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Internationale Sammler-Zeitung.
Rümmer 5.
Bibliophilie.
(Diebstahl einer handschriftlichen Bibel.) Über den
Diebstahl einer alten tnerfnollen handschriftlichen Bibel wird
uns aus münchen geschrieben: Hm 20. d. rourde non einem
Transportiragen einer hiesigen Speditionsfirma ein Gepäcksstück
gestohlen, das eine auf etma 10.000 mark bewertete handschriftliche
Bibel französischen Ursprungs, angeblich aus dem 15, Jahrhundert,
enthalt. Die Bibel ist in lateinischer Sprache auf 510 Pergament
blättern geschrieben und enthält gemalte alte illiniaturen, die bib
lische Begebenheiten darstellen und 17 gemalte Initialen.
(Die Bibliothek des Schah uon Persien.) Das russische
Finanzministerium erhielt uon seinem Agenten in Teheran die
ITlitteilung, dafj die Bibliothek des Schah allmählich zu Preisen
uerkauft wird, die weit unter der mäßigsten Einschäßung stehen.
Die Bibliothek enthält seltene Handschriften persischer und indo
persischer Schulen. Finanzminister Ostrogradsky in Teheran
ertuarb sofort eine Sammlung uon Bildern aus dem Ende des
16. Jahrhunderts. Wie uerlautet, boten die Engländer für die ganze
Sammlung uon Bildern und Kunstblättern 70.000 Tymares. Der
Finanzminister schlug nun der Akademie der Wissenschaften in
Petersburg uor, ob sie nicht die günstige Gelegenheit zur Erroer-
bung der Kunstschäße ergreifen wolle, beider fehlt es der Akademie
an mittein dazu. Vielleicht übernimmt die kaiserliche Eremitage oder
die öffentliche Bibliothek den Ankauf.
Bilder.
(6in bisher unbekannter Rembrandt in Wien.) Ein
prachtuolles, bisher unbekanntes Frauenbildnis Rombrandts gelangte
aus England in den Besiß uon max Ritter uon Gutmann in Wien.
Es ist das Brustbild einer fast Vierzigjährigen in blaugrünem
Kleide mit brauner Pelzuerbrämung und gelblich meinem gestickten
Einsaß. Um das braune, ins Rötliche spielende Haar ist ein oliu-
braunes Kopftuch geschlungen, in der mitte uerziert durch ein
dunkel goldenes Geschmeide. Ein durchsichtiger Schleier fällt auf
die Schultern herab. Ein grünlichbrauner Ton waltet in dem ganzen
Bildnis, das sich kräftig uon oliogriinem Hintergründe abhebt;
bei näherem Zusehen aber entfaltet sich der ganze farbige Reich
tum uon Rembrandts mittlerer Zeit. Auf der Rückseite befindet
sich die spätere Bezeichnung und Datierung 16 9, die wohl die
Entstehung des kostbaren Porträts richtig angibf.
(Ein bisher unbekannter Böcklin) wurde nom Kunst
händler £. Zaeslein (Berlin) in süddeutschem Priuafbesiß entdeckt.
Es ist eine kleinere Variation zu der „Pieta“ uon 1875 in der
Berliner llationalgalerie. Von diesem Bild nahm man bisher an,
daß es das einzige sei, in dem der lAeister den Pietä-Gedanken
in dieser Weise behandelt. Wie Dr. Kern uon der llationalgalerie
darlegt, übertrifft die aufgefundene Arbeit koloristisch in hohem
lllaßc das große Bild. Ihre färben haben die denkbar größte
Ceuchtkraft. Interessant ist, dafj auf dem Bild die Spuren eines
übermalten Palmenzweiges sich finden, den Böcklin dem nieder
schwebenden Engel beizugeben oersucht hatte, Von diesem Versuch
spricht er in einem noch erhaltenen Brief an Direktor Jordan.
(Wilhelm Busch in der Berliner Rationalgaleri e.)
Von den Werken des großen Humoristen hat die Berliner llütional-
galerie eine ganze Reihe erworben, darunter eine Ölstudie „Der
Widerspenstige“, dann eine Anzahl uon Zeichnungen: fünf Tusch
zeichnungen zu „der Sack und die IHäuse“, elf Bleizeichnungen
zu „Die drei Räuber“ oder „Die kühne Ulüllerstochter“ und 45 Blei
zeichnungen zu „Hans Huckebein, der Unglücksrabe“.
(Ein neues Wandgemälde Klingers.) Aus Ceipzig wird
uns geschrieben: Klingers neues Wandgemälde für die Aula der
Uniuersität, das zum fünfhundertjährigen Jubiläum der Hochschule
ausgeführt werden soll, geht der Vollendung entgegen. Das Bild,
an dem der Künstler seit drei Jahren mit kurzen Unterbrechungen
gearbeitet hat, wird uon korinthischen Pilastern flankiert. Es
zerfällt in zwei Teile mit uerschiedenen ITlotioen. Auf der linken Seite
trägt Homer den Griechen seine Gesänge uor, aut der rechten ue
körpern Plato und Aristoteles die Philosophie.
Bronzen.
(Eine Schenkung Pierpont ITT Organs.) Aus fondon
wird berichtet: Die mertuolle Sammlung alter Bronzegegen
stände, die als Sammlung Greenmell bekannt ist und die Pierpont
ITlorgan dem Britischen llluseum als Geschenk überwiesen hatte,
ist jeßt in der prähistorischen Abteilung aufgestellt worden. Zu
den interessantesten Stücken gehört eine große chinesische Speer
spitze, die am Schaftansaß eine altchinesische Inschrift zeigt. Die
Waffe diente offenbar zeremoniellen Zwecken und wurde im zweiten
Jahr der Schang-tluan, 761, gefertigt; sie war Eigentum Schih
Tschao-i, des Sohnes uon Schih-Ssu-ming, der eine Rebellion gegen
den Kaiser Su-Tsung anzettelte und 761 getötet wurde. Bemerkens
wert ist auch eine prachtuolle kupferne Axt, deren Schaft noch
erhalten ist. Sie wurde in dem Grabe des nekht zu El Gurna in
der Flöhe uon Theben gefunden. IJekht war einer der berühmtesten
feldherren aus derZeit Ramses III. Durch die feinheit ihrer Arbeit
fallen auch eine Reihe bronzener lanzenspißen und andere Geräte
auf, die bei Abu Schuscheh, der Stätte der alten Philisterstadt
Gezer aufgefunden wurden. Die Sammlung enthält auch eine Reihe
sehr interessanter altbritischer Degen und Dolche, sowie kostbare
keltische Bronzegeräfe, die zum größten Teil auf den britischen
Inseln, in Frankreich und in Deutschland gefunden wurden.
Heraldik.
(Dichterwappen.) Wir lesen in den Ceipz. n, Itachr.: Als
Geheimer Hofrat, Ritter uon zwölf Orden, Halskreuzen und Sternen
und als Edelmann ist Rudolf u. Gottschall gestorben, dereinst
reuolutionärer Gesinnung wegen uon der Uniuersität Breslau uer-
wiesen wurde. Kaiser Wilhelm I. war es, der dem Dr. Karl
Rudolf Gottschall uon Gastein aus am 21. Juli 1877 den preußischen
Adel oerliehen: „Jn Würdigung seiner Verdienste auf dem Gebiete
der deutschen literatur“. Sehr merkwürdig ist der Versuch aus
gefallen, in dem Wappen des Dichters eine Charakteristik seines
Berufes zum Ausdruck zu bringen. Der senkrecht geteilte Wappen
schild zeigt nämlich links in Blau eine goldene mit Corbeer um
wundene £yra — rechts in Rot die aneinandergelehnten ITlasken
der Komödie und Tragödie, hinter denen ein Dolch und ein goldener
Thyrsussfab sich kreuzen Bunter und bilderreicher noch nimmt
sich das Wappen aus, das der kunstsinnige Herzog Georg uon
UJeiningen Friedrich Badenstedt, seinem Hoftheaterintendanten,
schenkte, als er seinen llamen am 20. Januar 1867 um das Wört
chen „uon“ uermehrte. Badenstedts Wappen wirkt wie eine Illustra
tion zu seinen gesammelten Werken. Da steht in blauem Schilde
auf goldenem Wasser ein goldener Schwan, als „Sinnbild des
Gesanges“ (so heißt es im Diplome). Der Helm trägt drei hohe,
goldig überstrahlte „Berge des Kaukasus“, hinter denen die „gol
dene Sonne des UJargenlandes“ aufgehf, und quer über den Helm
zieht sich ein blaues Band mit der goldenen Aufschrift: „Die
£ieder des ITlirza Schaffy“. Da ging man denn doch früher etwas
einfacher und bescheidener zu Werke. Das Wappen Johann Gott
fried Herders, den Kurfürst Utax Josef uon Pfalzbayern am
8. Oktober 1801 adelte, zeigt auf rotem Hintergründe nur einen
über grünen Rasen schreitenden weißgekleideten Schäfer, das heißt
Herrenführer, Herder. Hier könnte man höchstens an eine Hin
deutung auf das geistliche Amt des Dichters des „Cid“ denken. Das
Wappen, das Goethe am 22. Juni 1782 mit dem Reichsadel bekam,
hat mancherlei Auslegung erfahren. Es besteht aus einem silbernen
Sterne im blauen, silbergeränderten Schilde, und man darf annehmen,
daß der Stern als das Symbol des allbeherrschenden Genius des
größten deutschen Dichters angesehen werden sollte. Schillers
Wappen enthält in quergeteiltem Schild oben in Gold ein silbernes
Einhorn, unten in Blau einen goldenen Balken. lTur der Helm,
der wieder das Einhorn trägt, uerrät durch einen um die Adels
krone gewundenen Torbeerkranz eine persönliche Beziehung des
Wappens zu dem Empfänger im übrigen ist es kein anderes
als das der alten, im XVII. Jahrhundert erloschenen Tiroler Adels-