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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 23
der Metalltreibarbeit und der Zinngießerei ergänzen das i
Bild eines auf hoher künstlerischer Stufe stehenden Haus
wesens. Von alledem weist die Qieldzinskische Samm
lung ausgezeichnete, mit Glück und Verständnis gewählte
Beispiele auf. Und doch gründete sich ihr weitverbreite
ter Ruf noch mehr auf die den Zünften und Innungen
eigenen Sinnbilder, Abzeichen und Gebrauchsgegenstände, j
Fachzeitschriften zu lesen, mag nicht jedermanns Sache
sein, hier konnte der Besucher wie in einem offenen
Lehrbuch durch eigene Anschauung mühelos das bürger- j
Männer« ist dem Sammlerspezialisten besonders wert,
ihre Modellschiffe sind begehrte Schaustücke.
Aus den Schießübungen der Bürger zur grünen Maien
zeit, den Schützenfesten, sind vier stattliche Ketten mit
Herrengaben vorhanden. Besonders würdig nehmen sich
die beiden Schützenketten der schwertfesten
Harnischmacher von Thorn aus. Das auf den
Stufen der Kunst schaffende Gewerbe der Zinn- und
R o t g i e ß e r führt uns zu den Edelschmieden. Die Hohl
spiegelblaker und Lichtkronen, Prunkschüsseln, Fisch-
Fig. 1.
Alt-Danziger
liehe Leben und die Zunftgebräuche vergangener Zeiten
kennen lernen,
Das frisch pulsierende Leben nimmt in dem Kultur
bilde des 17. und 18. Jahrhunderts einen breiten Raum
ein. In der Vielseitigkeit der Gieldzinskischen Sammlung
fallen diese mit dem bunten vielgestaltigen Zunftgetriebe
in unmittelbarer Beziehung stehenden Gegenstände be
sonders auf. Bei ihrer Erwerbung waltete eine außer
ordentlich glückliche Hand, und so gehören sie zu dem
Besten, wa,s die Sammlung bietet. Der »Willkomm der
Elbinger Fischerinnung« ist ein besonders interessantes
Stück. Daß ein Holzpokal die Erinnerung an das Eborner
Blutgericht von 1724, dem der Bürgermeister Johann
Roesner zum Opfer fiel, aufbewahrt, dürf + e bisher nicht
bekannt gewesen sein. Die Zunft der »seefahrenden
Fig. 2.
Schränke.
eiiner, Becher und Kassetten erinnern an die Blütezeit
des Gewerbes, als ein Künstler wie Michael Weinholt
(1562) Aeltermann war und die Rotgießerfamilie B e ri
tt i n g k länger als zwei Jahrhunderte in Danzig blühte.
Die Edelschmiedekunst früherer Zeiten ist mit
sehr bemerkenswerten Arbeiten vertreten. Bei der über
ragenden Stellung Danzigs war hier der Mittelpunkt des
Kunstschaffens in Westpreußen, neben dem nur noch
Thorn, Elbing, Marienburg und Königsberg zu nennen
sind.
Erkannten wir die Gotik als die Vergeistigung des
Stofflichen, als den Sieg der kühnsten Gestaltungskraf 1
über das starre Gestein in der künstlerischen Darstellung
der statischen Kräfte und Spannungen, der Bildhauer
kunst der nordischen Renaissance blieb es Vorbehalten,