MAK
Seite 184 
Nr. 12 
Internationale Sammler-Zeitung 
Zwei Antiquitätensammlungen. 
In der vorigen Nummer der »Internationalen Samm 
ler-Zeitung« wurde schon darauf hingewiesen, daß vom 
17. bis 19. Juni im Hotel Drouot zu Paris unter Leitung 
des Dr. Jakob Hirsch (München-Paris) die Versteige 
rung der Kollektionen Jean B. Lambros (Athen) und 
Giovanni D a 11 a r i (Kairo) stattfindet. Die Sammlungen 
enthalten ägyptische, griechische und römische Alter- 
Fig. 5. Bronzestatuette des Ammon. 
tümer und sind von einer solchen Bedeutung, daß sie 
ein allgemeines Interesse verdienen. 
Es gibt wenige Sammler, die nicht den Namen des 
athenischen Antiquars Lambros kennen. Durch seine 
Hände sind die schönsten griechischen Kunstgegenstände 
zu einer Zeit gegangen, wo die Ausgrabungen in Grie 
chenland häufig waren und die Kunstwerke wie mit 
einem Zauberschlage dem sandigen Boden Hellas ent 
quollen. Gewisse Objekte hielt jedoch Lambros eifer 
süchtig verborgen, bestimmt, ihm allein Genuß und 
Freude zu schaffen, und diese sind es, die nun an das 
Licht der Oeifentlichkeit kommen. 
Die griechische Keramik war Lambros Lieblings 
gebiet, davon hinterließ er wunderbare Probestücke, 
angefangen von der unvergleichlichen Serie der Dipylon- 
vasen (Fig. l), diesen Zeitgenossen Homers, bis zu dem 
attischen Krater des B r y g o s (Fig. 2), von dem die Ex 
perten Dr. Jakob Hirsch und Artur Sambon sagen: »Er 
is( bestimmt, einen sehr wichtigen Platz in der Ge 
schichte der Keramik einzunehmen und ist im wahrsten 
Sinne des Wortes une piece d'elite.« 
Die Zeichnung der Vase ist denn auch von einer so 
sicheren und flotten Pinselführung und einer solchen 
Kühnheit der Linien, daß man überzeugt ist, vor der 
Schöpfung eines Meisters und nicht vor der trockenen 
Kopie eines Handwerkers zu stehen. Doch ist dieses 
Stück, wenn auch überragend, nicht vereinzelt in dieser 
ausgesuchten Kollektion. Was sind das für reizende 
Silhouetten von Frauen auf den Vasen Nr. 51 und 57 mit 
ihren graziösen und fesselnden Kompositionen. Da 
wohnt menschliches Fühlen und wahre Kunst, einfacher 
Sinn und tiefer Ausdruck, dicht beisammen. Dazu gesellt 
sich die schöne Serie von attischen Lekythen mit 
schwarzen oder roten Figuren auf weißem Grund, von 
einer Feinheit und Auserlesenheit der Mache, das man 
mit Recht sagen kann, gleich Wertvolles ist in solcher 
Auswahl noch nie durch eine Auktion gegangen. 
Die Sammlung Dattari ist noch reicher in ihrer Zu 
sammensetzung: Marmor, Arbeiten in hartem Stein, 
Gläser, Fayencen, Bronzen, Goldschmiedearbeiten, alles 
ist hier vertreten, und zwar in einer Fülle, die dem 
Aestheten wie dem Gelehrten üppigste Auswahl bietet. 
Dattari war Gelehrter und Künstler in einer Person und 
das gibt seiner Sammlung das charakteristische Ge 
präge. Vor allem begegnen wir unter den Bronzen 
Werken ersten Ranges. 
Die Reiterfigur Alexanders des Großen (Fig. 3), 
eines der Hauptwerke der ptolemäischen Toreutik, ist 
ein Stück von außerordentlicher Seltenheit. Der König 
ist dargcstellt im Fell des asiatischen Elefanten, erregt 
von der Leidenschaft der Schlacht, in heftigster Be 
wegung, gleichsam als wollte er seine Soldaten zur Er 
oberung des ganzen Erdkreises mit sich fortreißen. 
Salomon Reinac h, der große französische Archäologe, 
hat diese Bronze jüngst der gelehrten Welt bekannt ge 
macht; nun wird sie im freundlicheren Bild des Kata- 
loges sich der Allgemeinheit vorstellcn. 
Von anderem Charakter erscheint die wunderbare 
Statuette des Athleten (Fig. 4), der nach erlangtem Sieg 
die Ovationen der Zuschauer empfängt. 
Es folgen eine graziöse weibliche Figur, einige 
reizende Amoretten, Spiegel, die fesselnde Statuette 
eines kranken Sklaven, so ganz der Natur nachgebildet; 
ferner wunderbare Tierstudien. Bei all diesen schönen 
Sachen, welche der veredelnde Hauch der griechischen 
Kultur den geistreichen Künstlern Alexandriens eingab, 
können wir mit den wundervollen hieratischen Bronzen 
der Pharaonen Vergleiche ziehen. Unter diesen erhebt 
sich eine Statuette des Gottes Ammon, des großen 
Gottes von Theben (Fig. 5). 
Die üoldschmiedekunst ist durch verschiedene 
Stücke von großer Schönheit vertreten, so u. a. durch 
die große silberne Statuette des Imhotpou, des Aeskulaps 
der Aegypter. Unter den ägyptischen Steinskulpturen 
sind die Stelen aus der Regierungszeit des Königs 
Cheops, des Erbauers der großen Pyramide, zu er 
wähnen. Sie geben mit ihren Inschriften die Namen der
	        
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