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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 5 
nach monumentaler Entfaltung den ersten starken und 
gereiften Ausdruck gefunden. Die bis zur Illusionier ung 
gediehene Naturwahrheit der Gestalten, der urwüchsigen, 
derben, von einem fanatischen Trotz erfaßten und mit 
einer harten und demütigen Ergebenheit dem sicheren 
Tod entgegenschreitenden Männer, rief schon gelegent 
lich der ersten Ausstellung des Werkes im Wiener 
„Künstlerh.aüs“ ungewöhnliches Aufsehen hervor und 
brachte auch noch vor kurzem in der österreichisch 
ungarischen Ausstellung im Haag (1917) den Namen des 
Künstlers zu weiteren Ehren. 
Eine Steigerung der im „Totentänze“ erreichten 
dekorativ monumentalen Wirkung bedeutet der vom 
Künstler ein Jahr hernach, geschaffene „Sämann und 
Teufel“. Eine Leistung von hervorragender künst 
lerischer Qualität sind auch, die in ungefähr gleicher 
Zeitsphäre entstandenen „Bergmäher“. Mit der reich 
gesteigerten künstlerischen Produktion des Jahrganges 
1908 hängt ferner das in Ausstellungen oft gezeigte und 
vielfach reproduzierte „Mittagessen“ zusammen, in 
welchem der unkomplizierte schlichte Vorgang, der' sich 
im Inneren einer Bauernstube abspielt, durch die Größe 
der Auffassung und der Kraft und Einheitlichkeit der 
darstellerischen Mittel einen überaus starken Ein 
druck übt. 
Die bildmäßig angelegte Studie der mit außer 
ordentlicher Lebendigkeit festgehaltenen Einzelfigur 
des „Schreitenden Bauern“ aus dem großen „Haspinger- 
bild“ Eggers vermag uns allerdings von der Monu 
mentalität und tragischen Gewalt des letztgenannten 
Werkes fast, gar keine Vorstellung zu geben. Hingegen 
können uns ein paar Studien zum „Einzug des Königs 
Etzel in Wien“ annähernd einen Einblick in den Aufbau 
und die Gruppierung des feinstilisierten, monumental 
dekorativen Wandgemäldes gewähren, das der Künstler 
1908 für das Wiener Rathaus zur Ausführung gebracht 
hatte. Zwischen 1909 und 1912 reifte Egger-Lienz 
gedanklich konzentrierteste Schöpfung: „Das Leben“, 
welches die Symbolik des Werdens und Vergehens in 
den typisierenden Gestalten des Knaben, des Jünglings, 
des reifen Mannes und des Greises, wie sie der echte 
Tiroler Boden in kräftig erlesenen Exemplaren kennt, 
mit Hilfe einer großzügigen, gleichsam ins Maltechnische 
umgesetzten Holzschnittmanier zum Ausdruck bringt. 
Von den Arbeiten des Künstlers, die zuletzt der 
Hauerschen Sammlung einverleibt wurden, wollen wir 
noch der auf einer Berghaldc ausruhenden „Hirten" 
(1911), die, in entsprechender Entfernung betrachtet, 
von außerordentlicher Wirkung sind, der „Welle“ 
(1913 auf Kattwijk in Holland geschaffen) und der 
„Madonna mit dem Jesukind“, welche angeblich die 
Züge der Tochter Eggers trägt (aus dem Jahre 1914), 
im besonderen Erwähnung tun. 
Unsere Sammlung enthält noch eine Reihe von 
Werken anderer, zumeist jüngerer österreichischer Maler, 
die von Hauer teils im Atelier des letzteren, teils in 
den Ausstellungen einzelner Kunst Vereinigungen er 
worben wurden. Wir verweisen vor allem auf St er rer, 
den mächtig aufstrebenden Jungwiener Maler, an dessen 
glänzend beobachtete Fliegerbildnisse und kraftvoll 
gezeichnete Akte, die in einer der letzten Ausstellungen 
des Künstlerhauses zu sehen waren, wir uns gern und 
lebhaft erinnern. Den Eindrücken, die Sterrer in Capri 
empfangen, wohin er durch die Förderung des Herrn 
Hauer zu längerem Studienaufenthalt gereist war, 
verdanken das blüten- und lichtumhauchtc „Glück“ 
der beiden mütterlichen Frauen und die warmgetönte, 
wie traumumsponnene Seelandschaft „Am Ende der 
Welten“ ihre unmittelbare Entstehung. Von Mit 
gliedern des Künstlerhauses, beziehungsweise von ge 
legentlichen Ausstellern in demselben seien unter an 
derem angeführt: Windhager, dessen feines, sorgfältig 
studiertes Selbstbildnis uns beinahe an das Stilempfinden 
frühitalienischer Meister zurückdenken läßt, ferner 
SuppantschJ tsch, J. N. Geller, Baschny,Leithner 
(der letztere mit einer Anzahl stimmungsreicher Land 
schaften, die licht- und luftperspektivische Probleme 
mit Geschick zu lösen trachten), und Velim, um dessen 
naturgetreu erschautes ,,Zigeunerlager“ ein mit Geschick 
festgehaltenes, kühl heranbrechendes Morgenlicht sich 
breitet. 
Wir nennen von Mitgliedern ander er Vereinigungen 
noch Schütt (mit einer charakteristischen Folge farbig 
belebter Genrebilder), weiters Andersen, Buchta 
und den Prager Maly, dessen „Sonntagsmorgen vor 
der Kirche“, mit den blitzartig verfälschenden Lichtern, 
die sich den malerisch angeordneten Gruppen der 
sonntäglich gekleideten Hannakinnen mitteilen, als 
das Werk einer nicht ungewöhnlichen Begabung be 
zeichnet werden muß; wir möchten zuletzt noch eines 
jungen und ansprechenden Talentes Erwähnung tun; 
wir meinen Leopold Hauer, den Sohn des Sammlers, 
von dem ein paar Landschaften, in der Malweise eines 
Robert Ruß gehalten, zu sehen sind. 
Von den außerhalb Wiens wirkenden Malern heben 
wir noch hervor: den Tiroler Lanzinger, dessen groß- 
angelegtes Tryptichon „Pieta" eine starke und durch 
aus persönliche Wirkung übt, ferner die beiden bekann 
ten und vielgeschätzten Münchner Beycrlein und 
Beyermann und schließlich den französischen Neu 
impressionisten Andre und den Belgier Sacgher, 
die wenigen Ausländer, welche in die lokalumgrenzte, 
speziell der Pflege österreichischer, heimischer Kunst 
dienenden Sammlung Franz Hauers, noch Aufnahme 
gefunden hatten. 
Ein Museum antiker Kunst. 
Aus München wird uns berichtet: 
Unter der Leitung des Universitätsprofessors Doktor 
Sieveking sind in den letzten Monaten die Bestände 
des früher in der Neuen Pinakothek aufgestellten Anti 
quariums, dann die bisher in der Glyptothek unter 
gebrachte „Sammlung Arndt“ und die Vasensammlung 
zu einem Museum antiker Kleinkunst vereinigt worden, 
das am 2. Febiuar dem allgemeinen Besuch zugänglich 
gemacht wurde. 
Das Museum zerfällt in zwei Abteilungen, die auch 
räumlich getrennt sind: in eine größere griechisch- 
römische Abteilung im Erdgeschoß der Alten Pina 
kothek und in eine kleinere ägyptische Abteilung 
im Obergeschoß des Kulturausstellungsgebäudes am 
Königsplatz. Die griechisch-römische Abteilung ent 
hält vor allem die berühmte Vasensammlung, antike 
Tongefäße von der mykenischen bis zur hellenistisch- 
römischen Periode, unter denen zahlreiche Pracht 
stücke des rotfigurigen attischen Stils (höchste Blüte 
um 500 v. Chr.) besonders hervorleuchten. Erstaun 
lich ist die Mannigfaltigkeit und Schönheit der Gefäß 
formen und der Dekoration, unerschöpflich die Fund 
grube für das Studium der griechischen Heldensage 
und des Alltagslebens. Eine weitere große Gruppe 
bilden die figürlichen Terrakotten, die ebenfalls einen 
weiten Zeitraum umspannen von der primitiven grie-
	        
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