Ilummer 19
Internationale 5amin 1 er-Zeitung.
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nachteil uorhanden, als der Kalk sehr ätzend mirkt und deshalb
nur gewisse färben verwendet werden können, Die Beschränkung
der färben ist keine gewollte, sondern sie ist zwangsweise. Die
färbe mul] mit reichlich Wasser aufgetragen werden, nachdem
sie getrocknet ist, hellt sic sich dann etwas auf, geht also aus
der Harmonie des Ganzen heraus. Oie Technik kann daran nichts
ändern, weil sonst flecke entstehen würden; der fehler ist unre
parierbar. Bis jetzt ist leider noch kein ITliltel entdeckt worden,
um das fresko retuschieren zu können. Warum malt man nicht
beim Pastell mit feimfarben? Die fibschälung würde nicht sehr
grofj sein. Beim Ölbilde machen sich mit der Zeit Risse bemerkbar,
die keine grofje Cebensdauer des Bildes oersprechen. Das Pastell
dagegen oerbindet sich so gut mit seiner Unterlage, daf3 die mecha
nische Zerstörbarkeit gering erscheint Ulan erhält ein fixiertes
Pastellbild, indem man im trockenen Zustande Kreide auf den
Grund aufträgt. Hierbei ist das Papier mit filzartigem Pastell
mehr zurückgestellt worden, das Papier mit rauhem, hartem Grund,
das Pyramidengoldpapier, dagegen das beste. Die glatteste Ober
fläche hat Cenbach bei seiner Technik benutzt. Hier führte der
Redner eine rauhe Oberfläche oor, die aus Kalk und Bimsstein
zusammengesetzt war, was einen sehr guten Grund abgibt. Diese
Technik hat die angenehme Eigenschaft, dafz man jeden Augen
blick anfangen oder wieder aufhören kann. Ein anderer Vorteil
besteht darin, dofj man die gewöhnlichen Tüncherfarben anwenden
kann. Bei der Pastellmalerei müssen die färben sehr stark mit
Weifj oermischt werden, wozu man Kreide nimmt. Auf diese Art
stellt sich das material sehr billig, ja es ist zugleich die wohl
feilste und ehrlichste Technik uan allen. Zum Bestreichen des
Grundes nimmt man fünf Prozent Stärke und zehn Prozent Bims
stein. ITtan kann hiermit Papier jeder Art anstreichen, so dünnes
Papier, Pappe und Ceinwand. Ausgenommen sind Glas und
Porzellan.
Die Versuche haben überraschende Resultate ergeben. Prof.
Schneider hat in denn einen ersten Versuch damit gemacht; er
hat nur zwei bis drei Wochen für seine Arbeit gebraucht. Um
das Bild der ITachwelf zu erhalten, wird es mit einer Cösung an
gespritzt, die sich aus 800 Kubikzentimetern Wasser, 200 Kubik-
zentimern Alkohol, 20 Gramm Vasilin und 5 Gramm Borax zu
sammensetzt. Beim Trocknen wird zwar die färbe etwas heller»
aber nicht so hell, dafz es auf die Wirkung des Bildes Einflufj
hätte. Soll das Werk noch fester werden, so bespritzt man es
ein zweites und drittes mal. man mutz sich jedoch hüten, nicht
zuoiel uon der Cösung auf das Bild zu geben, weil sich sonst
wieder eine Schicht bilden würde, die späterhin Abschälungen
oerursachen würde. Um das Bild unempfindlich gegen Wasser zu
machen, wird eine Cösung oon essigsaurer Tonerde, dem allbe
kannten Hausmittel, stark mit Wasser oerdünnt und dann aufge
tragen. Dieser Zustand genügt für alle Innenarbeifen. Sind jedoch
die Werke noch mehr der Cuft ausgesetzf, so werden sie noch mit
einem Stück Paraffin überrieben, das das Bild in eine durchsichtige
Schutzdecke einhüllt. Die Paraffintechnik ist jedoch noch nicht all
seitig durchgearbeitet, so dafz nach Verbesserungen auf diesem
Gebiete zu erwarten sind.
Der Vortrag schloß mit der Diskussion. Der Direktor der
Kunstgewerbeschule, Prof. JTleyer, dankte darauf dem Vortragen-
I den im Hamen der Zuhörerschaft und betonte, dafz nach dessen
I Prinzipien schon seit längerer Zeit in der Kunsfgewerbeschule ge-
I arbeitet würde.
nter dem Vorbehalt, daß Ausnahmen die Regel
bestätigen, kann man im Prinzip den Saß auf
stellen; 6s gibt keine alten ITlöbel mehr. Was
als altes ITlöbel oerkauff roird, ist falsch oder
greulich repariert.
für gotische und Renaissance ITlöbel haben
die Fälscher genug mittel an der Hand. Sie
können das Holz alt aussehend machen mit
einem Absud non Außholzrinde oder non Walnuß-
schalen. mit einem Polierstahl roerden die porösen Holz
teile eingedrückt, mit einer sehr harten Bürste scharfe
Kanten abgestumpft und geduldiges Behandeln mit Staub
und Sch muß erseßt den Fliederschlag der Jahrhunderte.
Das nennt man ein JTlöbel abnußen —■ avilir.
Von dergleichen fälschungen aus Batignolles roimmelt
es an den Seebodenpläßen und zumal bei den Bauern der
Tlormandie und Bretagne, Tirols und der Waterkant. Die
Bauern haben vordem ihre alten, durch den langen Ge
brauch mit einer wundervollen Politur versehenen Truhen
für roenig Geld sich abluchsen lassen und nehmen nun
Rache, indem sie moderne Stücke teuer verkaufen, freilich
meistens für fremde Rechnung.
für anspruchsvollere Ciebhaber mird die Chemie zu
Hilfe genommen. Salzsäure zerfrißt die Oberfläche des
Holzes und übermangansaures Kali gibt die Färbung. Den
Wurmfraß besorgt der Haarbohrer oder Schüsse mit Vogel
dunst, der freilich in der Tiefe der Tücher als Verräter
zurückbleibt.
* Wir entnehmen diesen oortrefflichen Aufsatz dem bei fr.
Wilh Grunowin Ceipzig erschienenen Werke „fälscherkunst“ non
Paul Eudei.
Gar arg ist, menn die „antiken“ Holzmöbel gar nicht
aus Holz, sondern aus Holzimitation hergestellt sind,
cvas vorkommt. So roird zum Beispiel aus dem Abfall
verschiedener Hölzer und aus Sägespänen auf besonderen
lAühlen feines Holzmehl gemahlen und mit bereits ge
brauchter und wieder getrockneter Gerberlohe, Cichenrinde
vermischt, mit Teim verseßt, gepreßt und ist dann zur
Bearbeitung fertig. Lim die durch den Teimzusaß ver
ursachte Sprödigkeit zu beseitigen, mengt man Glyzerin
in die Blasse. Tuftbeständig roerden diese Kompositionen
durch Anwendung von Alaunlösung, doppelchromsaurem
Kali, Tannin oder formalin. Cs ist das sogenannte „Häu
tungsverfahren.“ Immerhin sehen solcherart erzeugte antike
ITlöbel doch noch recht verdächtig aus, viel täuschender
sind die aus altem (wurmstichigen Holze von alten Planken,
Scheunen u. dgl. nach alten Vorbildern hergestellten ITlöbel,
wie sie Tirol en gros fabriziert.
Die Assemblage, das Zusammenstiicken, besteht in
dem Verbinden alter und neuer Teile. Da kommen alte
füllungen zu Reliefs, die mit dem Hohlmeißel gearbeitet sind,
zu nagelneuen Pilastern. ITht vier gedrechselten füßen erhält
man einen Tisch; aus einem Kasten, dessen Holz roie Schroamm-
masse aussieht, roird mit Hilfe van Karyatiden eine Truhe
Franoois-preinier, ein ehemaliger Brautkoffer, der zur Hafer
kiste degradiert war, bekommt einen Sockel, ein Gesims
und gedrehte Säulen und verwandelt sich so in eine
historische Kredenz zu fabelhaftem Preise.
Aus einem echten alten Cmpire-Cehnsessel roird durch
Zerschneiden des Gestells und Cinfügen einer Rücklehne
in die beiden echten Seitenlehnen ein falsches Kanapee
gemacht und für 10 12,000 francs verkauft. Die Stuhl
bezüge, der alte Genueser-Sammt roerden aus abgenüßten