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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 14
stellte Egge (aus Oberallmannshausen), der sich verschiedene
andere, ebenso primitive hausgemachte Geräte, wie Pflug
scharen, Häckselmaschinen, Flaehsbrecher, Lösch- und Fischerei
geräte, anschließen. Eine steile Holzstiege führt von der Wohn
stube in die »schö n e St u b e«, die vermutlich einmal da
wir es in dem Lochmann-Anwesen doch mit dem ehemaligen
»Seerichterhaus« zu tun haben — Gerichtszwecken diente. Diese
Richerstube zeigt noch ein gotisches Wandfries, während unten
Renaissancemotive cinsetzen. Nach einer Balkeninschrift
stammen die letzten Veränderungen aus dem Jahre 1695.
Schöne bemalte Möbel, eine Truhe mit Wäsche, eine hübsch
bemalte Louis XVI.-Kommode, »ein Schrank mit alten Bauern
kostümen etc. sind hier zur Schau gestellt. Zwei Nebenräume
zeigen ein Himmelbett, eines der selten gewordenen Kinder-
bettchen und das »blaue Zimmer« einer Starnberger Bauern
familie mit manchen anderen Museumsstücken. Eine Waffen-
k a m m e r reiht sich an mit den Armaturen der früheren Starn
berger Bürgerwehr, einer Lafette des Bucentauro und mit
Folterwerkzeugen des alten Starnberger Gerichtes. Daran an
schließend ein K r i p p e n r a u m mit vielen sehr reichen
Figuren. Die Tenne wurde zum Hauptausstellungssaal umge
staltet. Hier finden wir vorwiegend Prunkstücke aus bäuer
lichen und bürgerlichen Stuben, dann aber eine größere Samm
lung von prähistorischen Funden, zunächst die von den Aus
grabungen Ludwig Ferdinands herrührenden Funde auf
der Rosen ins el, die »dem Museum als Geschenk gegeben
wurden. Als Unika figurieren ein Bronzermesser aus
Peroha (die Münchener prähistorische Sammlung erhält einen
Abguß davon), »ein kleines bronzenes Messer aus dem Fel
dafinger Torfstich und ein vollständig »erhaltenes B»eil aus Schon
dorf. Römische Sammlungen: Ziegelreste aus Deixelfurt, Erling
und Machtlfing, in dessen Umgebung einige villae rusticae der
Römer standen. Das rarste Stück der römischen» Funde dürfte
in dem Laufgewicht einer Sohnellwage zu finden sein. Im
übrigen zeigt der Raum Schnitzereien, Tonvasen, bemalte Glas-
krüge, Nymphenburger Teller, optische »und medizinische
Instrumente, Wachsarbeiten, Bauernteller, Equipierungen aus
Graf Viereggsohem Besitz, viele alte eiserne Votivalien. Ein
ausgesprochenes Museumsstück ist ein G u c k k a s t e n aus der
frühen Rokokozeit, zu dem noch »die sämtlichen Rollen vor
handen sind, dann »ein Aufblasglobus (von Hofrat Dr.
Magg), eine Sammlung von Häkehnustern durch zwei Jahr
hunderte. Im Ausstellungssaal ist auch »die bekannte, 1755 sig
nierte weibliche Heilige von ü ii n t h e r. Eine Treppe
mit Renaissancegeländer führt in die Kapelle, auf deren
Empore »unter anderem ein Putto von Roman »Boos sehens
wert ist. In der Kapelle: sehr schöne Vortragsikreuz»e (aus
Hanfeid), Fahnen, eine hübsche Renaissance-Madonna (aus
M'iising), eine spätgotische Anna selbdritt, überhaupt Holz
plastiken »früh- und spätgotischen Stils, die ein »gutes Bild von
der Entwicklung der Bildhauerei des ländlichen Kreises
München-Weilheim geben. Der Gemälde raum, der sich an
die Kapelle anschließt, ist mit Möbeln» aus der »Carolina«, dem
Boote des Königs M a x, ausgestattet. Von den Bildern seien
hervorgehoben: ein dem Lukas Cranach sehr nahestehendes
Gemälde (Madonna, überlassen von der »Starnberger Kirchen-
Verwaltung), dann »ein künstlerisch kostbarer Johannes aus der
Schule des Tiepolo (von Dr. Heiß), ein »gutes Bild von
B e i c h, »dem Hofmaler Max »Emanuels, ein Leemans, ein
Van der Neer, ein Christoph Sc»hwarz, »ein Rügen das
u. s. w. Von Künstlern, die früher am Starnberger S»ee lebten,
sind Bilder vorhanden von Morgenstern, Pctzold und
Dorner. Frau v. Lembach »hat mit einer Porträtskizze des
Meisters (»Prinz-Regent Luitpold) eine der interessantesten
Lenbach-Studien gegeben. Von neueren Starnberger Malern
sind vertreten: Grätz, van Heß, Lipps, v. Maffei, Rösl, Schrnid,
Thiem, v. Urlaub, Watter. Vom alten Museümsbau führt ein
Weg an »einem bäuerlichen Kirchhof vorbei zur Schiffshütte, die
einen Ueberblick über die Geschichte des Sees gibt. Die Leitung
des Museums hat der Kunsthistoriker Dr. Paulus inne, der
mit aufopferndem Fleiße die Sammlungen ordnete und die
Gegenstände auf ihre Herkunft bestimmte.
(Das G o »e t li »e - M »u s e »u rn i n F »r a n k f u r t a. M,) Ein
Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die Erweiterung
des Goethe-Museutns in Frankfurt a. M. wird zur Zeit
dort erörtert. Vorentwürfe für die Erweiterung sind vom städti
schen Hochbaiuaint aufgestellt worden. Ihnen gegenüber machte
die »Stadtverordnetenversammlung den Vorschlag, »einen an
deren Wettbewerb unter vier genannten» Frankfurter Archi
tekten zu erlassen. Der Magistrat glaubt jedoch durch die Ent
würfe des Hochbauamtes die Bauangelegenhelt genügend g»>
klärt. Sollte die Stadtverordnetenversammlung jedoch einen
Wettbewerb wünschen, so könne dar Magistrat nur zustimmen,
wenn »der Wettbewerb nicht auf die in Frankfurt a. M. an
sässigen Architekten beschränkt bleibt, soodern auf den Re
gierungsbezirk »und das Großherzogtum Hessen erstreckt würde.
Die Kosten des Wettbewerbs sind für diesen Fall mit rund
12.000 Mark berechnet. Die Stadtverordnetenversammlung wird
sich hierüber demnächst schlüssig machen.
(Ein neues Museum in B r ii g g »e.) Der Gemeinde
rat von Brügge hat beschlossen, ein Museum zu errichten,
in welchem die jetzt über die ganze Stadt verstreuten ein
zelnen Gemäldesammlungen vereinigt werden sollen. Das Ge
bäude soll gerade gegenüber dem sogenannten Dijver, in der
Nähe des durch seine herrliche Spitzensammlung »berühmten
Grunthuuses Hof, errichtet werden und eine der aufzunehmen
den Kunstschätze und der Vergangenheit Brügges würdige
bauliche Ausgestaltung erhalten. Die Kosten sind auf rund eine
halbe Millionen Franken veranschlagt, »ein Viertel davon will
der Staat, 50.000 Franken die Provinz Westflandern bei
tragen, das übrige zahlt die Stadt.
Verschiedenes.
(Eine C a r a v a g g i o - A u s s t e 11 u n g i n R o m.)
Einer der rührigsten und »erfahrensten Kunstforscher Italiens ist
zweifellos der Leiter der Gemäldegalerie Corsini in R o m, Pro
fessor Her »man in. Alljährlich überrascht er die Kunst
freunde der ewigen Stadt mit einer Sonderausstellung seltener
Stiche oder Bilder. So unternimmt »er es besonders, uns von
Zeit zu Zeit mit »den über ganz Rom zerstreuten Werken »ein
zelner Meister bekannt zu machen, ihr Schaffen also in ein
heitlicher, wenn auch naturgemäß nicht erschöpfender Form
darzubieten. Diesmal ist die Reihe an dem noch immer nicht
genügend gewürdigten derbrealistischen genialen Cara-
vaggio, von dem Hermanin in einigen Sälen seiner Galerie
ein paar Dutzend seiner berühmtesten und charakteristischsten
Gemälde zeigt, allerdings nur solche, die sich in Rom befanden
und dem Direktor der Corsini »erreichbar wären. Da ist der
David mit dein furchterregenden Goliath-Haupte, »das die Züge
des Malers selbst trägt, »des unglücklichsten aller italienischen
Meister, dessen ganzes Leben ein Kriminalroman war und der
als »uomo fantastico e bestiale« »unter -dem Mörderdol-hc
endigte, den er übrigens reichlich verdient. Da ist ferner die
nichts weniger als idealisierte Heilige Magdalena als Straßen-
»dirne aus der Galerie Doria, der jugendliche Täufer aus der
Galerie Borghese, Sankt Franziskus von Assisi aus der Kapu-
zinerkirche, und endlich der wundervolle »Narziß, der sich im
Brunnen spiegelt, ein bisher der Oeffentliohkeit entzogenes
Meisterwerk, das sein Besitzer, der Russe Khwoschinsky,
nunmehr der Galerie Corsini geschenkt hat.
(»Die Kunst im Chiemgau.«) Die in Traun
stein im Konversationssaal stattfindende Gemäldeausstellung
»Die Kunst im Chiemgau«, deren Eröffnung auf den 19. Juli fest
gelegt ist, hat infolge der zahlreichen Anmeldungen einen großen
Umfang angenommen. Neuartig ist an dieser Ausstellung, daß
den Werken unserer zeitgenössischen Künstler in einer histori
schen Abteilung das hoch-bedeutsame Schaffen chiemgauisohcr
Maler in früheren Jahrhunderten g»2genübergest»ellt wird.
(Ein Reliquien Schrein von D e s i d e r
Moser.) Wie aus F. s z t e r g o m gemeldet wird, hat Kar
dinal-Fürstprimas Dr. Johann Csernoch der Primatial-
schatzkammer zum Andenken an seine Kreation zum Kardinal