Seite 10
Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 2
Es sind dies die beiden Längsseiten der einen
Hochzeitstruhe der Eleonore von Gonzaga von Mantua,
der Gemahlin des letzten Herzogs von Görz, Leonhard,
welcher in Lienz residierte und dies Stück anscheinend
dem Kloster von Millstatt vermachte. Ein wahrhaft
königliches Geschenk! Denn kein Geringerer als M an
te g n a kann die Entwürfe für die fortlaufend erzählte
Geschichte vom Kaiser Trajan und der Witwe geliefert
haben. Man sieht den Kaiser mit reichem Gefolge aus-
reiten, das Unglück seines Sohnes, dessen Pferd ein
Kind zu Tode tritt, die Klage der Witwe, die dem
Kaiser in die Zügel fällt, den Urteilspruch des Kaisers
und den vergnügten Abgang des Paares. Die Figuren
sind zum Teil fast voll aus dem Stücke herausgearbeitet,
bunt bemalt und vergoldet sowie auch der Hintergrund,
den die Stadt Rom bildet. Das Stück, durch Jahre hin
durch nicht sichtbar, ist nun sehr günstig aufgestellt.
Millstatt hat noch anderes geliefert. In dem Saale
neben der Gonzagatruhe hängen zwei große Bilder,
welche auf die Stiftung des St. Georgsritterordens
Bezug haben. Auf dem einen ist im Vordergründe en
face gesehen ein reich gekleideter, langhaariger Jüngling
dargestellt, welcher mit den mir bekannten Porträts
des Kaiser Maximilian I. solche Aehnlichkeit hat, daß
ich geneigt wäre, ein unbekanntes Porträt dieses Kaisers
zu sehen. Insbesonders verweise ich auf die Medaille
von Cava 11 i und lade Forscher ein, meine Ansicht
zu überprüfen. — Hervorzuheben ist ferner ein sehr
schöner gotischer Altar aus Hohen-Freistritz, während
unter den Gemälden Porträts von S e y b o 1 d, dann
Landschaften von Bernard zu nennen wären. Das
Oeuvre des Kärntner Bildhauers Gasser ist fast voll
ständig vertreten. Derselbe Raum bringt außerdem eine
Anzahl von Andenken an die Seeschlacht von Lissa,
die aus dem Nachlasse des Mitkämpfers Admirals
Raron Sterneck stammen. Dann sind Lithographien von
Kriehuber und Prinzhofer, Stickereien, Trach
tenstücke, Lebkuchen-, Butter- u. Käsemodel und derlei
Kleinzeug mehr vorhanden, unter dem sich manches
interessante Stück findet. Einen geschlossenen Bestand
bildet noch die Waffensammlung, welche eine Hippe
und ein außerordentlich altes Feuerrohr enthält, welches
an beiden Enden offen, auf der einen Seite mit einem
Holzpflock verkeilt wurde und wahrscheinlich dem
Schützen gefährlicher war als seinem Ziele. Neu auf
gestellt wurde in der letzten Zeit die Sammlung von
Kärntner Münzen. Sie ist ungemein reichhaltig, fast
geschlossen, jedoch nicht allgemein zugänglich, da sie
im Bibliotheksaale aufgestellt ist. Ein anderer Zuwachs
ist die in Sammlerkreisen bekannte Zinnsammlung des
Herrn Ernst von Burger, die er testamentarisch dem
Museum vermacht hat und die nun in einem Schranke
den Hauptbestand des Museums an Zinn ausmacht.
Schon dieser flüchtige Rückgang zeigt uns ein ganz
sonderbares Bild. Man würde in Kärnten, das seine
Eigenart so treu bewahrt hat, viele Bestände von
Volkskunst vermuten-. Sie fehlen zwar nicht, doch ist
infolge des Raummangels nur wenig davon aufgestellt.
Das meiste ist noch verpackt und soll seiner Zeit im
Kärntner Heimatmuseum, das in Gründung
begriffen ist, Aufstellung finden. Auch besondere Werke
der Schmiedekunst, der Holzschnitzerei fehlen einfach
deshalb, weil sie nicht gesucht wurden. Sehr bemer
kenswert ist die Tatsache, daß sowohl Erzeugnisse
italienischer Kunstrichtung fehlen, als auch der italienische
Einfluß nicht merkbar ist. Diese Erscheinung, die ich
im ganzen Lande wiederfand, ist umso auffälliger, als
der Verkehr mit Italien ein ungemein reger war, die
Villacher Kaufleute das Recht auf Benützung des fondaco
dei tedeschi in Venedig besaßen und Werke italienischer
Herkunft sich sogar in Kirchen des Waldviertels finden
und die italienische Architektur einen bedeutenden Ein
fluß im Lande ausübte. Tatsache ist, daß ich bis nun auf
meinen zahlreichen Wanderungen ein einziges Bild
gesehen habe, welches der'Bologneser Schule angehörte
und etliche Qualität Joesaß.
Schließlich sei noch der Bibliothek des Geschichts-
Vereines Erwähnung getan, die ungemein reich an
Carinthiaca ist. Ein Besuch der Sammlungen wird sich
wohl jedem Sammler lohnen.
©er Orientteppich.
Mit dem zunehmenden Interesse für den Orient
teppich hat aiich die Wissenschaft diesem kunstge
werblichen Zweig ihre Aufmerksamkeit'zugewandt. Was
an alten Teppichen seit langem schon in europäischem
Besitz sich befand, was in jüngerer Zeit zusammen mit
neueren Erzeugnissen auf dem Markte erschien, wurde
sorgfältig gesichtet und diente als Grundstock für den
Versuch einer Geschichte der alten Orientteppichkunst.
Verschiedene Ausstellungen, vor allem die in Wien (1891)
und München (191' ), förderten die Kenntnis der alten
vorderasiatischen Teppichkunst beträchtlich. Trotzdem
dürfte ihre vollständige Geschichte kaum geschrieben
werden, denn einzig aus der Zeit vom 16.—18. Jahr
hundert sind noch genügend Unterlagen vorhanden,
während auf die weiter zurückliegenden Epochen bis
ins 13. Jahrhundert nur vereinzelte Stücke hinweisen.
Von den verschiedensten Seiten wurden die
Spaten zur Ausgrabung des Orientteppich-Stammbaums
angesetzt. Die Philologen versuchten es mit der sonst
bei islamischen Kunstdenkmälern erfolgreichen Deutung
der Inschriften. Aber die Ausbeute war gering, brachte
nur zwei unbezweifelte Jahreszahlen, im übrigen zu
meist belanglose Koransprüche und Sentenzen. Bessere
Anhalte für die Datierung und Lokalisierung der alten
Teppiche gaben, dank dem konservativen Sinn des
Orients, die stilkritischen Vergleiche der Teppiche mit
den Erzeugnissen anderer Gewerbe Vorderasiens, be
sonders hinsichtlich der dekorativen Muster, während
das Studium der modernen vorderasiatischen Teppiche
bei der noch heute geringen Sesshaftigkeit vieler
Stämme und den unruhigen Zeitläufen im allgemeinen
wenig sichere Rückschlüsse auf die Herkunft gewisser
Zierformen erlaubte.
Eine ebenso eigenartige wie ergiebige Quelle für
die Kenntnis dieser Kunstteppiche und ihre Entwicklung
stellt das Studium der auf alten Gemälden vor
kommenden Exemplare dar. Es bildet neben der
Kenntnis der erhaltenen Teppiche selbst die wichtigste
Grundlage der bekannten kunstgewerblichen Mono
graphie Wilhelm v. B o d e s und Ernst K ü h n e I s
„Vorderasiatische Knüpfteppiche aus älterer Zeit“, die
nun in dritter, verbesserter Auflage mit 95 trefflichen
Reproduktionen bei Klinkhardt und Biermann in Leipzig
erschienen ist. In der Einleitung zu dieser wertvollen
Publikation legt Bode in überzeugender Weise dar, wie
diese alten Bilder, die verschiedentlich Nachbildungen
alter, im heutigen Antiquitätenhandel vereinzelt vor
kommender Teppiche bringen, gleichzeitig die Bedeu
tung des Orientteppichs für Kunst und Kunstgewerbe
des Abendlandes offenbaren. Besonders stark ist der
Einfluss der farbenprächtigen Gebilde des Ostens auf
die Entwicklung der grossen koloristischen Maler
schulen, vor allem in Venedig und teilweise auch in
Holland. Das Venedig des 15. Jahrhunderts präsentiert
Nr. 2
internationale Sammler-Zeitung
Seite 11
sich noch in halborientalischem Kleide. „Wie damals
an den Vorbildern der Prachtstoffe, Gläser, tauschierten
Metallgefässe, Lederarbeiten und anderer Gegenstände
des Hausrates, die seit Jahrhunderten aus dem Osten
eingeführt oder durch „türkische“ Handwerker im
Türkenquartier Venedigs'später im Fondaco de’Turchi)
angefertigt wurden, in Venedig selbst ein blühendes
Handwerk sich entwickelte, so bildete sich gleichzeitig
in dieser Umgebung das Auge der Maler. Wer ver
traut ist mit den orientalischen Teppichen des 15. Jahr
hunderts, wird vor den Bildern der gleichzeitigen
Venetianer in Zusammenstellung und Wahl der Farben
die ähnliche Farbenempfindung wie in den Teppichen
herausfühlen“. Erst im 16. Jahrhundert wurde durch
G i o r g i o n e und Tizian die venetianische Malerei
aus dieser Abhängigkeit vom Kunstgewerbe des Ostens
befreit.
Auch zwei Jahrhunderte später erwies der Osten
bei der Entwicklung der koloristischen Richtung dies
seits der Alpen seine eigentümlich belebende Kraft.
„Dies gilt für die flämische und in höherem Masse
noch für die holländische Schule. Wenn hier schon
indirekt durch die Beziehungen zu Spanien im Laufe
des 16. Jahrhunderts zahlreiche Produkte des Orients,
namentlich auch persische Teppiche eingeführt waren,
so brachten im folgenden Jahrhundert der Handel mit
Persien selbst wie die Handelsniederlassungen in
Kleinasien Teppiche in größerer Zahl nach den
Niederlanden. Wie zahlreich damals in den bürger
lichen Wohnungen persische Teppiche als Tischdecken
oder Fußbodenbelag verwendet wurden, beweist ein
Blick auf die mannigfachen Darstellungen holländischen
Innenlebens. Und zumal bei den Malern gehörten sie
zum gewöhnlichen Hausrat, wie inan aus dem häufigen
Vorkommen orientalischer, verschiedenartiger Muster
auf ihren Bildern schließen darf. Wie diese farbige
«i
1
m
*
@F
Kunsthandlung
Georg u. Hermann Fromme
Wien I., Stallburggasse Nr. 2.
Fernruf-Stelle: 8/ 1983.
Gemälde
Moderner Meister
18. u. 19. Jahrh.
Angebote aus Privatbesitz erbeten.
il!l(Hlllt!tinill!!|illllllllllll:
iiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!mmimiiiiiiiiii!iiiiiiiiii!ii:iiiiliiiui!ii)
Uebung das Auge des holländischen Künstlers unwill
kürlich beeinflußt wurde, so hat auch in England seit
jener Zeit das Bedürfnis, das eigene Heim mit orienta
lischen Teppichen zu schmücken (deren Produktion
durch die Engländer selbst in Indien wieder zur neuen
Blüte angeregt wurde), den Sinn für Farbe, für kräftiges
und harmonisches Kolorit frisch erhalten, während er
bei uns längst abhanden gekommen war und in der
ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einer schreienden
Buntheit, später einer öden Tonduselei Platz gemacht hat,
die erst unsere modernste Kunst zu überwinden sucht,
ein Bestreben, zu dem die intensivere Beschäftigung
mit der Kunst des Orients nicht am wenigsten beige
tragen hat.“
Sfossen zur neuen SRußtionsordnung.
Herr Stadtrat Hugo B r e i t n e r übermittelt uns
mit dem Ersuchen um Aufnahme die Kopie eines Briefes,
den er an Herrn Leo S c h i d 1 o f als Antwort auf seinen
Artikel „Glossen zur neuen Auktionsordnung“ in der
Nr. 18 vom 15. November v. J. gerichtet hat. Wir will
fahren gerne dem Wunsche des geschätzten Einsenders
und lassen hier den Brief folgen.
Wien, 11. Jänner 1923.
Sehr geehrter Herr!
Ich werde nachträglich auf den von Ihnen in der
„Internationalen Sammlerzeitung“ vom 15. November
1922 veröffentlichten Artikel „Glossen zur neuen Auk
tionsordnung“ aufmerksam gemacht, in welchem dem
Wiener Magistrate bürokratische Unkenntnis in den
schärfsten Ausdrücken vorgeworfen wird. Wiewohl die
betreffende Abteilung mir nicht untersteht und ich selbst
mit dieser Verordnung gar nichts zu tun hatte, sondern
erst durch eine Vorsprache des Herrn Wawra davon
Kenntnis erhielt, möchte ich doch nicht unterlassen, den
wirklichen Sachverhalt darzustellen :
Die gewerbepolizeiliche Regelung der Feilbietungen
ist keineswegs erfolgt, ohne dass den berufenen Inter
essenvertretungen Gelegenheit geboten worden wäre,
ihre Meinung zu äussern und durchaus zur Geltung zu
bringen. Die Auktionsfirmen selbst bilden bekanntlich
keine Gewerbegenossenschaft und konnten daher auch
nicht eingeladen werden. Hingegen ist dies bezüglich
der Handelskammer und dem Wiener Gewerbegenossen
schaftsverband geschehen, die als Spitzenorganisationen
die Interessen dieser Gruppe von Gewerbetreibenden
zu vertreten haben.
Die Fassung des § 12 der Verordnung, die Sic
„wohl als das Unsinnigste, was bürokratische Unkennt
nis her’vorgebracht hat“ bezeichnen, erfolgte über
Verlangen der Kammer für Handel, Ge
werbe und Industrie.
In vorzüglicher Hochachtung
Hugo B r e i t n e r,
Stadtrat.
Der famose § 12, der der Handelskammer sein
Dasein verdankt, lautet:
„Aufträge für Käufe dürfen durch den Ver
steigerer nicht überno mm e n werden, hiezu sind
nur jene Personen befugt, die sich mit einer behörd
lichen Bewilligung ausweisen können."
In derselben Sache erhielten wir auch von Herrn
Leo S c h i d 1 o f eine Zuschrift, in der es mit Bezug
auf den Brief des Herrn Stadtrates Breitner heißt:
„Es entzieht sich meinem Ermessen, wessen Sache
es gewesen wäre, die Auktionatoren bei der Ausarbei
tung der in Frage stehenden Verordnung heranzuziehen.
Tatsache ist, daß weder irgendeine behördliche Stelle
noch die Handelskammer die Auktionsfirmen zur
Meinungsäußerung einlud. Auch die Vereinigung der
Antiquitätenhändler, welcher die Auktionatoren aus
nahmslos oder fast ausnahmslos angehören, wurde nicht
in Kenntnis gesetzt.