Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 226
Ilummer 15
Sicherheit des Geschmackes in ihrer farbenmirkung abge
stimmt sind auch die Seidenstickereien. Dauon werden
ganze Säcke ooll an Bord gebracht und die manigfachen
Borten und Kleiderbesäße sehen frisch und lebhaft aus,
obzwar sie eigentlich antiquarische, das heißt bereits ge
tragene und non den Damen abgelegte, Stickereien sind.
Ganz nett in ihrer farbenmirkung und uor allem sehr
billig, sind die oon chinesischen Ulalhandwerkern aufs
Schiff gebrachten Wasser- und Ölmalereien; meist ITlarine-
stiicke und in der Art der Heapolitaner Ulaccaronimaler
hergestellt. Aber, alles sehr einförmig.
Ganz anders, weil reichhaltiger als die bisherigen,
ja, auf den ersten Blick unübersehbar sind die tausend
fachen Produkte des japanischen Gewerbfleißes, die einem
in yokohama, ganz besonders aber in Kobe aufs Schiff
gebracht werden. Da steigt, kaum dafj der Anker geworfen
ist, die endlose Prozession der Händler die Schiffstreppe
empor, alle mit fest oerknoteten Bündeln und Paketen
schwerbelüden, freilich es ist nur Ramschware, die hier
auf dem Schiffe oerkauft wird, und die kunstoolleren Stücke
wird man, wie es ja stets der fall ist, in den Geschäfts
läden der Stadt, aber nicht hier finden. Dafür sind die
Sachen aber auch außerordentlich billig, obzwar lange nicht
mehr in dem lllaße, wie oor etwa zehn Jahren und gewiß
noch oor dem Kriege der fall war. Sie haben sich fühlen
gelernt, die Japaner, sie sind selbstbewußter geworden,
sie haben ihren Wert erkannt — was nun auch in der
Preissteigerung zum Ausdruck kommt. Aber wer es nicht
schon wüßte, der würde es kaum bemerken. Denn die
Sachen sind noch immer „fabelhaft" billig, allerdings auch
lange nicht mehr so sorgfältig gearbeitet, wie ehedem.
Posen und Teegeschirre, neues Satsuma, ja selbst kleine
Cloisanne'oasen, gepreßte und mit Geschmack bemalte Eeder-
portefeuilles, Waffen und Pixierschachteln, Cacktischchen und
Photographiealbums, figuren aus Antimon und Bronze, aus
Bein geschnißfe figuren, die der Kenner leicht oon elfen
beinernen unterscheidet, bedruckte Seidenstoffe und Kimonos,
Zwergpflanzen, Jnse'parables, Spazierstöcke aus geschnißtem
Bambus, solche aus aneinandergefügten Kalbswirbdn, ferner
aus der Wirbelsäule des Haifisches, Degenstöcke, Photo
graphien in Bambusrahmen, Photographien ohne Rahmen,
Papierlampions und tausend unbeschreibliche Richtigkeiten
— alles steckt in diesen festoerknoteten Bündeln und
Paketen. Im Ru haben die Händler ihre Pläße eingenommen,
die Bündel geöffnet, die fliegenden Perkaufsstände errichtet,
und nun beginnt ein Kaufen und feilschen, Eeben und
Treiben, und es spielen sich die typischen Szenen ab, die
ich bereits in meinem Buche „Das Teehaus zu den hundert
Stufen“ zu schildern oersucht habe.
Chinesische Kunst.
7.
fs ist eine seltsame Erscheinung, daß wir oon
den Japanern über die Kunst der Chinesen unter
richtet werden, freilich, wundern darf man sich
darüber nicht; denn, wie in der Kunst haben
es die Chinesen in allem gehalten. Sie nehmen
die Priorität oieler Erfindungen für sich, —
und es ist gewiß richtig, daß wir ihnen oieles
zu oerdanken haben; aber die sprichwörtliche
chinesische IRauer, mit der sie ihr fand oor dem
Cindringen der fremdlinge zu Schüßen suchten,
haben sie um alles gezogen, was sie geschaffen.
Sehr schwer haben sie es den forschem ge
macht, ihren Crrungenschaften nachzugehen und
es ist bezeichnend für sie, daß . wir, wie
gesagt, ihre Kunst aus japanischen Quellen
studieren müssen. Das fortschrittsfreundliche
Japan war es, das uns seine chinesischen Schöße
in kunstoollen Reproduktionen zugänglich ge
macht hat. In den zwanzig Bänden Selected
relics of Japanese art, den über zweihundert
Heften der Kunstzeitschrift Kokka, den dreiund
zwanzig Jahrgängen der Kunstzeitschrift ßijutsu Gabo, den
drei Bänden Toyei Shuko, den zwanzig Heften Ranshu
IJlaigai'n, den zwei Bänden llliyozeki Zuroku Kanga sind
sooiel tausend Blätter astasiatiatischer Kunst in oartreff-
lichen Eichtdrucken und farbenholzschnitten wiedergegeben,
daß mir ein gutes Bild zwar nicht oon dem Eebensmerk
der einzelnen ITlaler, wohl aber oon dem Stil der uer-
schiedenen Schulen erhalten.
Dieses Reproduktionsmaterial in Perbindung mit den
Kopien, Schulbildern und oereinzelten Originalen in den
europäischen und amerikanischen Sammlungen bot Oskar
RJünsterberg ein Studienmaterial oon so heroorragender
Reichhaltigkeit, daß er es zu einem zweibändigen Werke
über chinesische Kunst oerarbeiten konnte.
?ig. 1. Buddhistische ?igur.