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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 2
sie leicht durch die Straßen gezogen werden konnten.
Die Stadt Krems in Niederösterreich, besaß vor zirka
60 Jahren noch solch einen Schandesei und München zu
Antang des vorigen Jahrhunderts deren sogar zwei. Der
eine stand vor der Hauptwache am Marienplatz und
mit ihm mußten faule, nachlässige Soldaten Bekannt
schaft machen. Der andere war Stadteigentum, wurde
im Rathause auf bewahrt und auf dem Markt- (Marien-)
Platze gefahren, wo seiner beim Fischbrunnen der
Stadtbüttel mit dem jeweiligen Reiter harrte.
Die zivilistischen Eselreiter rekrutierten sich meist
aus dem Kleingewerbe, und dieses wurde dann immer
durch die Beigabe eines entsprechenden Emblemes ver
sinnbildlicht. So hing man zum Beispiel dem Krämer, der
beim Wägen betrogen hatte, außer der für jeden Inkul
paten üblichen Tafel mit der Bezeichnung seines Ver
gehens eine große eiserneWage um den Hals. Sein Kollege,
der mit der Elle bemogelt hatte, bekam eine schwarze,
schmale Latte zwischen die auf den Rücken gebundenen
Hände gesteckt. Ganz besonders schlecht kamen die
Bräue - weg. Diesen hing man vorne und auf den Rücken
je eine Tafel mit der Inschrift: „Wegen prewen von
schlechten pier.“ Dazu baumelte ihnen vorne ein
riesiger, eiserner Schöpflöffel. Jene aber, die „wegen
schlechten Einschänkens“ verdonnert waren, erhielten
ebenso wie die gleicher Schuld bezichtigten Wirte eine
mächtige, schwere Kanne um den Hals gehängt.
Eine Verschärfung der Schandeselstrafe war das
Verkehrtsetzen, das heißt, mit dem Gesicht gegen das
Hinterteil des Reittieres; weiters das „Umbefahren“,
wobei der Holzesel samt seinem Reiter von den Stock
knechten durch die Hauptstraßen der Stadt mit ihrem
holprigen Pflaster gefahren wurde, und als sehr empfind
liche Strafmehrung das Anhängen schwerer Gewichte
an die Beine in der Knöchelpartie.
Recht brutal verfuhr die heilige Hermanda mit den
Bäckern wegen schlechten oder zu geringgewichtigen
Brotes. Da besaß zum Beispiel die Stadt Sulzbacheinen
aus starken, mit Eisen beschlagenen Latten bestehenden
Käfig, gut mannshoch, sechskantig, oben an Ketten
zum Aufhängen und innen mit einem schmalen Sitz
brett. Dieses famose Vehikel war an einem auf- und
niedergehenden Balken über einem genügend tiefen
Bach aufgehängt. War nun der „Verbrecher“ in den
Käfig gesperrt, so ließen die Büttelknechte diesen samt
seinen Insassen ,,ir die Gumpen plumpsen“, zogen dann
beide wieder hoch und wiederholten dies unterhaltsame
Spiel „etzlichemal". Auch München nannte solch eine
„Bäckerschnelle“ mit beweglichem Galgen ihr eigen.
Das Instrument befand sich am Toratzbach, über den
bei der „Roßschwemmc“ am Viktualienmarkt extra
hierfür gebauten Steg. Eine alte Verordnung für die
Prozedur besagt, „der zu straffende Peckchen ist so
oft schnellen und unter Wasser zu lassen, bis er etz-
lichens wird plau im Gesicht.“
Ein eben so originelles wie für den jeweiligen Träger
sicher unbehagliches Kleidungsstück war der „Schand-
mantel“. Es war dies ein meist aus derben Hartholz
dauben gefügtes, von Eisenreifen zusammengehaltenes,
glockenförmiges Faß von etwas mehr als einem Meter
Höhe. Es wuide dem Deliquenten über den Kopf ge
stülpt, worauf jener es an. den innenseitig angebrachten
Handhaben so hoch halten mußte, daß der Büttel ihm
den zugehörigen, spottweise sternförmig ausgezackten
Ringkragen, der gleichfalls aus Holz war, um den Hals
legen und an den Faßwänden einhaken konnte. An der
Außenseite des Faßmantcls waren Haken angebracht,
an die zur Verschärfung der Strafe Gewichte gehängt
wurden.
Diese Schardmäntel, in die Trinker, Spieler, Randau
macher, beim Kammerfensterin erwischte Liebesritter
und dergleichen gesteckt, vom Büttel durch die Straßen
geführt und dann an den Pranger gestellt wurden, er
freuten sich bei Stadt- und Landrichtern offenbar
großer Beliebtheit als Strafmittel, denn es sind uns
deren noch viele erhalten. So besitzt auch das Bayrische
Nationalmuseum ein paar von diesen Kulturdokumen
ten, die zum Teil sehr einfach, wie der aus Berchtes
gaden und Dettelbach. Dagegen ist der aus Otto-
beuren mit weiß-blau und roten Rokokoornamenten
auf braunem Grunde bemalt, ein anderer aus Wer
tingen aber, datiert vom Jahre 1775, wurde von dem
dortigen Malermeister Leonhard Mittermaier dra
stisch mit Genreszenen dekoriert. Da sehen wir einen
Mann mit einem Strafmantel am Pranger stehen, einen
anderen, der ein Stück rotes Tuch stiehlt, weiters Obst
und Holzdiebe, ein paar andere, die aus einem Haus
Säcke fortschleppen, des weiteren vier raufende Männer,
von denen einer mit einem Knüppel dreinschlägt, einen
Mann, der eine Frau und zwei Kinder aus dem Hause
jagt, ferner zechende Kartenspieler in Gesellschaft
eines . Schänkmädchens; ein heimliches Liebespaar auf
der Gasse und einen Liebhaber auf der Leiter am
Kammerfenster seiner Dulcinea. Der gezackte hölzerne
Halskragen ist weiß und blau bemalt. Ähnlich, nur nicht
so reich, ist ein Schandmantel aus Nürnberg malerisch
behandelt. Hier sind nur drei Szenen mit den erklären
den Überschriften dargestcllt, und zwar: „Straff der
Säuffer“, in Streit geratene Spieler; „Fraß und
Völlcrey, eine Zechergruppe; „Straff der Unzucht",
ein Bauernknecht am Kammerfenster. Dafür ist
der Kragen eines aus Eichstätt stammenden Schand-
mantels mit weißen Falten und schwarzen Spitzen
besetzt.
Originell ist eine „Schandkette“ aus Erding.
Durch eiserne Kettenglieder miteinander verbunden,
baumeln an ihr, aus Holz geschnitzt und sauber bemalt,
fünf Spielkartenblätter, fünf Würfel und zwei soge
nannte Holländer Tabakpfeifen. Diese Anti-Ehrenkette
war für Spieler und Raucher bestimmt.
Eine Art ausgleichende Gerechtigkeit war es, daß die
gestrenge Themis das „zarte Geschlecht“ keineswegs
glimpflicher behandelte. War da ein ingeniöser Kopf
auf die Erfindung der „Strafgeige“ verfallen. Ein im
Grund genommen höchst harmlos aussehendes Instru
ment. Sie war stets zweiteilig, aus Eichen , Buchen-,
Ahorn- oder Kirschbaumholz gearbeitet; auch Ulmen-
und Birnbaumholz wurde dazu verwendet; sic bestand
aus einem Brett von etwa 50—70 cm Länge, das 2—3 cm
dick, in der Längsrichtung durchschnitten und am
dünnem Ende mittels einer Scharniere die beiden
Hälften auseinanderklappen ließ. In diesen schmäleren
Teil des geigenförmigen Instrumentes waren neben
einander zwei Löcher für die Arme geschnitten, die
gerade dem Handgelenk Raum boten. Am entgegen
gesetzten breiten Ende war ein größerer runder Aus
schnitt für den Hals, häufig umgeben von einem breiten
Rande, der zur Erhöhung des Spasses gleich einer
Halskrause zackenförmig ausgeschnitten war. Sogar
aus Flacheisenstäbcn waren solche Strafgeigen ge
schmiedet worden. Sie waren für böse, randal- und
streitsüchtige Weiber bestimmt, deren Arme an den
Handgelenken in den beiden kleinen Ausschnitten, der
Hals in drm großen befestigt wurden. Dann klappte man
die beiden Teile zu, verschloß sie mit einem Vorhänge
schlößchen und der Büttel führte die also kampfunfähig
gemachten Amazonen durch die Straßen, um sie am
Pranger zur Schau zu stellen.