MAK
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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. .1 
Todesgestalt mit rotem Gesicht, die eine kindliche 
Tonfigur mit roter Maske im linken Arm hält, ein 
daneben angebrachtes gebundenes Lama ist als Opfer- 
ticr anzusprechen. Die mythologisch wichtige Szene 
beweist, daß die rote Gesichtsbemalung ethnographisch 
im engsten Zusammenhänge steht mit der roten Be 
malung der Gesichtsmasken aus Holz und Gold bei 
den Mumienbündeln. Dem sogenannten Inkastile ge 
hören — ebenfalls aus Chicama einige prächtige Gefäße 
an, die auf hellgelbem Grunde lebhafte Malereien in 
braun zeigen. Wundervoll in dieser Art ist ein liegender 
Hirsch zwischen leichtbewegten, welligen Berghügeln 
und eigentümlich stilisierten Bäumen. Licht und 
Schatten fehlen, wie in der antiken Kunst gänzlich; 
von einem Hintergründe ist keine Rede, doch macht 
sich bereits ein gefälliger Vordergrund bemerkbar 
und der Ansatz zu einer merkwürdig primitiven Per 
spektive, die sich bemüht, zugleich Seiten- und Vorder 
ansicht darzustellen. Vollendet ist ein anderes Gefäß 
aus Chicama, das leichtbewegte hohe Maisstauden, 
der Wölbung des Gefäßes angepaßt, uns vor Augen 
führt. Mit gefälliger Heiterkeit spielen die stilistisch 
weitergebildeten männlichen Blütenrispen im Winde, 
und Maisstauden neigen sich in verschiedener Höhe 
und Stellung einander zu. Ähnliches kenne ich eigentlich 
nur aus der minoischen Kunst Kretas. Das gleiche 
Gefäß ist noch mit mäuseartigen, freiplastischen Tieren 
hie und da verziert, die an Maiskolben nagen. Offenbar 
handelt es sich um Schädlinge der Maiskolben, wie 
übrigens solche ähnlich auch in der mexikanischen 
Bilderhandschrift des Codex Borgia in Flächenmalerei 
einem begegnen. 
Es würde zu weit führen, auch nur eine Auswahl 
des Ausgestellten zu beschreiben. Axrs der Fülle des 
Sehenswerten will ich. nur noch besonders einen Feder- 
ponc.h.o aus Ica erwähnen mit breitem, roten Saum 
und horizotalen, abwechselnd gelben und schwarzen 
Streifen. Eine ehrwürdige Mumie aus Nasca mit einer 
Stirnbinde von rotem, grünem und braunem Feder 
mosaik geschmückt, ist mit zahlreichen obligaten 
Beigaben, wie Quasten, Schleuderbinden, Täschchen, 
Muschelbrustgehängen, Krochenpfriemen, Haaren und 
Gebetstreifen ausgestattet. An Holzschnitzereien seien 
erwähnt die streng stilisierten Zeremonialruder aus 
Ica mit lustigen freiplastischen Vögeln, maskentragen 
den Männchen und Kerbschnittornamenten, Ruder, 
die teilweise noch Reste von Metallbeschlägen und 
Inkrustationen, namentlich von roter und gelber Farbe 
besitzen. Hieran schließen sich. Stäbe, Webehölzer, 
gerötete Keulen und ein großes Idol mit Federkrone 
in grün, rot und gelb. Gerade der Icastil, der auch den 
Kerbschnitt verwendet, zeichnet sich durch geometri 
sche Muster aus, die sowohl in der Keramik leas wie auch 
räumlich, darüber hinaus in den Geweben Perus eine 
hervorragende Rolle spielen. 
Der Reichtum Perus an Geweben ist bekannt. 
Die Sammlung enthält einige recht bemerkenswerte 
Stücke. Besonders interessant sind einige bemalte 
Panos (Stoffe), die in gelb, braun und blau sowie in 
braun, rot, gelb, schwarz und blau auf großen Flächen 
Seesterne, Wasserwellen, Vögel, Fische und geometrische 
Muster in buntem Durcheinander zeigen. Sie stehen 
in einem bestimmten Zusammenhang mit Tiahua.naco- 
motiven und sind ebendarum kulturhistorisch wichtig. 
Die erwähnten Panos sind in Supe gefunden worden. 
Hochachtung verdient auch noch, eine Reihe von 
Knochenpfriemen aus Nasca, die teils in durchbrochener 
Arbeit, teils rundplastisch, teils mit Ritzungen und 
Auflagen in schwarz verziert sind. 
Möchte die Ausstellung dazu beitragen, das Interesse 
für die Vergangenheit Amerikas zu wecken und ihrer 
anmutigen Kunst neue Freunde zuzuführen. 
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Vom Dorotheum. 
In der Leitung des Wiener Dorotlreums hat sich 
ein Wechsel vollzögen. Hofrat Friedrich. Hentl, der 
seit einem Jahrzehnt an der Spitze des staatlichen 
Instituts stand, : st nun, ein 72jähriger, in den wohl 
verdienten Ruhestand getreten; zu seinem Nachfolger, 
vorläufig mit dem Titel eines Zentraldirektor-Stellver 
treters, wurde der der niederösterreichischen Landes 
regierung zugeteilt gewesene Bezirk'h.auptinanri Georg 
Hailama ernannt, der schon vor einigen Monaten, 
sozusagen cum jure successionis, ins Dorotheum be 
rufen worden war. 
Dem Hofrat Hentl wird jeder, der ihn persönlich 
kannte, das freundlichste Andenken bewahren: ein 
vollendeter Gentleman, war der Verkehr mit ihm 
ein Vergnügen. Lange Zeit im Gewerbereferat der 
Statth.alterei tätig, hatte sich Hofrat Hentl relativ 
rasch in die schwierige Materie seines neuen Amtes 
eingeLbt.: wenn er dem Dorotheum aber nicht jenen 
Aufschwung gab, den es notwendigerweise nehmen 
sollte, so lag dies vielleicht weniger in seinem streng 
burfeaukratisch.en Wesen, das der geschäftlichen Seite 
des Instituts fremd gegenüberstand, als in dem be 
standenen System, das eine Großzügigkeit nicht auf- 
kommen ließ. Immerhin hat sich das Dorotheum unter 
dem Regime Hentls auf dem Niveau eines großstädti 
schen Auktionsinstituts gehalten und auch die Kon 
junktur der letzten Jahre nicht ungenützt gelassen; 
viele große Versteigerungen sind da durchgeführt 
worden, die dem Dorotheum nicht nur finanzielle Er 
folge, sondern auch. Beachtung im Auslande brachten. 
Aul' diesem Wege weiter zu bauen, das Dorotheum 
zum führenden Auktionsinstitut zu gestalten, das 
müßte die Aufgabe und der Ehrgeiz seines Nachfolgers 
sein, dem der Ruf einer hervorragenden praktischen 
Veranlagung und besonderer Tatkraft vorangebt. 
Zentraldirektor-Stellvertreter Hallama kommt, wie 
s;in Vorgänger, aus der Statthalterei, doch hatte er 
das Glück, daß sein praktischer Sinn rechtzeitig er 
kannt wurde und — es pflegt dies nicht häufig vorzu 
kommen — auch, den richtiger Gebrauch fand. Hallama 
erhielt namentlich in der Kriegszeit Agenden, in denen 
er seine Anlagen bestens verwerten konnte. So be 
tätigte er sich mit vollem Erfolge bei der Organisierung 
der verschiedenen Flüchtlingslager. Die Erfahrungen, 
die er dabei sammelte, befähigten ihn, die wirtschaft 
liche Geschäftsstelle der Statthalterei ins Leben zu 
rufen, die mustergültig geworden ist. Bald wandte er 
sich größeren Aufgaben zu. So ist das Volksbekleidungs 
amt, eine der gemeinnützigsten Anstalten, die wir be 
sitzen, sein Werk, und um das Zustandekommen der 
„Stafa“ hat er sich das größte Verdienst erworben. 
Auch im Dorotheum hat sich. Hallama nicht lange 
in der Rolle eines untätigen Zuschauers gefallen: wenige 
Wochen nach seinem Eintritte schon sah. er, wo es 
fehlt, und hat als ersten, verheißungsvollen Schritt 
die Schätzungen eingeführt, die sich, wie wir schon 
konstatieren konnten, stetig wachsenden Zuspruchs 
seitens des kunstsammelnden Publikums erfreuen.
	        
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