frühlingsblumen zählt und eine
sehr schöne Abart mit einem grossen Stengel und einer runden,
schönen, blauen Blüte (A. azureum) besitzt, die aus Sibirien
stammt und nur selten anzutreffen ist. □
Auf den ersten Blick findet man zwischen Erdäpfeln und
Tomaten nicht viel Gemeinsames, und doch sind sie nahe ver
wandt, tragen dieselbe botanische Bezeichnung Solanum und
stammen aus derselben Gegend, und zwar aus dem Norden
Südamerikas. Es besteht auch zwischen ihren Blüten und teil
weise zwischen den Blättern eine Ähnlichkeit, und auch die
runden Beeren der Kartoffeln erinnern an die reifende Frucht
der Tomate. □
Viele Arten der Solanumgattung haben einen seltsamen und
etwas unangenehmen Geruch, der sich in den Tomatenblättern
und bei dem im Walde wachsenden Nachtschatten (Solanum
dulcamara) bemerkbar macht. Die Blätter und Stengel der
Tomate haben eine zarte obere Schicht, die sich bei der zar
testen Berührung ablöst. □
Im Süden Englands wächst die schöne Schlingpflanze Solanum
jasminoides, deren Blätter ab und zu ein bronzefarbiges
Schwarz annehmen, das sich von dem zarten Weiss der Blüten
wundervoll abhebt. Der Solanum crispum ist ein grosser Strauch
unserer südlichen Gegenden, der im April und Mai mit reichen,
lavendelblauen Blütentrauben bedeckt ist. Mit den Solanums
sind die Daturas verwandt, die für ein kühles Gewächshaus
geeignet sind und im Sommer in Kübeln draussen stehen
können. □
In diesen durch einen Rundgang durch den Küchengarten an
geregten Bemerkungen habe ich nur die hervorragendsten der
darin enthaltenen Pflanzen hervorzuheben und zu zeigen beabsich
tigt, wie mein Interesse für dieselben durch die Erinnerung an
ihre Herkunft, Entwicklung und an ihre Verwandtschaft unter
einander und mit anderen Gartenblumen und wilden Pflanzen
hervorgerufen wurde; sie können aber auch noch von einem
anderen Standpunkt betrachtet werden, den ich immer einzu
nehmen bestrebt bin. Er besteht darin, dass sie, wenn es nur
irgend möglich ist, in einer malerischen und wohlüberlegten
Weise gepflanzt werden sollten, wie ich es zum Beispiel bei
der Beschreibung des Ziehens von Bohnen an Stangen erwähnt
habe. Eine von diesen Pflanzen, und zwar die Kürbisgattung,
kann mit Erfolg zur Überwucherung unscheinbarer Hügel und
Gräben oder als eine zeitweilige Schutzwand und eine Ver
kleidung von hohen Scheunendächern verwendet werden. Auch
eine andere Abteilung des Gartens sollte gepflegt werden, und
zwar ein Beet von feinen Kräutern. Es sollten sich darin zwei, drei
Exemplare von Nelken, Thymian, Kerbelkraut, Estragon,
Salbei, Melisse, Majoran, Fenchel, Suppensellerie und Peter
silie, Gurkenkraut, Minzen und eine Magnolie befinden. □
Es ist viel besser, wenn die Köchin sich das Bukett für eine
feine Suppe oder Sauce zusammenstellt, indem sie sich die
dazu gehörenden Ingredienzien selbst frisch pflückt, wobei die
kleinen Pflanzen in ihren Augen ein lebendiges Interesse gewinnen.
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